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Tag und Nacht

Prostitution statt Proseminar von Sabine Derflinger: Österreichische Regisseurin drehte Spielfilm über zwei Studentinnen, die sich im Escort-Service ihr Geld verdienen wollen.
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Das Thema Prostitution ist normalerweise eindeutig besetzt: Ostmafia und Rotlichtmilieu, Menschenhandel und moderne Sklaverei, Brutalität und Kriminalität. Umso überraschender, ja harmloser fällt Sabine Derflingers Annäherung aus: In ihrem Spielfilm “Tag und Nacht” zeigt die österreichische Regisseurin zwei Studentinnen, die sich als Escort-Girls versuchen wollen und bei einem Kleinunternehmer im Sexgeschäft anheuern – aus Neugier, Abenteuerlust, und natürlich, weil der Job weitaus lukrativer ist, als zu kellnern. Am Freitag (8.) kommt der Film nach einigen Premieren in verschiedenen Bundesländern regulär in die Kinos.

Die abenteuerlustige, schlanke Lea (Anna Rot) und die etwas schüchternere, fülligere Hanna (Magdalena Kronschläger) sind seit der Schule Freundinnen. Gemeinsam sind sie zum Studieren in die Großstadt gekommen, gemeinsam beschließen sie, sich auf ein Abenteuer einzulassen und im Nebenjob als Huren zu arbeiten. Sie lassen sich von Mario (Philipp Hochmair) in seine Escort-Kartei aufnehmen, finden das zunächst höchst reizvoll und haben auch beim Foto-Shooting in aufreizenden Posen viel Spaß. Die harte Realität kommt schneller, als sie denken. Der erste Kunde markiert nicht nur die ersten Schritte auf einem Weg, auf dem schwer umgedreht werden kann, sondern auch die immer intimere Bekanntschaft mit einer Männerwelt, die wohl aus guten Gründen käuflichen Sex sucht – so gestört, ungustiös und widerlich sind ihre körperlichen Erscheinungen, ihr Verhalten und ihre Wünsche.

Derflinger (“Vollgas”, “42plus” u.a.) und ihre Kamerafrau, Drehbuch-Coautorin und Mitproduzentin Eva Testor sehen auch dann nicht weg, wenn es grauslich wird, und die Sexszenen gehören zum Deprimierendsten, was das heimische Gegenwartskino in dieser Sparte anzubieten hat. Glaubwürdig spielen die beiden Hauptdarstellerinnen die ständige Gratwanderung zwischen Überwindung und Abstoßung, Reiz und Ekel. Lea ist dabei fast immer die Stärkere, Offensivere der beiden, die treibende Kraft. Gut beobachtet scheint auch das Abfärben des Nebenjobs auf die privaten Beziehungen zu sein, in denen herkömmliche Männerfreundschaften kaum mehr möglich sind.

Dennoch hat man den Verdacht, dass “Tag und Nacht”, für den Derflinger mit ihrem Team ausführliche Szene-Recherchen unternommen hat, eine Normalität und einen Nervenkitzel suggeriert, von dem Sexarbeiterinnen in neun von zehn Fällen nur träumen können. “Natürlich gibt es auch Sexarbeit in Form von Sklaverei”, sagt die Regisseurin, “Aber da würde ich eine ganz andere Geschichte erzählen. Mit ganz anderen Menschen.”

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