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Syrien und Libanon: Aufnahme diplomatischer Beziehungen

Syrien und der Libanon haben am Mittwoch die vor drei Monaten vereinbarte Herstellung von vollwertigen diplomatischen Beziehungen besiegelt.

In einer gemeinsamen Erklärung, die nach einem Treffen der beiden Außenminister, Walid al-Muallem und Faouzi Salloukh, in Damaskus veröffentlicht wurde, hieß es laut einer Meldung der syrischen Nachrichtenagentur SANA, die zwischenstaatlichen Beziehungen sollten auf “gegenseitigem Respekt” fußen. Jede Seite respektiere die Unabhängigkeit und Souveränität der jeweils anderen und bekenne sich zur Wahrung “brüderlicher privilegierter Beziehungen entsprechend dem Wunsch der beiden Völker”.

In Beirut unterstrich der libanesische Ministerpräsident Fouad Siniora, dass “eine neue Seite” im bilateralen Verhältnis zwischen Syrien und dem Libanon aufgeschlagen werde. Der Premier sprach von “einem Schritt vorwärts auf dem Weg der Festigung der Unabhängigkeit und Souveränität des Libanon”, nachdem der syrische Präsident Bashar al-Assad am Vortag die Eröffnung der ersten Botschaft seines Landes in Beirut angeordnet hatte. Die Normalisierung der Beziehungen hatte Assad mit dem libanesischen Staatspräsidenten General Michel Sleimane am 12. Juli am Rande des Gründungsgipfels der Mittelmeerunion in Paris vereinbart.

Seit ihrer Unabhängigkeit in den 1940er-Jahren unterhielten Syrien und der Libanon nie reguläre diplomatische Beziehungen. Syrien hatte den kleineren Nachbarn als Schöpfung der vormaligen Mandatsmacht Frankreich betrachtet. Für Damaskus hatten die Beziehungen einen “privilegierten Charakter”, weshalb sich normale diplomatische Kanäle erübrigt hätten. Syrien hatte seine Truppen 2005 nach 29-jähriger Präsenz aus dem Libanon abgezogen, nachdem es dort zur “Zedernrevolution” gekommen war. Diese war durch den Mord an dem libanesischen Spitzenpolitiker und Ex-Premier Rafik Hariri ausgelöst worden, für den syrische Geheimdienstkreise als Drahtzieher verantwortlich gemacht werden.

Seit 1991 besteht ein Freundschafts- und Beistandspakt zwischen Damaskus und Beirut, dessen Überarbeitung von den syrienkritischen Kräften im Libanon vehement gefordert wird. Auch das Schicksal von rund tausend verschwundenen Libanesen, die in syrischer Haft vermutet werden, wartet noch auf Aufklärung.

US-Präsident George W. Bush hatte Syrien am Montag davor gewarnt, die Souveränität des Libanon nicht zu respektieren. Syrien müsse den Libanon bedingungslos als unabhängigen Staat achten und seine “Unterstützung für den Terrorismus” beenden, forderte Bush laut einer Erklärung, die das Weiße Haus nach dem Treffen des Präsidenten mit dem italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi in Washington veröffentlichte. Assad hatte nach Anschlägen mit 17 Todesopfern in Damaskus Ende September und kurz darauf mit fünf Toten in der libanesischen Stadt Tripoli von einer “Basis des Extremismus” im nördlichen Libanon gesprochen, die eine “Bedrohung für Syrien” darstelle. Das US-Außenministerium erklärte daraufhin, die Terroranschläge dürften Syrien nicht als “Vorwand” dafür dienen, “sich in innerlibanesische Angelegenheiten einzumischen”.

Der libanesische Staatspräsident Sleimane hatte die von den USA kritisierten syrischen Truppenverlegungen an die libanesische Grenze gerechtfertigt. Diese Sicherheitsmaßnahmen seien zwischen ihm und Assad abgestimmt, ließ Sleimane in einem Kommuniqué mitteilen. Auch der pro-westliche Ministerpräsident Siniora unterstrich die “Notwendigkeit der Koordinierung im Sicherheits- und Militärbereich” zwischen den beiden Ländern.

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