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Terror-Prozess: Verhandlung eskaliert

Nachdem die Geschworenen Videos zu sehen bekommen hatten, die auf den beschlagnahmten Computern von Mohamed M. und Mona S. sichergestellt worden waren, ist am Donnerstagnachmittag die Verhandlung im Wiener Terror-Prozess eskaliert.

Dritter Verhandlungstag im Terror-Prozess gegen Mohamed M. und Mona S., die sich für Ziele der al-Quaida eingesetzt und mittels eines “Droh-Videos” den Abzug österreichischer und deutscher Soldaten aus Afghanistan verlangt haben sollen. Der Rechtsschutzbeauftragte der Justiz, Gottfried Strasser, erklärte als Zeuge, sämtliche polizeilichen Ermittlungen wären rechtlich gedeckt gewesen. Am Donnerstagnachmittag eskalierte dann im Wiener Landesgericht die Verhandlung.

Nachdem die Geschworenen Videos zu sehen bekommen hatten, die auf den beschlagnahmten Computern der Angeklagten sichergestellt worden waren, beschimpfte Mohamed S. das Gericht, das einen “Schauprozess” führe und nicht an Gerechtigkeit interessiert sei. Als er sich von der Anklagebank erhob, wütende Tiraden von sich gab und dabei eine Drohgebärde einnahm, schritt die Justizwache ein.

Sechs Beamte versuchten den Mann zu beruhigen und führten ihn schließlich aus dem Saal, wobei Mohamed M. um sich zu schlagen begann. Die Leinwand, auf der zuvor die Videos gezeigt worden waren, stürzte dabei um. “Sie haben mein Leben zerstört! Das ist ein Schauprozess!”, rief Mohamed M. wütend Richter Norbert Gerstberger zu, der sich gezwungen sah, die Verhandlung für 15 Minuten zu unterbrechen.

Zu den tumultartigen Szenen war es gekommen, weil die Geschworenen ausschließlich Videos zu sehen bekommen hatten, welche die bestialische Tötungen von im Irak entführten westlichen Geiseln zeigten. Mohamed M., der sich diese beschafft haben will, um die Entführer verstehen zu lernen und sich mit ihnen auseinandersetzen zu können, protestierte: “Das Ganze dient dazu, die Geschworenen absichtlich emotional zu beeinflussen!”

Der 22-Jährige wies darauf hin, dass auf seinem Computer auch Videos von Verbrechen der US-Armee im Irak vorhanden seien: “Warum wird das nicht gezeigt?” Der Vorsitzende bemerkte, Prozessthema sei eine mutmaßliche Mitgliedschaft in einer islamistischen Terror-Vereinigung und nicht die Zugehörigkeit zur US-Armee, worauf der Angeklagte die Contenance verlor: “Sie sind nicht hier, um Gerechtigkeit zu finden, sondern um mich zu verurteilen! Es ist ein Schauprozess!”

Zuvor hatte der Rechtsschutzbeauftragte der Justiz Behauptungen des Verteidigers Lennart Binder zurückgewiesen, die Polizei hätte sich bei der Überwachung des 22-Jährigen Mannes einer gesetzlich unzulässigen Online-Fahndung bedient. Wie Gottfried Strasser betonte, habe die Polizei im Rahmen der Gesetze agiert.

Demnach sei ein Eindringen in die Wohnung des Terror-Verdächtigen Mohamed M. “unumgänglich” gewesen, um neben einer einer optischen und akustischen auch eine Internet-Überwachung vorzunehmen. Dass zu diesem Zweck eine spezielle Angriffs-Software am Laptop des 22-Jährigen installiert wurde, die es ermöglichte, online seine laufenden Aktivitäten mitzuverfolgen und zusätzlich im Minutentakt Screenshots vom Bildschirm zu “schießen”, war laut Strasser korrekt.

“Wenn das im Gesetz auch nicht ausdrücklich geregelt ist, so ist bei einer verfassungskonformen Interpretation an der Zulässigkeit dieser Vorgangsweise nicht zu deuteln,” sagte der pensionierte Generalprokurator.

“Im vorliegenden Fall war die Gefahr eines Missbrauchs ausgeschlossen”, sagte Strasser. Die Polizeibehörden hätten sich vorab mit ihm abgesprochen, “dass sich der Zugriff nur auf die laufende Kommunikation erstrecken darf, nicht aber auf gespeicherte Daten auf der Festplatte”.

Gegen diese Ansicht meldete Hans G. Zeger, Obmann der ARGE Daten, Bedenken an, den der Verteidiger zur sachverständigen Unterstützung in die Verhandlung mitgebracht hatte. Vor allem irritierte Zeger der Umstand, dass die Polizei auch die Tastatureingabe überwacht, die Anschläge aufgenommen und in ihre Berichte übertragen hatte. Weil Strasser daran keinen Anstoß nahm (“Das gehört meines Erachtens zur Überwachung der Telekommunikation”), diagnostizierte Zeger “einen gewissen Mangel der Kompetenz beim Rechtsschutzbeauftragten”.

Die Verhandlung wird am kommenden Mittwoch fortgesetzt.

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