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"The Fall": Kino als bildgewaltige Obsession

Ein nach einem Unfall gelähmter Stuntman erzählt einem kleinen Mädchen die Geschichte von fünf mystischen Helden, um es zur Komplizin seines Selbstmordes zu machen. Es kommt zum Duell der Fantasie: Happy End oder Vernichtung? Der Regisseur hat schon mit "The Cell" Zuseher und Charaktere in absurde Parallelwelten geführt. Und genau das tut er auch jetzt in "The Fall". Trailer

Tarsem – wie der Regisseur kurz genannt wird – wollte bei Bildsprache und Story komplettes Neuland betreten. Immerhin lernte er die kunstvolle Manipulation der Bilderwelt in zwei Jahrzehnten als gefragter Werbe- und Musikclip-Filmer. Die Story zu “TheFall” entlehnte er dem bulgarischen Film “Yo Ho Ho” (1981), indem er die manipulative Macht eines Geschichtenerzählers bewunderte: Es sei ähnlich, wie wenn man einem Hollywood-Studio eine Filmstory anbietet, sagt der Regisseur: “Wenn sie anfangen, auf die Uhr zu schauen, fügt man schnell eine Portion Action oder Sex hinzu.”

Also fügte Tarsem viel hinzu: Persönlich suchte er weltweit bizarre Drehorte, was das Filmteam schließlich in vier Jahren Drehzeit in 18 Länder führte. Vor allem Wüsten taten es dem Filmemacher an: “Solche Landschaften sind wie eine leere Leinwand, die ich mit allem füllen kann, was mir vorschwebt.” So entstanden farbenprächtige Leinwand-Gemälde mit Szenen, die antiken Mythen oder Abenteuer-Romanen entsprungen sind und im Bildaufbau zum Beispiel an Yimou Zhangs “Hero” (2002) erinnern.

Die Rahmenhandlung spielt in den frühen Jahren des Kinos: Stuntman Roy Walker (Lee Pace) ist – nach einem Unfall gelähmt und von der Freundin verlassen – ohne jeglichen Lebensmut. Die kleine Alexandria (Catinca Untaru), die zufällig in sein Krankenhauszimmer kommt, soll ihm eine tödliche Dosis Morphium besorgen. Um sie zu ködern, erzählt Roy ihr die Geschichte vom Schwarzen Bandit (ebenfalls Lee Pace) und seinen vier Gefährten, denen auf der Jagd nach dem bösen Gouverneur Odious brennende Büsche, schwarze Kämpfer und eine geheimnisvolle Prinzessin begegnen.

Zunehmend verschwimmen Realität und Fiktion, was dadurch verdeutlicht wird, dass mehrere Darsteller in beiden Handlungen Rollen übernehmen. Der Ausgang der Geschichte entscheidet auch über das Schicksal der Figuren im Krankenhaus. Und Alexandria muss all ihre Fantasie aufbringen, um ein Happy End zu ermöglichen.

Noch abenteuerlicher als der Film dürfte die vom Regisseur obsessiv vorangetriebene Produktion verlaufen sein. Tarsem plante das Projekt über 15 Jahre und zahlte die gesamte Produktion aus der eigenen Tasche: “Mein Bruder Ajit hat sich um alles Finanzielle gekümmert und ich habe beschlossen, ihn erst im Jahre 2017 zu fragen, wieviel mich der Spaß gekostet hat.” Gedreht wurde mit No-Name-Darstellern über einen Zeitraum von vier Jahren, der Einfachheit halber häufig an Sets von anderen Projekten des Regisseurs. Auf der Suche nach der jungen Hauptdarstellerin wurde man in Rumänien bei Catinca Untaru fündig.

Das alles klingt in seinem Irrsinn höchst sympathisch, was möglicherweise auch David Fincher und Spike Jonze zur Unterstützung des Projekts bewogen hat. Aber “TheFall” leidet wie bereits “The Cell” (2000) bei allem visuellen Spaßfaktor an seinem dürftigen Spannungsaufbau. Entsprechend zwiespältig war die Reaktion der US-Kritik auf den 2006 erstmals gezeigten Film. “Ein ins Absurde ausgearbeitetes Machwerk”, fand “Variety” – zu harmlos und kindisch für Erwachsene, zu gewalttätig und prätentiös für Kinder. “Der herrlichste, wundervollste Mist seit Terry Gilliams ‘Brazil'”, wendete es die Website “A.V. Club” ins Positive. Und der berühmte Kritiker Roger Ebert empfahl, sich den Film einfach anzusehen, weil es etwas Ähnliches nie mehr geben wird.

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