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Sutter: Karibik-Geschäfte "risikoarm"

©AP
Der langjährige Staatskommissär in der BAWAG, Herbert Sutter, hat im BAWAG-Prozess ausgesagt, von den Verlusten der Bank durch die Geschäfte mit Wolfgang Flöttl nie etwas erfahren zu haben.

Sutter saß als “staatlicher Aufpasser” vom 1. Jänner 1994 bis Ende Juni 2003 als Staatskommissär im BAWAG-Aufsichtsrat. Bei der Wiederaufnahme der „Karibik-Geschäfte“ seien diese im Aufsichtsrat als „risikoarme Geschäfte“ dargestellt worden. 1998 sei der Aufsichtsrat davon informiert worden, dass die Geschäfte überhaupt eingestellt und der Kredit mit Zinsen zurückbezahlt worden sei. Von dem laut Anklage 1,44 Mrd. Euro Verlust, der zwischen Herbst 1998 und Jahresende 2000 entstanden sei, habe der Aufsichtsrat nichts erfahren.

„Die Berichterstattung des Vorstands war beruhigend, nicht aufregend“, erinnerte sich Sutter. Die Geschäfte seien als „risikoarm“ dargestellt worden, weil in marktgängige Finanzprodukte investiert wurde und ein 20-prozentiger Einschuss einer Investorengruppe von Wolfgang Flöttl als Risikokapital dienen sollte. „Wenn es martkgängige Produkte sind, kann ich sie über Nacht verkaufen, die Kurse werden nicht über Nacht um 20 Prozent zurückgehen“, erläuterte er, warum ihm diese Darstellung eines geringen Risikos als plausibel erschien. Daher sei es auch völlig ausreichend, dass der Vorstand den Aufsichtsrat nur ein bis zwei Mal im Jahr darüber informiere, meinte er.

Nach diesem dem Aufsichtsrat vorgelegten Konzept hätte es gar keinen Verlust geben sollen, führte Sutter aus. Wenn sich die Kurse nach unten entwickelt hätten, hätte man die Produkte vermarktet: Zunächst wäre das Risikokapital verloren gewesen, und „nur wenn man zugewartet hätte“ wäre auch der BAWAG-Kredit notleidend geworden. Die Investments wurden von Flöttls Firma Ross Capital Management gemanagt, von einer Fremdkapitalfinanzierung (Leverage) habe niemand gesprochen, so der frühere Staatskommissär. Die Flöttl-Firma Ross Capital wäre dazu verpflichtet gewesen, bei einem Kursverlust die marktgängigen Produkte zu verkaufen. Dadurch hätte die BAWAG keine oder nur geringe Verluste erlitten.

Die Wiederaufnahme der Karibik-Geschäfte mit einem Limit von 400 Mio. Dollar sei im Jahr 1995 als „freiwillige Information des Vorstands an den Aufsichtsrat“ erfolgt, so Sutter. An eine Information im Aufsichtsrat, weitere 400 Mio. Dollar zur Besicherung eines Warenlagers von Flöttl bereitzustellen, könne er sich nicht erinnern. Dass 1996 die 400 Mio. Dollar für die Flöttl-Geschäfte auf 550 Mio. Dollar aufgestockt wurden, auch davon wisse er nichts. Überhaupt waren die Karibik-Geschäfte der BAWAG nach der Wiederaufnahme 1995 kein großes Thema mehr, denn die große Debatte darüber sei im Jahr 1994 geführt worden. Damals habe der frühere BAWAG-Generaldirektor Walter Flöttl über die Geschäfte der Bank mit seinem Sohn im Aufsichtsrat lange berichtet und auch über die Rückführung der Gelder. Laut Flöttl sen. sei damals kein Verlust für die Bank entstanden.

1998 sei der Aufsichtsrat dann informiert worden, dass die Geschäfte überhaupt eingestellt wurden. Von den Verlusten – damals erst rund 400 Mio. Dollar – war keine Rede, doch es wäre die Pflicht des Vorstands gewesen, den Aufsichtsrat darüber zu informieren, sagte Sutter. Den ersten Verlust hätte die BAWAG damals leicht bewältigen können, zeigte sich der Staatskommissär heute überzeugt. Dass der Aufsichtsrat als „undicht“ galt und verschiedene Maßnahmen getroffen wurden, um die „undichten Stellen“ zu finden, schilderte der pensionierte Beamte in seiner Befragung: So seien in manche Protokolle gezielt Tippfehler eingebaut oder die Protokolle mit unsichtbaren Stempeln versehen worden. Genutzt habe dies aber nichts, die „undichte Stelle“ sei nie gefunden worden.

Den kritischen Nationalbank-Prüfbericht 2001 zur BAWAG habe er nicht gesehen, da er nicht im Aufsichtsrat der Bank behandelt worden sei. „Damals habe kein Staatskommissär einen Prüfbericht erhalten. In der Expertenkommission, wo Sutter stellvertretendes Mitglied war, sei der Bericht nicht diskutiert worden, daher habe er angenommen, der Bericht sei nicht allzu gravierend. Auch wenn er den Bericht angefordert hätte, so hätte er keine Maßnahmen setzen können, sondern die zuständige Abteilung im Finanzministerium, betonte der heute pensionierte Sutter.

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