Der 59-Jährige ist Hüttenwirt auf der Totalp-Hütte oberhalb des Lünersees. Zahlreiche Bergfreunde suchen bei ihm Zuflucht vom Bürostress. Schließlich liegt die attraktive Hütte des Österreichischen Alpenvereins (OeAV) tausende hochalpine Meter über dem Vorarlberger Alltag.
Ich bin ein alter Bergler, gesteht Gasser, der auch jahrelang bei der Bergrettung war, seine Leidenschaft. Eigentlich ist er ja gelernter Friseur, hatte seinen eigenen Salon. Dann kam ein Bandscheibenvorfall und der Schwarzacher tauschte den Duft von Haarspray mit reiner Bergluft. Das ist jetzt zehn Jahre her. Gemeinsam mit seiner Frau Ingrid bewirtschaftet er das Juwel im Rätikon, kommt den Sommer über kaum ins Tal.
Mühsame Logistik
Wenn durstige Bergsteiger beim Totalp-Helmut den ersten erfrischenden Schluck aus dem Glas nehmen, hat jedes Getränk eine Vorgeschichte. Die Brauerei bringt alles bis zur Talstation der Lünerseebahn. Dann wird umgeladen, schildert der Hüttenwirt die zeitraubende Prozedur. Oben geht es per Geländewagen dem Lünersee entlang bis zur Materialseilbahn. Wieder Fässer und Kisten schleppen, doch das Ziel ist dann schon in Sicht. Einmal pro Woche kommt Nachschub. Wir brauchen immer genügend Lebensmittel. Denn es kann uns jederzeit einschneien. Das Leben ist hart in den Bergen, es kann auch im August schon mal einen Meter Neuschnee geben.
Obwohl es mühsam ist, zaubern Helmut und Ingrid wahre Gaumenfreuden. Fitnessteller mit Hühnerfiletspitzen, Bergsteigeressen oder Vorarlberger Kässpätzle. Alles frisch, alles lecker. Seit vier Uhr stehen sie in der Küche, denn Frühstück gibts für Sonnenaufgang-Fans schon ab 5 Uhr.
Neuer Lebenssinn
Die Werte verschieben sich. Wir sind schon froh, wenn wir Frieden in der Hütte haben und es möglichst wenig Verletzte bei Bergtouren gibt, sagt Helmut Gasser. Fernseher steht keiner in der Hütte. Und im Radio hören wir nur den Wetterbericht. Sonst würden wir nur negative Dinge erfahren, die wir ohnehin nicht ändern können.
Wenn die Sonne untergeht und die Stimmung passt, holt der Wirt die Handorgel und die Gitarre aus dem Schrank. Beenden kann Gassers Bergidylle nur der Winter. Der zwingt ihn alljährlich im Oktober ins Tal.
ZUR PERSON
Helmut Gasser