Das Oberste Gericht des Landes ordnete indessen die Versiegelung der Wahl-Urnen an, was Beobachter als Anzeichen für eine möglicherweise bevorstehende zweite Auszählung der Stimmzettel werteten.
Chen Shui-bian war am Samstag mit einem Vorsprung von nur zirka 30.000 Stimmen oder 0,24 Prozentpunkten wiedergewählt worden. Seine politischen Gegner von der konservativen Kuomintang-Partei werfen ihm vor, das Attentat, bei dem er am vergangenen Freitag leicht verletzt worden war, selbst organisiert zu haben, um seine Wahl-Chancen zu erhöhen. Die Hintergründe des Anschlags sind noch immer nicht geklärt.
Oppositionsführer Lien Chan zog am Sonntag mit seinen Anhängern zum Präsidentenpalast in Taipeh. Rund 2000 Menschen forderten vor dem Präsidenten-Sitz eine erneute Stimmen-Auszählung der Wahl. Überprüft die Stimmzettel, überprüft die Stimmzettel, skandierten die Demonstranten. Die Polizei sicherte das Gebäude mit Stacheldraht und fuhr Wasserwerfer auf.
Auch in anderen Landesteilen protestieren Oppositionsanhänger und versammelten sich vor Gerichtsgebäuden. In Taichung stürmten aufgebrachte Demonstranten ein Gericht. Dabei gingen Glastüren zu Bruch. Auch in der südlichen Hafenstadt Kaoshiung, einer Hochburg von Präsident Chen, gab es vor einem Gerichtsgebäude eine Rangelei zwischen Polizei und Demonstranten.