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"Tag des Sieges" mit Sowjetnostalgie in Wien

Der Schwarzenbergplatz war Schlusspunkt der russischen Siegesfeier.
Der Schwarzenbergplatz war Schlusspunkt der russischen Siegesfeier. ©Pixabay (Sujet)
Am Dienstag sind zwischen 200 und 250 Persnen bei der Kundgebung der russischen Community zum "Tag des Sieges" vom Wiener Stephansplatz zum Schwarzenbergplatz marschiert.

Während bei der Kundgebung in Wien klassische sowjetische Kriegslieder dominierten, wurde der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nur am Rande thematisiert, unter anderem in Slogans ukrainischer Gegendemonstranten.

Mehr Teilnehmer bei "Tag des Sieges" als bei Kundgebung der russischen Botschaft am Sonntag

Bereits am Sonntag war auf Einladung eines der russischen Botschaft nahestehenden Vereins der Sieg der Roten Armee über Nazideutschland am Schwarzenbergplatz gefeiert worden. Aktivisten um den Cellisten Viktor Miloserdov waren mit dieser Vorverlegung nicht einverstanden gewesen. Sie hatten deshalb zu einer weiteren Kundgebung mit Konzert für den 9. Mai aufgerufen, dem traditionellen sowjetischen sowie russischen "Tag des Sieges". Trotz eines Wochentags kamen dabei merklich mehr Personen als zur Botschaftsveranstaltung am Wochenende.

Sowjetnostalgie am Wiener Stephansplatz und Schwarzenbergplatz

Sowohl am Stephansplatz als auch später am Schwarzenberg ertönten insbesondere sowjetische Kriegslieder, die insbesondere einen sowjetisch geprägten patriotischen Nerv treffen sollten. Der 1988 nach Österreich emigrierte Miloserdov gab am Cello Rachmaninow und es kam zu einer Verlesung von klassischer sowjetischer Kriegslyrik. "In der sowjetischen Zeit gab es sehr viel Positives und Gutes", kommentierte der APA ein in Wien lebender Russe, der mit einer großen Tuch mit Sowjetsymbolik zur Kundgebung gekommen war.

Mitgeführt wurden aber auch sowjetische Militärfahnen sowie russische Fahnen, viele Personen trugen sogenannte Georgsschleifen, die seit 2005 im Russland Wladimir Putins zu einem Ausdruck von Patriotismus avanciert waren. Kundgebungsteilnehmer hatten aber auch Täfelchen mitgebracht, auf denen Porträts und Namen von Angehörigen zu sehen waren, die im Zweiten Weltkrieg in der Roten Armee gekämpft hatten.

Auch Zeichen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in Wien

Während im Musikprogramm nur subtil auf die Ukraine angespielt wurde, etwa mit einem historischen Kriegslied, in dem von seinerzeitigen Kampfhandlungen an nunmehr aktuellen Kriegsschauplätzen in der Ukraine die Rede ist, war ein österreichischer Redner expliziter. Die Sanktionen gegen Russland und das "Russland-Bashing" müssten aufhören, Österreich solle sich seiner Neutralität besinnen, forderte der als Chefredakteur eines Magazins vorgestellte Leo Klinke und erntete damit Applaus der anwesenden russischen Community. Der ehemalige FPÖ-Angestellte Robert Stelzl trug indes stolz einen Pullover zur Schau, auf dem das Zeichen des Angriffskriegs gegen die Ukraine - "Z" - sowie "Russische Armee" zu lesen war. Er hoffe auf einen Sieg der russischen Armee, erklärte er der APA seine Geste, die freilich im Widerspruch zu einer Aufforderung der Veranstalter stand. Diese hatten explizit ersucht, auf "zeitgenössische Symbolik" zu verzichten.

Ukrainischer Gegenprotest gegen russische Kundgebung

Absolut kein Verständnis für die Kundgebung zeigten indes zahlreiche junge Ukrainerinnen und Ukrainer. Eine Schülerin erkundigte sich bei einem Polizisten, wie eine derartige russische Demonstration während des Kriegs in der Ukraine erlaubt werden könne. "Ich sehe diesen Feiertag mehr als Propaganda Russlands und des Kommunismus", erklärte der APA der 15-Jährige Dmytro aus Kriwoj Rih, der im vergangenen Jahr nach Österreich geflohen war. Er bezeichnete die Demo auch als "völlig cringe".

Russische Altersgenossen Dmytros, die an der Kundgebung teilnahmen, zeigten indes wenig Verständnis für ukrainische Kritik. Eine Teenagerin mit russischer Flagge erwiderte auf die Frage der APA, wie sie eine ukrainische Interpretation von Russlands Flagge als Symbol für Kriegsverbrechen sehe, einfach mit "Kein Kommentar". Ein weiterer Demonstrant reagierte auf Rufe von ukrainischen und auch tschetschenischen Gegendemonstranten am Schwarzenbergplatz, die unter anderem Russland Verbrechen vorwarfen und auf Ukrainisch "Schande" brüllten, stolz mit einer russischen Fahne und zwei Mittelfingern. Zu tätlichen Auseinandersetzungen kam es nicht, ein Polizeiaufgebot hatte sich zwischen die beiden Gruppen gestellt.

(APA/Red)

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