Sympathie für Bush
Ministerpräsident Ariel Sharon verdeutlichte in den vergangenen Monaten zwar, dass er sich in den Wahlkampf nicht einmische, doch seine Taten sprachen klare Worte. Bei seinem letzten Besuch in Washington musste er aus Termingründen ein Höflichkeitstreffen mit Kerry absagen. Und als der US-Präsidentschaftskandidat seinen Bruder nach Jerusalem schickte, die jüdischen Spuren der Familie Kerry in der Holocaust- Gedenkstätte Yad Vashem zu erkunden, war Sharon ebenfalls zu beschäftigt, um ihm vor Fotografen die Hand zu drücken.
Erst seit Anfang der siebziger Jahre sind die Amerikaner mit Israel verbündet. Sie lösten die Franzosen ab, die bis 1968 Israel mit einem Atomreaktor und Waffen ausgestattet hatten. Im Sechs-Tage-Krieg hatte Israel mit Mirages gesiegt und nicht mit Phantomjägern. Obgleich Kishon schon Israel als 51. Bundesstaat der USA bezeichnete, waren erst unter Sharon und Bush die politischen Beziehungen beider Länder so eng, dass nicht mehr zu unterscheiden war, wer schob und wer zog.
Wenn es um Terrorbekämpfung ging, sprachen Bush und Sharon eine Sprache. Beide waren sich einig beim Boykott des palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat. Während des Irak-Kriegs behaupteten Verschwörungstheoretiker, dass Bush seinem Freund Sharon einen Gefallen getan habe, anstatt aus amerikanischem Interesse zu handeln.
Gleichwohl nimmt der in der Welt wenig populäre und umstrittene Politiker Sharon Rücksichten. Er sagte eine geplante Amerika-Visite in innerhalb der nächsten zwei Wochen ab, um nicht als erster ausländischer Gast nach den Wahlen den neuen oder alten Mann im Weißen Haus in Verlegenheit zu bringen.
Israelische Analytiker fühlen sich freier, offen zu sagen, was die Regierung vielleicht denkt. Moshe Arens, ein ehemaliger Verteidigungsminister und politischer Scharfmacher vom rechten Flügel des Likud hält zwar Bush für einen Segen, aber auch mit Kerry hätten wir gut zusammengearbeitet. Der Politologe Shomo Aahronson meinte, dass die Europäer sich jetzt mit Bush arrangieren müssten, wenn sie in den erwachenden ostasiatischen Märkten Fuß fallen wollten. Es gibt Grenzen, was der französische Hahn dem amerikanischen Adler antun kann, sagte er über das Hickhack zwischen Chirac und der amerikanischen Regierung.
Eine Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA ergebe die atomare Bedrohung des Iran. Solange iranische Atomraketen nur bis nach Israel reichen, kann Schröder ruhig schlafen, sagte Aahronson wörtlich. Sowie sie aber auch Europa treffen könnten, werden am Ende nur die Amerikaner der akuten Gefahr Stirn bieten können.
Die liberale Zeitung Haaretz sieht nur feine Unterschiede im möglichen Vorgehen von Bush oder Kerrry. Bush dürfte energischer als zuvor den Abbau der nicht-genehmigten Siedlungsvorposten fordern. Aber an der ultimativen Forderung an die Palästinenser, ihren Terror zu beenden, mit oder ohne Arafat, ehe erneut Verhandlungen aufgenommen werden könnten, halten offenbar Bush wie Kerry fest. Nur wenn der Terror effektiv von den Palästinensern selber bekämpft würde, könnte neue Dynamik in den Nahen Osten kommen. Doch das hat Sharon selbst gesagt, nach dem jüngsten Anschlag auf dem Karmel-Markt in Tel Aviv.