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Tapfere Türken blieben unbelohnt

Das türkische Fußball-Märchen ist zu Ende. Dabei haben die Türken den großen Favoriten Deutschland im Halbfinale mehr als gefordert, waren sogar über weite Strecken die bessere Mannschaft gewesen.

Am Ende bleibt den Türken der historische Einzug in ihr erstes EM-Halbfinale und das Wissen, ein großes Turnier gespielt zu haben. “Wir verlassen das Turnier als die farbenfrohste Mannschaft von allen”, erklärte Teamchef Fatih Terim nach der unglücklichen 2:3-Niederlage in Basel.

Beinahe wären die Türken einer Niederlage wie schon gegen die Schweiz (2:1), Tschechien (3:2) und Kroatien (3:1 i.E.) entkommen. Doch ein Tor von Philipp Lahm in der 90. Minute besiegelte ihr Schicksal. Davor hatten die Türken auch ohne sieben verletzte oder gesperrte Stammspieler das Spiel dominiert. “Ich werde die Ausfälle niemals als Ausrede benutzen”, versicherte Terim. “Ich bin sehr, sehr stolz auf diese Mannschaft und ihre Leistung. 70 Million Menschen und ihre Herzen waren mit uns.”

Dementsprechend verfiel auch die türkische Presse in einen etwas überschwänglichen Lobgesang. “Champion der Herzen”, titelte die Zeitung “Sabah”. “Wir haben gezeigt, dass wir die beste Mannschaft der Europameisterschaft waren. Wir haben die Deutschen unter unserem Fußball leiden lassen.” Wie Verlierer fühlten sich die Türken nicht. “Seid nicht traurig – wir haben gewonnen”, tröstete die Zeitung “Hürriyet”. “Ihr habt den Namen der Türkei bei der EM ehrenvoll vertreten. Ihr seid unser Stolz geworden.”

Das erste große Finale mit türkischer Beteiligung schien tatsächlich zum Greifen nahe, als die Türken die Deutschen angeführt von einem überragenden Hamit Altintop vor der Pause in die Defensive drängten. “Es ist schade, denn die Spieler hätten es verdient gehabt, im Finale zu stehen”, sagte Terim. “Aber leider haben wir einfache Tore bekommen.” Dem 2:1 für die DFB-Elf durch Klose etwa war ein schwerer Fehler von Ersatztorhüter Rüstü Recber in dessen letztem Länderspiel vorangegangen.

Terim wollte aber keine Schuldigen suchen: “Es ist das Team, das zusammen gewinnt und zusammen verliert.” Vor allem von seinen engagierten Reservisten war der Teamchef angetan. “Sie haben der Welt gezeigt, was für eine großartige Mannschaft sie sind.” Um die Zukunft des jungen türkischen Teams macht sich Terim keine Sorgen, wenngleich sie ohne ihn stattfinden dürfte. Obwohl der Verband auf die Erfüllung seines bis 2010 laufenden Vertrages hofft, hat Terim angekündigt, zu einem europäischen Club wechseln zu wollen.

Bei der WM 2002 und der EM 2008 hat die Türkei nun jeweils das Halbfinale erreicht. Um zu Europas Elite gezählt zu werden, müssen sich die Türken aber regelmäßig für große Turniere qualifizieren. 2004 und 2006 war das nicht gelungen. “Fußball ist sehr, sehr wichtig in der Türkei”, erklärte Terim. “Wir müssen in Zukunft immer bei den Turnieren dabei sein. Und ich habe das Gefühl, dass wir das auch sein werden. Wir haben hier das gemacht, wozu wir hergekommen sind. Wir haben die Menschen in der Türkei stolz gemacht.”

Das dafür mitverantwortliche Glück hatte sie im Halbfinale verlassen. Beim entscheidenden Tor von Lahm war Kazim Kazim verletzt am Boden gelegen, die Deutschen hatten den Ball aber nicht ins Aus gespielt. “Das ganze Turnier war auf Fair Play aufgebaut, aber fair war das nicht. Ich finde es sogar ein wenig erschütternd”, mokierte sich der gebürtige Londoner, der in der Anfangsphase zweimal die Latte getroffen hatte. Terim dagegen ließ sich zu keinem diesbezüglichen Kommentar hinreißen. “Ich gratuliere Deutschland. Mehr gibt es nicht zu sagen.”

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