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Theologe, Glaubenshüter, Papst

Papst Benedikt XVI., der von 7. bis 9. September nach Österreich kommt, ist bereits seit zweieinhalb Jahren Oberhaupt der katholischen Kirche.

Die schillernde Karriere des heute 80-jährigen Joseph Ratzinger führte geradlinig vom brillanten jungen Theologen aus Bayern über das Amt des Erzbischofs von München und Freising und des Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation bis zum Stuhl Petri.

Ratzinger wurde am 16. April 1927, einem Karsamstag, im bayerischen Marktl am Inn, ganz in der Nähe der österreichischen Grenze, als drittes Kind eines Gendarmen geboren. Seine Eltern, tiefgläubige Katholiken, waren entschiedene Gegner des nationalsozialistischen Regimes. Gegen Ende des Krieges wurde er in die Hitlerjugend zwangseingezogen und musste Hilfsdienst in der Fliegerabwehr leisten. Er studierte Philosophie und Theologie in Freising und München und wurde 1951 gemeinsam mit seinem Bruder Georg zum Priester geweiht. Damals begann seine Karriere als Theologe, die ihn von Freising nach Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg führte.

Ratzinger wohnte dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) als Berater des Kölner Kardinals Joseph Frings bei. Ratzinger galt damals als einer der „modernen“ und „aufgeschlossenen“ Theologen, die am Konzil teilnahmen. Daher wurde von manchen Beobachtern seine Haltung ab Ende der 60er Jahre als „Umschwung“ in eine konservative Richtung gewertet. Ratzinger bestand allerdings immer darauf, dass es keine „Kehrtwende“ bei ihm gegeben hatte, sondern er immer der Kirche treu gewesen sei.

1977 ernannte ihn Papst Paul VI. zum Erzbischof von München und Freising. 1981 wurde er auf Bitten von Papst Johannes Paul II. Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, die in der katholischen Kirche für den Schutz der kirchlichen Lehre zuständig ist. In seine Amtszeit fiel die Auseinandersetzung des Vatikan mit der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, die Elemente aus Christentum und Marxismus zu kombinieren suchte, sowie die Ermahnung mehrerer Theologen in Europa und den USA, die in ihrem Werk die grundlegenden Glaubenssätze des Christentums offen ablehnten. Ratzinger war zudem federführend an der Vorbereitung des „Katechismus der Katholischen Kirche“ beteiligt, den er nach sechsjähriger Arbeit 1992 Papst Johannes Paul überreichte.

In seiner Zeit als oberster Glaubenshüter der Kirche entstand in der Öffentlichkeit jenes Bild, das bis zu seiner Wahl zum Papst am 19. April 2005 prägend sein sollte: Jenes des „erbarmungslosen“ „Panzerkardinals“. Dieses mediale Image änderte sich erst nach der Papstwahl: Nun entdeckte man plötzlich den begabten Pianisten und Mozart-Fan, den Katzenliebhaber und Freund der bayerischen Küche.

Trotz der dramatischen Imageveränderung blieb allerdings auch die Amtszeit Benedikts XVI. als Papst nicht frei von Kontroversen. Besonders heftig umstritten war seine Ansprache an der Universität Regensburg im September 2006 über Glaube und Vernunft, in der den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos mit kritischen Aussagen über den islamischen Propheten Mohammed zitierte. Das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat führte weltweit zu heftigen Protesten und Morddrohungen von Moslems. Doch Benedikt ließ sich trotzdem nicht von seiner geplanten Reise in die Türkei im November 2006 abbringen – und erntete dort trotz anfänglicher Skepsis großen medialen Applaus. Besonders in Erinnerung blieb ein kurzer Gebetsmoment in der Istanbuler Blauen Moschee, mit dem der Papst dem Islam seinen Respekt erwies.

In seinem zweiten Amtsjahr sorgten wiederum weniger die Reisen als die Schreiben der Papstes für Aufsehen. Das Buch „Jesus von Nazareth – Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung“, in dem er über das Leben Jesu meditierte, stürmte insbesondere in seiner Heimat Deutschland die Bestsellerlisten. Umstrittener waren hingegen zwei offizielle Schreiben, die im Juli 2007 veröffentlicht wurden.

In dem päpstlichen Dokument „Summorum Pontificum“ hob Benedikt XVI. die bischöfliche Erlaubnispflicht für die Feier der Messe nach dem alten römischen Ritus („Tridentinische Messe“) auf, was ihm von mancher Seite als „Rückwärtsgewandtheit“ ausgelegt wurde. Wenige Tage darauf sorgte wiederum die vatikanische Glaubenskongregation mit einem Schreiben zur Lehre über die Kirche vor allem unter Protestanten für Aufruhr: sie bestätigte die – auch von den orthodoxen und den orientalischen Kirchen vertretene – Lehre, dass ein gültiges Bischofsamt für das „Kirchesein“ unabdingbar sei.

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