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Tagebuch der Lauterbachs aus dem Kongo

Die Lauterbachs
Die Lauterbachs ©Pampers
Heiner und Viktoria Lauterbach berichten von ihrer Projektreise für die Kampagne "1 Packung = 1 lebensrettende Impfdosis" in die Demokratische Republik Kongo.
Bilder: Die Lauterbachs im Kongo

Montag, 02. August 2010: Besuch der Mutter-Kind-Station in Kingasani

Wir brechen am frühen Morgen Richtung Kingasani auf und reihen uns in den dichten Verkehr auf der einzigen großen Straße Kinshasas ein. Unser Weg führt uns von der Hauptverkehrsstraße mitten in ein dicht besiedeltes Wohngebiet. Wir sehen unzählige kleine Geschäfte, Straßenstände, Hütten und unglaublich viel Müll und Unrat auf dem Sandweg. Die Mutter-Kind-Station liegt mitten in der Siedlung. Kaum treten wir durch das Eingangstor sind wir überrascht: Ein völlig anderes Bild bietet sich uns hier. Alles ist sehr sauber, die Frauen und Kinder warten geduldig auf Bänken und auf dem Boden auf ihre ärztlichen Konsultationen und Impfungen.

Schwester Marie Zuala, die das Zentrum bereits 1972 gegründet hat, empfängt uns und erzählt: „Jeden Monat haben wir 500-600 Geburten. Davon sterben sechs bis acht Babys während oder nach der Geburt. Wir impfen die Mütter gegen Tetanus, die Babys bekommen Impfungen gegen Polio und einen Fünffach-Impfstoff (Pentavalent), der vor Diphterie, Keuchhusten, Hepatitis B, Meningitis und auch vor Tetanus schützt. Wir haben das Gesundheitszentrum hier mitten in der Wohnsiedlung aufgebaut, da wir nah an den Wohnorten der Mütter sein müssen. Nur so ist sichergestellt, dass die Babys keine Impfung verpassen. Im Zentrum finden sowohl Vor- als auch Nachsorgeuntersuchungen statt. Normalerweise bleiben die Frauen nach der Geburt mit ihren Neugeborenen zwei Tage hier. Bevor sie entlassen werden, bekommen die Neugeborenen die Polio-Schluckimpfung sowie eine Impfung gegen Tuberkulose.“

Um in der Klinik gebären zu können müssen die Frauen eine Gebühr von 12.000 kongolesischen Francs bezahlen, das sind umgerechnet etwa elf US-Dollar. In dem kleinen Bereich für Frühgeborene liegen drei bis vier Babys in einem Brutkasten. „Die Inkubatoren sind sehr alt und nicht zuverlässig“, klagt Marie.

Betroffene Mütter erzählen

In den Wochen nach der Geburt kommen die Frauen mit ihren Babys zurück in die Klinik, wo sie gewogen und geimpft werden. So treffen wir die junge Mutter Landrine (22 Jahre) mit der drei Monate alten Faiza. „Natürlich lasse ich Faiza impfen. Ich habe drei Kinder und alle sind geimpft. Bei der Vorsorgeuntersuchung habe ich gelernt, wie wichtig das ist.“ Landrine hat alle Kinder in der Kingasani Mutter-Kind-Station zur Welt gebracht. Obwohl ihr Mann keine Arbeit hat, findet sie den Preis für die Entbindung angemessen. Ihr Kleinstes wurde heute mit dem Pentavalent auch gegen Tetanus geimpft. Stolz zeigt sie den Impfpass.

Dorothee Kibala, 38, ist heute mit ihrer sechs Wochen alten Tochter Esther Kibu in das Zentrum gekommen. Sie erzählt: „Ich habe drei Kinder.“ Und fügt lachend hinzu: „Aber es werden bestimmt noch mehr!“ Wie Landrine hat auch Dorothee ihre drei Kinder impfen lassen. Wir dürfen sie bis zu ihrem Wohnort nach Hause begleiten. Auf dem Weg wird uns klar, warum gerade hier die Impfung gegen Tetanus so wichtig ist: Auf dem mit Müll übersäten Weg haben diverse Händler zwischen Pfützen ihre Waren ausgebreitet. Einige Männer zerlegen gerade ein Schwein über dem unzählige Fliegen schwirren. Auf dem Boden stapeln sich Maiskolben, daneben verkaufen die Händler Kekse und Kosmetik. Ungerührt bahnt sich Dorothee ihren Weg, bis sie schließlich vor einem schmalen gemauerten Haus stehen bleibt. Im Nu ist die zierliche Frau von der gesamten Nachbarschaft umringt. Hinein in ihr Haus möchte sie uns dann aber doch nicht lassen. Schade.

Dienstag, 03. August 2010: Wir fahren zum Gesundheitszentrum Maluku

Der Morgen beginnt mit einem offiziellen Besuch: Wir treffen den Gesundheitsminister der Provinz Kinshasa, Vital Kabuiku, und erklären ihm den Grund unseres Besuches. Er schätzt die Hilfe aus Deutschland sehr und betont besonders, dass er für unsere Sicherheit garantiert. Dann geht es auf die erstaunlich gut ausgebaute Straße: Wir fahren heute in ein Gesundheitszentrum rund 80 Kilometer außerhalb Kinshasas in einer ländlichen Gegend. Als wir eintreffen warten dort schon viele Mütter mit ihren Babys. Lu Fungula Tshuna, Leiter der Krankenschwestern, ist gerade dabei den Frauen die einzelnen Impfungen genau zu erklären, die ihre Babys heute bekommen werden. „Ich erzähle Euch heute etwas über tödliche Krankheiten, vor denen Ihr Eure Kinder schützen müsst. Das könnt Ihr am besten, wenn Ihr sie impfen lasst.“ Er erklärt weiter: „Um nicht an Tetanus zu erkranken müsst Ihr nicht nur Eure Babys impfen lassen, sondern auch Euch selbst.“ Die 20-jährige Bomolo weiß: „Die Tetanus-Impfung bekommen die Mütter damit die Babys im Bauch geschützt sind.“

Unsere Gruppe aus Deutschland wird mit einem Applaus begrüßt und der Grund unseres Besuchs wird genau erklärt. Wir dürfen den Gesundheitsarbeitern assistieren und einige der Mütter vertrauen uns sogar ihre Babys an während diese die so lebenswichtige Tetanus-Impfung erhalten. Die Frauen warten geduldig und auch die Babys lassen sich nicht von dem Geschrei anstecken.

Mangelnde Versorgungsstrukturen

Von Dr. Bolanba Edouard erfahren wir, dass diese Gegend häufig Tetanus-Fälle zu beklagen hat. „Die Frauen, die zu Hause oder auf der Straße ihre Kinder zur Welt bringen, sind sehr gefährdet sich mit den Tetanus-Sporen zu infizieren. Denn die Sporen sind vor allem in der Erde und so können sich Mutter und Baby sehr einfach anstecken.“ Wir lernen, dass die Versorgung der infizierten Babys vor Ort sehr problematisch ist. Dr. Edouard erzählt, dass sein Personal zwar gut ausgebildet sei, dafür aber die technischen und räumlichen Kapazitäten unzulänglich sind und nicht ausreichen, um die Babys gut zu versorgen.

“Unser großes Ziel ist Tetanus bei Neugeborenen zu besiegen und wir hoffen natürlich, dass wir dies auch erreichen. Bisher waren alle Impfaktionen sehr erfolgreich, allerdings gibt es eben deutliche Einschränkungen durch die Logistik. Wir geben alle unser Bestes.”

Das Leid der betroffenen Familien

Der Arzt stellt uns die 18-jährige Boluka vor. Sie hat im März diesen Jahres die kleine Ifukia alleine zu Hause zur Welt gebracht. Boluka lebt gemeinsam mit ihrer Tante und deren Kindern sowie der Großmutter in einem einfachen Steinhaus. Sie war nie bei der Schwangerschafts-Vorsorge und hat in ihrem Leben nur eine einzige Impfung bekommen – gegen Tetanus. Leider kein ausreichender Schutz, denn hierfür sind mindestens zwei aufeinander folgende Tetanus- Impfdosen notwendig. Eine Woche nach Ifukias Geburt stellte Boluka erste Anzeichen einer Krankheit fest. Nachbarn haben dies schnell als Tetanus erkannt, denn das Baby hatte Verkrampfungen. Als Boluka im Krankenhaus ankommt bestätigt sich die Vermutung der Nachbarn. Die Behandlung von Tetanus ist sehr schwierig, in den meisten Fällen gibt es kaum Heilungschancen.

Das Neugeborene wurde zunächst medizinisch ruhig gestellt und erhielt mehrere Tetanus-Impfungen. Ifukia wurde drei Wochen lang von Dr. Edouard behandelt, der lange Aufenthalt im Krankenhaus ist teuer. Die ganze Familie musste zusammenlegen, um die 100,- US-Dollar zu beschaffen. Doch Ifukia hatte Glück und überlebte.

Nicht so die 18-jährige Gypsy. Sie hat ihr Baby im Haus einer traditionellen Hebamme zur Welt gebracht, wo sie den ersten Tag nach der Geburt blieb und ihr Baby dann nach Hause brachte. „Ich ging mit dem Baby nach Hause, doch schon bald merkte ich, dass etwas nicht stimmt. Also ging ich direkt ins Krankenhaus. Doch die Ärzte konnten mein Baby nicht retten. Ich wusste nicht, dass es so wichtig ist, dass ich geimpft werde“, erzählt sie traurig.

Mittwoch, 04. August 2010: Aus dem Mutter-Kind-Zentrum in Barumbu

Gabrielle Mpokfuri Atanso (54), die medizinische Direktorin, leitet das Mutter-Kind- Zentrum in Barumbu seit 1989. In der Region leben 147.000 Einwohner. Jeden Monat werden hier 100-120 schwangere Frauen betreut und 130 Geburten durchgeführt. Nach der Geburt bleiben die Frauen in der Regel drei bis sechs Tage im Krankenhaus und zahlen zwischen 7 und 15 US-Dollar.

“Bis zu drei Babys sterben monatlich, die meisten an Malaria oder Infektionen. Es gibt keine Beatmungsmaschinen oder Inkubatoren“, klagt Gabrielle. „Tetanus ist ein großes Problem“, berichtet sie weiter. „Besonders wenn Frauen zu Hause gebären und nicht geimpft sind.”

Bei dem Verdacht auf Tetanus muss Gabrielle die hilfesuchenden Patienten weiter zum General Hospital schicken, da das Zentrum selbst keine Behandlungsmöglichkeiten bietet. Das General Hospital ist jedoch über fünf Kilometer entfernt und es gibt keine Transportmöglichkeiten dahin. Gabrielle erzählt weiter: „Es steht keine Ambulanz zur Verfügung, es gibt keine Bluttransfusionen und nicht genügend Betten. Unser größtes Problem ist, dass wir keine ausreichende Ausstattung für Geburten haben.“ Seit 2004 steht dem Zentrum zumindest eine einfache Grundausstattung für Kaiserschnitte zur Verfügung doch es gibt keinerlei Medikamente. „Wir haben noch nicht mal Aspirin hier. Zum Glück stellt UNICEF regelmäßig die Impfstoffe zur Verfügung. Auch einen Kühlschrank haben wir von UNICEF erhalten.“

Gabrielle führt uns durch das Zentrum, wo wir auf Mütter treffen, die auf ihre Vorsorgeuntersuchung warten. Die Mütter erhalten hier ihre „Carte des Rendezvous“, vergleichbar mit dem Mütterpass. Für Tetanus-Impfungen gibt es sogar ein eigenes Dokument.

Die Ausstattung des Zentrums ist eine große Herausforderung: In der Kinderstation ist Platz für 20 Betten, doch tatsächlich gibt es nur vier. Gerade hat Gabrielle eine Spende von 40 Matratzen erhalten. Der Platz wird dringend benötigt, da die Frauen und Kinder aus allen 24 Regionen Kinshasas kommen. Das Zentrum ist über die gesamte Stadt bekannt und die Frauen nehmen teilweise sehr lange Wege in Kauf, um sich und ihre Babys dort behandeln zu lassen. „Die Frauen kommen per Bus, Taxi und auch zu Fuß zu uns.“

UNICEF kann die Gesundheitsstationen gut mit Impfstoffen versorgen, da in jeder Provinz Warenlager vorhanden sind. Von dort werden die Impfstoffe per Auto in die Verteilerzentren gebracht. Hier holen die Gesundheitshelfer und Krankenschwestern die Impfstoffe für den Weitertransport per Auto, Moped, Fahrrad oder zu Fuß ab. Dabei wird immer darauf geachtet, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Die Gesundheitshelfer werden gut geschult, damit sie verstehen warum die Kühlung der Impfstoffe so wichtig ist. Dafür stellt UNICEF mit Paraffin betriebene Kühlschränke bereit. Seit kurzem sind auch Solar-Kühlschränke im Gespräch. Doch diese kosten pro Stück 7.200 Euro.

Früher am Tag hatte uns Pierrette Vu Thi, Leiterin von UNICEF in der Demokratischen Republik Kongo, schon Folgendes dazu erzählt: „Für unsere Arbeit hier brauchen wir Partner und Spenden aus West-Europa, ob von öffentlichen Einrichtungen oder privaten Firmen. Diese Spenden sind wichtig damit wir das Ziel erreichen, Tetanus zu besiegen. Und natürlich motiviert es uns auch, wenn die Industrienationen an unserer Arbeit interessiert sind und uns unterstützen. Natürlich ist es wichtig die richtigen Partner für die Umsetzung der Aktionen zu haben und außerdem mit der Regierung gut zusammenzuarbeiten. Wichtig ist auch, die Impfungen rechtzeitig umzusetzen und immer in regelmäßigen Abständen Folgeimpfungen durchzuführen.“

Donnerstag, 05. August 2010: Wir fliegen zurück nach Hause

Die Tage sind wie im Flug vergangen, schon fliegen wir wieder zurück nach Hause und zu unseren Kindern. Während des Fluges können Viktoria und ich noch einmal alle Eindrücke und Erlebnisse Revue passieren lassen. Wir sind erschöpft. Was wir gesehen haben war teilweise schlimm. Aber andererseits sind wir froh, dass wir den Kongo besucht haben, denn wir haben auch viel Schönes gesehen: Wie die stolzen Mütter ihre Babys in den Armen halten, wie die Kinder auf den Straßen trotz des Leids und Schmutzes fröhlich tanzen und lachen, wie die Ärzte und Schwestern aufmunternd zur Seite stehen und ihren Patienten nach Kräften helfen.

Es ist uns sehr wichtig, unsere Bekanntheit zu nutzen, um auf Missstände in dieser Welt aufmerksam zu machen und zu helfen. Man darf die Augen nicht verschließen und doch passiert dies leider allzu oft. Ich freue mich, als Botschafter für die Aktion von Pampers für UNICEF „1 Packung = 1 lebensrettende Impfdosis“ helfen zu können und andere zu motivieren es ebenfalls zu tun. Unser Ziel ist es genügend Spenden zu sammeln, um Impfdosen für weitere 170 Millionen Mütter und ihre Babys bereitstellen zu können. Die Kampagne hat auch schon sehr viel bewirkt: Bisher konnten 300 Millionen Impfdosen gespendet werden. Wenn wir alle gemeinsam helfen, kann Tetanus besiegt werden.

Dieses Reisetagebuch wurde von Heiner und Viktoria Lauterbach in Zusammenarbeit mit Claudia Berger von UNICEF Deutschland, Sandra Broich von Procter & Gamble Germany und Barbara Hechler von RPM – revolutions per minute Gesellschaft für Kommunikation verfasst.

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