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Suspendierter Wiener Chefinspektor vor Gericht schwer belastet

Mit der Klage, die ein Wiener Chefinspektor gegen einen seit Jahren in der Unterwelt beschäftigten „Aufpasser“ betreibt, könnte sich der Polizist womöglich ein „Eigentor“ geschossen haben.

Der 36-jährige „Tommy“ hatte mit brisanten Aussagen für die Suspendierung des Gruppenleiters der Kriminaldirektion (KD) 1 gesorgt. Am heutigen Verhandlungstag im Wiener Landesgericht belasteten zwei Zeugen den wegen angeblich all zu freundschaftlicher Kontakte mit der Rotlicht-Szene nach wie vor außer Dienst gestellten Beamten schwer.

„Tommy“ hatte in der ORF-Sendung „Thema“, in der Tageszeitung “Österreich“ sowie im Nachrichtenmagazin „News“ behauptet, der Chefinspektor habe am 1. Dezember 2005 bei der Hochzeitsfeier der Szene-Größe Dusan R. alias „Rocky“ vier Stunden lang einen mehr als freundschaftlichen Umgang mit dem Bräutigam und anderen Gästen gepflogen. „Rocky“ soll als eine Art Generalsekretär den so genannten Nokia-Club geführt haben – ein Zusammenschluss mehrerer Rotlicht-Lokale gegen lästige Mitbewerber und mit einem angeblich besonders „guten Draht“ zur Polizei.

Weiters behauptete „Tommy“, der ranghohe Polizist habe von ihm für eine Auskunft eine Raymond Weil-Uhr um 1.500 Euro verlangt und sich zu einem Abendessen in einem China-Restaurant einladen lassen.

Der Beamte wies heute, Dienstag, im Grauen Haus diese Behauptungen scharf zurück: „Ich hab’ seit zwölf Jahren eine Breitling! Ich tät’ sicher nicht eine Raymond Weil-Uhr auf meinen Arm rauftun und die Breitling wegtun! Erstens g’fallt mir die Uhr net, zweitens brauch i die net! Für mi ist das a schiache Uhr!“ Mit „Tommy“ sei er „niemals im Leben an einem Tisch gesessen, net amal auf an Kaffee“, versicherte der Chefinspektor.

Er räumte ein, auf eine halbe Stunde bei „Rockys“ Hochzeit vorbeigeschaut zu haben – allerdings nur deshalb, weil dieser ein guter Informant gewesen sei: „Er hat gesagt, er würd’ sich sehr freuen, wenn ich Zeit hätte.“ Aus rein beruflichen Gründen und während der Dienstzeit habe er dieser Bitte Folge geleistet: „Jugos“ hätten „eine andere Mentalität“, wie er sich ausdrückte. „Vertrauen kann man zu denen nur so aufbauen.“

Für ihn sei das „wie ein Anstandsbesuch“ gewesen, gab der Chefinspektor zu Protokoll: „Ich hab’ nicht mehr als ein Glas Sekt getrunken! Ich habe weder getanzt noch sonst irgendetwas! Ich hab’ mich kurz am Buffet bedient! Ich hab’ mir dabei nichts Schlechtes gedacht!“

Daran anschließend traten zwei frühere Rotlicht-Lokalbetreiber in den Zeugenstand, die den Polizisten weit mehr belasteten als „Tommy“ es je getan hatte. Der eine bezeichnete den Polizisten wörtlich als „Creme de la Creme der Gürtel-Bosse“. Dieser sei der „beste Freund“ der Szene-Größe Dragan J. alias „Repic“ gewesen, gegen den inzwischen unter anderem wegen Schutzgelderpressungen ein Strafverfahren anhängig ist.

Der Polizist habe „mit diesen Leuten mitgespielt und mitgeschnitten“, so der 40-jährige Zeuge unter Wahrheitspflicht. Er habe sogar aus einem Pkw heraus zugeschaut, als er eines Nachts von „Repics“ Leuten überfallen und um 15.000 Euro beraubt wurde, bemerkte der 40-Jährige.

Der zweite Zeuge stellte einleitend fest: „Wir haben alle gewusst, dass ’Repic’ von der Polizei Rückendeckung hatte.“ Als er „Repic“ als Geschäftsführer eines seiner Etablissements ablösen wollte, habe ihn der Chefinspektor zu sich ins Büro gebeten, erzählte der 41-jährige Mann. Der Polizist habe ihm dort zu verstehen gegeben, er möge den Pachtvertrag mit „Repic“ verlängern. Ansonsten würde das Lokal von der Polizei regelmäßig kontrolliert werden.

In weiterer Folge sei es zu einem Treffen mit „Repic“ und dem Polizisten gekommen. Er habe mit dem Polizisten den Pachtvertrag für „Repic“ ausgehandelt, gab der Zeuge an.

Der Prozess wegen übler Nachrede und Kreditschädigung wurde zur Anhörung weiterer Zeugen auf den 23. Oktober vertagt. Ob die Staatsanwaltschaft gegen den Chefinspektor vorgehen wird, steht noch nicht fest: Die dahingehenden Ermittlungen des Büros für Interne Angelegenheiten (BIA) sind noch nicht abgeschlossen.

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