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Superwelt - Trailer und Kritik zum Film

Ein Überraschungserfolg war Karl Markovics' Regiedebüt "Atmen" 2011 allemal - ein Glückstreffer aber nicht. Mit seinem Zweitwerk "Superwelt", einem Drama über eine Supermarktkassierin und ihre Begegnung mit Gott, erweist sich der Wiener einmal mehr als herausragender Geschichtenerzähler.

Das Leben von Gabi Kovanda (Ulrike Beimpold), Ende 40, verläuft in geregelten Bahnen. Mit ihrem Ehemann Hannes (Rainer Wöss), einem Straßenmeister, und dem Sohn Ronnie (Nikolai Gemel), Zeitsoldat beim Bundesheer, wohnt sie in einem Einfamilienhaus in Bruck an der Leitha. Die Tochter Sabine (Angelika Strahser) ist bereits ausgezogen, mit ihrem Ehemann kommt sie an Wochenenden zum gemeinsamen Grillen vorbei. Nach ihrem Dienst als Kassierin im Diskont-Supermarkt schupft Gabi den Haushalt – kochen, waschen, bügeln inklusive. Einzig das Damenturnen ist ein kurzer Bruch mit dem Alltag.

Superwelt  – Die Geschichte

Eines Abends überkommt Gabi am Weg von der Sporthalle zu ihrem Auto etwas. Zuhause angekommen, ist es nicht verschwunden. Ob aus dem Kühlschrank, den Fernsehlautsprechern oder dem Küchenwecker: Überall scheint Gabi Stimmen zu hören. “Warum ausgerechnet ich?”, wird sie wenig später das für alle anderen unhörbare Wesen fragen. Erst ein Besuch der Zeugen Jehovas lässt Gabi begreifen – und die unverhoffte Begegnung mit Gott zulassen. Es dauert nicht lange, bis sich ihr abwegiges Verhalten, die abrupten “Spaziergänge” in der Umgebung und dieser selige Blick auf die Familie auswirken, ihren Job gefährden und manch neugierige Blicke der Nachbarn auf sie ziehen.

Innerhalb weniger Tage siedelt Karl Markovics seine lakonische Erzählung an, und hat wie schon in “Atmen” dementsprechend viel Raum für all die Details, die die Lebenswelt seiner Protagonistin ausmachen. Gabis Routine zelebriert er geradezu: Wie sie das Kassen-Fließband in einer ruhigen Minute in die Leere starrend putzt – übrigens das Ausgangsbild, das Markovics zu dem Film inspirierte -, wie sie sehnsüchtig bei der Strand-Schnulze im Fernsehen beim Bügeln innehält, wie sich nach dem Turnen ein sonst seltenes Lächeln auf ihr Gesicht zaubert. Das festgefahrene Eheleben rückt im Laufe der Zeit immer mehr ins Zentrum, und so mancher Kommentar Hannes’ geht dabei durch Mark und Bein. Wenn sich ähnliche Muster bei Tochter Sabine und deren Ehemann offenbaren, bleibt einem das Lachen schnell im Hals stecken.

Superwelt  – Die Kritik

Kameramann Michael Bindlechner entfernt sich in den knapp zwei Stunden nur selten von Gabi – nämlich dann, um sie von oben im tristen Umfeld des Landsupermarkts, oder von der Weite als eins mit der Natur in der von Sonnenlicht durchfluteten, von Windrädern und weiten Feldern geprägten Szenerie einzufangen. Die Natur ist die dritte, kraftvolle und laut Markovics “die Schöpfung im Ganzen” symbolisierende Hauptrolle neben Beimpold und Wöss, die sich grandios ergänzen – und zeigt sich in all ihren Ausprägungen und darüber hinaus, bis hin zum mit CGI nachbearbeiteten Regenguss über dem Römersteinbruch Margarethen.

Neben Wind und Wetter ist die Gotteserscheinung selbst in “Superwelt” kein grelles Spektakel. Die Stimme von oben schleicht sich leise ein in das Leben einer an sich zufriedenen Frau, die bis dahin nicht wusste – oder nicht wahrhaben wollte -, dass ihr in ihrem Alltagstrott etwas fehlte. Hörbar ist Gabis Gott weder für ihre Nächsten noch für die Zuseher. Aber er ist sichtbar: im Gesicht der grandiosen Ulrike Beimpold, die in ihrer ersten Kinohauptrolle scheinbar ohne Anstrengung zwischen Irritation, Wahnsinn, innerer Gelassenheit und Verzweiflung changiert.

Und er bekommt nach dem anfänglichen Schockzustand die Wut seiner Auserwählten zu spüren: Was ihm einfalle, plötzlich aufzutauchen und mit ihren Gefühlen zu spielen, fragt sie, um sich schließlich doch wieder ihrem Leben zuzuwenden. Die daraus resultierende, zutiefst emotionale Annäherung mit ihrem bis dato distanzierten Ehemann bildet das intensive, noch lange nachwirkende Ende eines nicht weniger als Gott und die Welt verhandelnden, nachdenklich stimmenden Films, der vielmehr von Gabis Begegnung mit sich selbst als mit Gott zu erzählen weiß.

Nach der Cannes-Premiere von “Atmen” (2011), der danach zu mehr als 50 Festivals eingeladen wurde, knapp 20 Preise einheimste und fast 95.000 heimische Kinobesucher zählte, erhält auch Markovics’ Zweitwerk mit der Premiere in Berlin einen feierlichen Startschuss, der sich mit Programmierung als Diagonale-Eröffnungsfilm (17. März) fortsetzen wird. Ein ähnlicher Erfolgsverlauf ist zu erwarten – und dem Regisseur ebenso wie seinen Protagonisten zu wünschen.

(APA)

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