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Terror-Prozess in Wien: Verhandlung geht auf Ende zu

Der Terror-Prozess in Wien ging weiter.
Der Terror-Prozess in Wien ging weiter. ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Der Terror-Prozess gegen mehrere Angeklagte ist am Montag am Wiener Landesgericht weitergegangen.
Islamist spielte Theater

Unter den Beschuldigten befinden sich zwei Foreign Terrorist Fighters, die sich in Syrien der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen hatten, und der bereits rechtskräftig zu 20 Jahren Haft verurteilte ehemalige "Hassprediger" Mirsad O. alias Ebu Tejma. Nach Zeugenaussagen wurde der Prozess abgeschlossen. Am Dienstag wird das Urteil verkündet.

Urteilsverkündung im Terror-Prozess in Wien kommt am Dienstag

Bereits am Nachmittag stand das Schlussplädoyer von Staatsanwalt Johannes Winklhofer am Programm. Am morgigen Prozesstag erfolgen dann die restlichen Schlussvorträge der Verteidiger, die Beratung der Geschworenen und die anschließende Urteilsverkündung. Beweisanträge wurden am Montag keine mehr gestellt. Die letzten Zeugen waren zwei Beamte des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) sowie ein Mithäftling von zwei Angeklagten. Letzterer erschien nicht vor Gericht, seine Aussage wurde einvernehmlich verlesen.

Bei den Aussagen der LVT-Beamten ging es hauptsächlich um den aus der Steiermark stammenden 32-jährigen Foreign Terrorist Fighter, der mit 17 zum Islam konvertiert war, weil er sich in eine Muslima verliebt hatte. In weiterer Folge radikalisierte er sich, angespornt von den Predigten und Vorträgen von Mirsad O. Dazu zitierte der Ermittler eine Aussage des Steirers: "O. hatte mehr Bedeutung als mein Vater." Er sei ein Lieblingsschüler von Mirsad O. gewesen. Laut dem Beamten hatte er aufgrund eines Umzugs nach Innsbruck keine Freunde, fühlte sich der rechten Szene zugehörig, eher er dann in einem Boxclub "Kontakt zu Personen mit tschetschenischen Migrationshintergrund" hatte. Im Zuge dessen lernte er auch den Hauptangeklagten Turpal I. kennen, mit dem er sich sogar 2009 auf eine gemeinsame Pilgerfahrt gläubiger Muslime begab. Der 32-Jährige zeige sich von Beginn an geständig. Er betonte wiederholt, er habe mit radikalislamistischem Gedankengut abgeschlossen. Seine ursprüngliche Bereitschaft, für den IS gegen das Assad-Regime zu kämpfen, schwand jedoch rasch, als seine Truppe von Kampfjets bombardiert wurde.

Turpal I soll in Syrien gewesen sein

Nicht geständig zeigte sich weiterhin der Hauptangeklagte Turpal I. Der gebürtige Tschetschene soll Ende August 2013 über die Türkei nach Syrien gereist sein und unter dem Kampfnamen Abu Aische im Bürgerkrieg für den IS gegen das Assad-Regime gekämpft haben. In der nordsyrischen Stadt Hraytan soll Turpal I. die Erschießung von Bewohnern eines Hochhauses sowie drei als Sklavinnen gefangen genommener Frauen angeordnet haben, in einer Kleinstadt nördlich von Aleppo soll er laut Anklage zumindest sieben Schiiten mit Messern die Köpfe abschneiden haben lassen. Er bestreitet das und behauptet, er sei nicht mit der Person Abu Aische ident. Er ließ am Montag durch seinen Anwalt Verteidiger Florian Kreiner einen Bericht des auf Deradikalisierung und Extremismusprävention spezialisierten Vereins Derad vorlegen, wo er sich in Gesprächen, die er nach seiner Entlassung aus der U-Haft freiwillig initiierte, "kooperativ und einsichtig" gezeigt habe.

Verteidiger Kreiner legte auch einen Online-Artikel vor, indem von einem Abu Aische die Rede ist, der in Syrien im Artilleriefeuer im Jahr 2018 getötet wurde. Daraufhin bemerkte Staatsanwalt Winklhofer, dass der Name Aische in dem Gebiet kein seltener sei.

Ankläger sprach über Mirsad O.

Für den Ankläger hat Mirsad O. mit seinen Reden eine wichtige Rolle eingenommen, sagte er in seinem Schlussplädoyer. Der 39-Jährige sei eine "zentrale Person in Österreich". "Keiner hat diesen nachhaltigen Einfluss gehabt", sagte Winklhofer. O. habe seine Ideologien in verschiedenen Moscheen gepredigt und dadurch großen Zuspruch bekommen. "Seine Reden waren nachhaltig erfolgreich." Und diese Auswirkungen dieser Ideologien habe man dann mit Beginn des syrischen Krieges im Sommer 2011 gesehen, nachdem die IS-Extremisten die Oberhand gewonnen haben.

Erster Prozesstag hatte Geständnis gebracht

Mirsad O. hatte bereits am ersten Prozesstag ein reumütiges Geständnis abgelegt. Er bekannte sich zum Großteil der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlungen schuldig, sagte der 39-Jährige. "Ich hab' Fehler gemacht, ich geb's zu", gab der gelernte Stahlbauschlosser und spätere Islam-Gelehrte und radikale Prediger zu Protokoll. Bei Mirsad O. laufe ein Läuterungsprozess ab, ausgelöst durch den Terroranschlag in Wien vom 2. November, erläuterte sein Verteidiger Leonhard Kregcjk. Seither sei beim einstigen Prediger "ein Umdenkprozess im Gange". Er sehe ein, dass er "in der Vergangenheit Fehler gemacht hat". "Kann schon sein, dass er reuig ist, aber ich glaub ihm kein Wort", sagte der Staatsanwalt. "Man darf nicht in die Falle des Verführers geraten."

Auch die Erklärung von Turpal I., deshalb mehrfach nach Syrien gereist zu sein, um das Grab seines Schwagers anzuschauen, sei für den Staatsanwalt unglaubwürdig. "Darauf dürfen wir nicht hereinfallen", so Winklhofer in seinem fast eineinhalb Stunden dauernden Schlussvortrag. Der 32-Jährige habe in Syrien weiter morden wollen. Nur für die Suche des Grabes, "dafür war er viel zu lange unten". Turpal I wiederum behauptete, er habe "keine Kampfhandlungen, nichts" mitbekommen, versicherte der 32-Jährige in seiner Befragung. "Der Turpal I. will uns für dumm verkaufen", meinte der Staatsanwalt.

Winklhofer stellte Antrag auf Festnahmeanordnung

Mitangeklagt sind neben den beiden Foreign Terrorist Fighters und Mirsad O. die Ehefrau des Steirers und die Ex-Frau von Turpal I., die sich von diesem inzwischen getrennt hat. Staatsanwalt Johannes Winklhofer hatte auch die Eltern von Turpal I. wegen terroristischer Vereinigung angeklagt. Der Vater ist allerdings im vergangenen Dezember verstorben, die Mutter dürfte untergetaucht sein - Winklhofer beantragte eine Festnahmeanordnung und die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls, um ihrer habhaft zu werden.

(APA/Red)

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