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"Technische Sicherungen" an Grenze zu Slowenien geplant

Lage in Spielfeld immmer unübersichtlicher
Lage in Spielfeld immmer unübersichtlicher
Die Regierung will die Grenze verstärkt absichern, um die Flüchtlingsströme besser regulieren zu können. Vor allem die Frage, ob man dabei von einem Zaun sprechen darf, wurde am Mittwoch diskutiert. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) versicherten nach dem Ministerrat, dass sich die Republik nicht abschotten wolle. Auch weitere Maßnahmen sind geplant.

Ins Rollen gebracht hatte die Diskussion um die Begrifflichkeiten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Hatte sie während ihres Besuchs des steirischen Grenzübergangs Spielfeld am Vortag noch das Wort vermieden, sagte sie am Mittwoch: “Natürlich geht es auch um einen Zaun.” Etwa zehn Tage lang solle die Planungszeit für die “technische Sperre” dauern. Es gehe aber nicht darum, “rund um Österreich einen Zaun” zu bauen, versicherte die Innenministerin. Und: “Ein Zaun hat auch ein Tor.”

“Türl mit Seitenteilen”

Die Regierungsspitze machte der Innenministerin nach dem Ministerrat die Mauer: Man sei sich einig, dass es “technische Sicherungen im Grenzbereich” braucht, um den Flüchtlingszustrom zu kontrollieren, gaben Faymann und Mitterlehner die Devise aus. “Es ist ein Unterschied, ob man eine Grenze baut oder ob man ein Türl baut mit Seitenteilen”, so der Bundeskanzler.

Mitterlehner: Handlungsfähigkeit signalisieren

Nach Mitterlehners Ansicht muss der Staat Handlungsfähigkeit signalisieren. Man dürfe nicht den Eindruck erwecken, “dass man ohnmächtig zuschaut, wie Menschen über die Grenze strömen. Es geht um die Autorität, um Souveränität” eines Staates. Man müsse auch Bilder vermeiden, die glauben machten, “jeder spaziert hier über die Grenze”.

Verschärfungen im Asylrecht

Die Regierung hat via Ministerratsvortrag ihre Positionen und Maßnahmen in der Flüchtlingskrise zusammengefasst. Dazu gehört auch der bekannte Plan für Verschärfungen im Asylrecht. Diese seien noch nicht ganz fertig, aber auf gutem Weg, hieß es. Zentrale Punkte sind ein “Asyl auf Zeit” und strengere Bestimmungen für den Familiennachzug. Faymann: “Wenn wir das nicht ausräumen, dann wird das halt auf parlamentarischer Ebene länger besprochen.”

Außerdem planen SPÖ und ÖVP, bis zu 2.000 zusätzliche Polizisten zur Bewältigung der Krise aufzunehmen und einzusetzen. Die Hälfte der zusätzlich geplanten Beamten solle durch ein Vorziehen bereits vereinbarter Aufnahmen im Sicherheitspaket rekrutiert werden. Bei Bedarf können bis zu 2.000 zusätzlichen Polizisten sowie bis zu 500 zusätzliche Mitarbeitern des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) bis 2019 eingesetzt werden. Auch Zivildiener und Soldaten des Bundesheers sollen laut dem Text verstärkt für Assistenzleistungen herangezogen werden.

Winterfeste Transitunterkünfte

Ein weiteres Vorhaben ist die “vorausschauende Bereithaltung einer ausreichenden Anzahl an winterfesten Transitunterkünften” unter Federführung des Innenministeriums. Dies sei keineswegs zu viel Komfort, betonte Faymann. “Das ist kein Willkommensfest. Das verhindert, dass Menschen ihr Leben verlieren.” Der Bundeskanzler betonte auch, dass es vorwiegend um die “Durchreiser” gehe. Auch diesbezüglich sei eine konsequente Verfolgung der beim EU-Gipfel beschlossenen Ziele zur besseren Vernetzung innerhalb der EU notwendig.

Fischer: Sind an Grenzen der Kapazitäten gestoßen

Bundespräsident Heinz Fischer zeigte Verständnis für die Ankündigung von Mikl-Leitner, bauliche Maßnahmen zu erlassen um die Flüchtlingsbewegung nach Österreich besser zu kontrollieren. Österreich “ist ein Land, das viel Geschichte hat mit Flüchtlingen”, momentan “ist es aber eine Quantität, die wir noch nie gehabt haben”, sagte Fischer am Mittwoch in Prishtina. Österreich sei “an die Grenzen der Kapazitäten gestoßen”, fügte er in kosovarischen Hauptstadt hinzu. Allein die tausenden Menschen, die durch Österreich nach Deutschland marschierten, “schaffen große organisatorische und logistische Probleme”, sagte Fischer unter regem Interesse internationaler Medien.

Landau: Bankrotterklärung

Die Opposition reagierte unterschiedlich auf die Pläne der Regierung. Während FPÖ und das Team Stronach die Grenzsicherung begrüßten, übten Grüne und NEOS Kritik an den Plänen. Auch bei Caritas-Präsident Michael Landau stieß die Ankündigung auf Unverständnis: “Das reihenweise Errichten von Zäunen ist eine Bankrotterklärung österreichischer und europäischer Politik.” Die EU-Kommission ist nach eigenen Angaben bisher nicht von dem Plan der Bundesregierung informiert worden.

In der Rotkreuz-Sammelstelle Spielfeld ging unterdessen am Mittwoch Einsatzkräften “richtig etwas weiter”. Zwischen 5.00 und 10.00 Uhr wurden 50 Busse abgefertigt, so Polizeisprecher Joachim Huber zur APA. Auch der Andrang gestern von Slowenien her – Hunderte Flüchtlinge warteten im von der Militärpolizei gesicherten Bauzaun-Bereich vor der eigentlichen Registrierung – ließ etwas nach.

Auf der österreichischen Seite befanden sich am Mittwochvormittag dem Roten Kreuz zufolge noch rund 1.600 Menschen. In Bad Radkersburg waren auf österreichischer Seite rund 390 Personen, sagte Oberst Huber. Im Camp in Sentilj (St. Egidi) auf slowenischer Seite warteten rund 4.000 Menschen, sagte Huber. Um 3.30 Uhr waren in Spielfeld noch rund 1.100 Flüchtlinge aus Slowenien hinzugekommen. Mit Bussen wurden die ganze Nacht Flüchtlinge in freie Unterkünfte nach Wien, Graz und Klagenfurt gebracht.

Am Mittwoch standen – offenbar im Gegensatz zu Dienstagnachmittag – weitaus mehr Busse zum Weitertransport der Menschen zur Verfügung. Auch fuhr am Vormittag aus Graz ein Sonderzug mit etwa 390 Personen ab. Weitere zwei Sonderzüge waren noch für den Lauf des Tages geplant.

Die deutschen Behörden haben unterdessen der oberösterreichischen Polizei zugesagt, dass am Grenzübergang Kollerschlag die Übernahme von Flüchtlingen “deutlich erhöht wird”. Es handle sich um ein Entgegenkommen der Deutschen. Aktuell gibt es vier Übergänge von Oberösterreich nach Bayern: Neben Kollerschlag im Mühlviertel auch noch im Innviertel in Achleiten bei Passau, in Schärding und in Braunau am Inn. Die oberösterreichische Polizei rechnete damit, dass im Laufe des Nachmittages die Zahl der Transporte aus Spielfeld wieder zunehmen werde. (APA)

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