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The King's Speech

Menschliche Fehler und königliche Unterhaltung: Britisches Historiendrama mit Colin Firth als stotterndem König. Mit zwölf Nominierungen gilt der Film als Oscar-Favorit. Ab 18. Februar im Kino.
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Ins geradezu Unermessliche stiegen die Erwartungen vieler an “The King’s Speech” schon lange vor dem Kinostart hierzulande am Freitag (18.2.). Bei einem Film, der seit Wochen mit Kritikerlob und Publikumserfolg gepriesen wird, gerade bei den britischen BAFTA-Filmpreisen abgeräumt hat und mit zwölf Nominierungen als Top-Favorit in die Oscar-Verleihung einzieht, ist das Risiko, bitter enttäuscht zu werden, groß. Doch das britische Historiendrama von Tom Hooper hält, was es verspricht: Eingebettet in ein mit Geoffrey Rush und Helena Bonham-Carter harmonisch besetztes Ensemble, brilliert Colin Firth als stotternder, schüchterner George VI., König wider Willen und Gegner seiner selbst.

Angespannt und stocksteif steht er da, den Mund nahe am Mikrofon, seinem in dem Moment größten Feind. Die Lippen zittern, die Augen irren von einem gebannten Beobachter zum nächsten. Es ist die Situation, die Prinz Albert (Firth) am meisten fürchtet: das Sprechen vor Publikum. Seit frühester, von royaler Kälte und Autorität geprägter Kindheit stottert der zurückhaltende Spross aus dem britischen Königshaus, kein Arzt und kein noch so liebenswürdiger Zuspruch seiner gutmütigen Frau (Bonham-Carter) kann helfen. Diese konsultiert schließlich den Sprachtherapeuten Lionel Logue (Rush), der den sensiblen und doch stocksteifen Briten von Anfang an überfordert.

Zum auflockerndem Tanzen und befreiendem Kiefer-Schütteln will Logue den Monarchen bringen – und zum Singen und Fluchen, weil Albert nur dann stotterfrei ist. Und Bertie will er ihn nennen, nicht “eure Majestät”, wie alle anderen. “Mein Schloss, meine Regeln”, sagt der Australier, und gewinnt Schritt für Schritt Berties Vertrauen – und seine Freundschaft. Die braucht er auch, kommt mit dem Tod von Berties Vater, König George V. (Michael Lambon), und dem Abdanken des eigentlichen Thronfolgers, König Edward VIII. (Guy Pearce), doch die wahre Herausforderung auf Bertie zu: der Königsthron. Denn am 3. September 1939 liegt es an ihm, sich in in einer Rede anlässlich der Kriegserklärung gegen Nazi-Deutschland im BBC-Radio mit staatsmännischem Auftreten und starker Stimme an das Volk zu wenden.

Mit “The King’s Speech” ist Tom Hooper ein menschlich berührendes und königlich unterhaltsames Porträt eines Mannes gelungen, der über sich selbst hinaus wächst und sich seinen Ängsten stellt. Eingebettet in einen historischen Hintergrund, der laut einzelner kritischer Stimmen weit von der Wahrheit entfernt ist, vermeidet “The King’s Speech” Abgleitungen in Kostüm, Kitsch und Klamauk und lässt den Zuseher den Kinosaal mit einem Strahlen verlassen. Firth blüht in seiner bis dato besten Leistung in Interaktion mit Geoffrey Rush auf, gemeinsam brillieren die beiden mit schnittigen Dialogen und einer Freundschaft über Standesgrenzen hinaus.

Firth wird von Moment zu Moment besser – ob die royale Formalität abschüttelnd und wild fluchend, ob mit wässrigen Augen wegen scheinbar unüberbrückbarer Hindernisse, oder als zurückgezogener Vater, der nur beim Vorlesen von Geschichten für seine Töchter er selbst sein kann. Helena Bonham-Carter ist die angenehme Überraschung des Films, zeigt sie nach Darstellungen skurriler Charaktere in den Filmen ihres Ehemanns Tim Burton eine andere Seite und überzeugt als fürsorgliche Ehefrau von George VI. und spätere Queen Mum (1900-2002).

Diese war es auch, die den Drehbuchautor David Seidler vor beinahe 30 Jahren darum bat, das Filmprojekt nicht zu ihren Lebzeiten zu realisieren. Nun erhielt der Streifen sogar den Segen von Königin Elizabeth II., die im Film als Mädchen zu sehen ist. Authentisch, bewegend und voller Esprit und Charme gestaltet sich das Drehbuch von Seidler, der als Kind selbst stotterte und den damaligen britischen König als Helden verehrte. Perfektioniert werden die Dialoge und schauspielerischen Leistungen durch unkonventionelle Kameraeinstellungen, die die Charaktere selten zentriert, sondern am Rand des Bilds zeigen und dadurch ihre Schwächen betonen und dem Film eine weitere besondere Note verleihen. So sind es die Details, die “The King’s Speech” außergewöhnlich machen. Und es ist Colin Firth, der es Oscar-verdächtig macht.

www.kingsspeech.com

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