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Syrien und Libanon in Attentat verwickelt

In die Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri sind nach einem UN-Bericht führende Offiziere der syrischen und libanesischen Sicherheitskräfte verwickelt.

„Es gibt übereinstimmende Belege für die libanesische und syrische Verwicklung in diesen terroristischen Akt“, heißt es in dem Bericht, den der deutsche UN-Sonderermittler Detlev Mehlis am Donnerstagabend UN-Generalsekretär Kofi Annan überreichte.

Auch ein Bruder und ein Schwager des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad seien an dem Komplott beteiligt gewesen. Der Verdacht richtete sich zudem gegen Libanons Präsidenten Emile Lahoud. Es sei vernünftig davon auszugehen, dass die Entscheidung zur Ermordung Hariris „nicht ohne die Zustimmung hochrangiger syrischer Geheimdienstverantwortlicher getroffen und nicht ohne die Mitwirkung ihrer Kollegen im libanesischen Geheimdienst ausgeführt werden konnte“, heißt es in dem 54-seitigen Bericht. Der Mord sei „wahrscheinlich politisch motiviert“ gewesen. Zugleich wirft der Bericht ranghohen syrischen Politikern versuchte Täuschung vor.

Syrien wies den UN-Bericht in einer ersten Reaktion als „politisch voreingenommen und weit entfernt von der Wahrheit“ zurück. Er sei ein „politisches Manifest gegen Syrien“, sagte Informationsminister Mehdi Dahlallah.

Im Libanon wuchs der Druck auf Präsident Lahoud, der laut dem Bericht kurz vor dem Anschlag auf Hariri von einem der Hauptverdächtigen angerufen worden war. Libanesische Parlamentsabgeordnete forderten den Rücktritt des pro-syrischen Präsidenten. Der UN-Bericht sei „erdrückend“, sagte Elias Atallah, der dem anti-syrischen Bündnis unter Hariris Sohn Saad angehört, das bei der Wahl im Juni die Mehrheit erlangte. Lahoud müsse die Konsequenzen ziehen.

Der libanesische Präsident wies indes die Vorwürfe zurück. Lahoud habe anders als in dem Bericht festgestellt keinen Kontakt zu den mutmaßlichen Attentätern gehabt, erklärte sein Büro: „Die Presseabteilung des Präsidialamtes weist diese Angaben kategorisch zurück. Sie haben nichts mit der Wahrheit zu tun und sind Teil einer Kampagne gegen den Präsidenten.“

Bei dem Bombenattentat auf Hariri waren am 14. Februar in Beirut über 20 Menschen getötet worden. Mehlis und seine Mitarbeiter ermittelten im Auftrag von Annan vier Monate lang, befragten mehr als 400 Menschen und sichteten 60.000 Dokumente. Ihr Bericht wurde vor der Veröffentlichung an die Regierung in Beirut und den UN-Sicherheitsrat weitergeleitet, der sich am Dienstag mit dem Bericht befassen will. Annan kündigte an, er wolle das Mandat für die UN-Ermittler auf Wunsch von Beirut bis zum 15. Dezember verlängern.

Die US-Regierung enthielt sich zunächst jeglichen Kommentars. Ein Außenamtssprecher sagte, die zuständigen Stellen wollten den Bericht zunächst aufmerksam lesen. Der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, John Bolton, nannte die Ermittlungsergebnisse „beunruhigend“. US-Medien spekulieren, dass Washington den Bericht zum Anlass für scharfe Sanktionen gegen Syrien nehmen will.

Die Europäische Union forderte Syrien auf, bei der Untersuchung aktiv mitzuwirken. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte am Freitag in Brüssel, die Behörde sei über die bisherige „begrenzte Bereitschaft der syrischen Stellen zur Zusammenarbeit“ beunruhigt.

Im Einklang mit den USA und ihrem ägyptischen Amtskollegen Ahmed Aboul Gheit, der am Freitag in Wien war, sprach sich Außenministerin Ursula Plassnik (V) dafür aus, den Bericht zunächst genau zu analysieren und die Diskussion darüber im Weltsicherheitsrat nächste Woche abzuwarten. Aus dem daraus gewonnenen Verständnis sei dann abzuleiten, „was wir zu tun haben“, sagte Gheit. Er betonte, dass sein Land „keine zusätzlichen Konflikte“ im Nahen Osten sehen wolle. Von dieser Position werde Kairo nicht abgehen.


Libanon: Rücktrittsforderungen an Präsident
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