Südtiroler Schützen marschierten in Bozen für eine "Zukunft ohne Rom"

Neben der Verlesung eines “Unabhängigkeitsmanifests” hielt der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes, Elmar Thaler, eine “Freiheitsrede”. Am Marsch nahmen auch Vertreter aus dem Trentino, Nord- und Osttirol teil. Die zweistündige Veranstaltung verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle.
Südtirol zurück zum “Vaterland Österreich”?
“93 Jahre nach der gewaltsamen Abtrennung unserer Heimat vom Vaterland Österreich wollen wir uns die Forderung unserer Vorfahren zu eigen machen und der Welt zurufen: Es ist unser Wunsch und Wille, dass unser Heimatland Südtirol, das aus sprachlichen, kulturellen und historischen Gesichtspunkten nicht dem italienischem Kulturraum angehört, über seine Zukunft selbst entscheidet. Durch einen internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, (…) ist das Recht auf Selbstbestimmung eindeutig festgeschrieben. (…) Wir fordern deshalb die Unabhängigkeit und Freiheit und den Südtiroler Landtag dazu auf, alles notwendige in die Wege zu leiten”, hieß es in dem “Unabhängigkeitsmanifest”.
Vergleich mit Wiedervereinigung Deutschlands
Zuvor hatten Schützen aus unterschiedlichen Abordnungen die durch eine Loslösung von Rom möglichen Vorteile in den Bereichen Kultur, Soziales und Wirtschaft angeführt und zu den Themen faschistische Relikte, Demokratie, Ladiner, Selbstbestimmungsrecht und Unabhängigkeitsbeispiele gesprochen. So bedeute eine Unabhängigkeit von Italien beispielsweise, dass Südtirol seine eigene kulturelle Entwicklung besser dem hohen Standard in Österreich und in anderen europäischen Ländern angleichen könne. Zudem seien die wirtschaftlichen Probleme Italiens eine große Gefahr auch für die Sozialleistungen der Bürger. Die faschistischen Relikte in Italien seien ein Hinweis auf gefährlichen Chauvinismus und zeugten davon, dass der Staat nicht reif für ein modernes Europa sei, meinten einige Mitglieder. Auch ein Vergleich mit dem Fall der Berliner Mauer wurde gezogen: “So wie im Sommer 1989 echte Grenzen in Deutschland fielen, werden auch die Grenzen, die heute noch Tirol spalten, fallen. Ohne einen Schuss, ohne einen Bürgerkrieg.”
“Wir wollen Freiheit”
“Wir sind zusammengekommen, um nach Jahrzehnten der Abhängigkeit von einem fremden Staat friedlich und im Geiste europäischer Einigkeit, die nächsten Schritte für eine erfolgreiche und sichere Zukunft unseres Landes einzufordern”, sagte Thaler zu Beginn seiner “Freiheitsrede”. Schließlich hätten sie es satt, sich zu fragen, was passieren werde, wenn die Dinge in Rom so oder anders liefen. Sie hätten es satt, an einen Staat, der mit Südtirol nichts gemein habe, gebunden zu sein und im schlimmsten Fall mit ihm unterzugehen. “Wir, wir wollen die Freiheit!”, forderte der Schützenbundkommandant.
Seiner Aussage nach verfolge der Schützenbund keine politischen Zwecke, sondern volkstumspolitische Anliegen. Er wolle keinem der Lösungsansätze der deutschen Parteien in Südtirol, der von der SVP forcierten “Vollautonomie”, des von den Freiheitlichen vorgeschlagenen “Freistaates”, der von der “Süd-Tiroler Freiheit” vorgeschlagenen Rückkehr zu Österreich oder der von der Bürgerunion angeregten “Wiedervereinigung Tirols”, den Vorzug gegeben. “Aus allem resultiert unser Herzenswunsch: Der Abschied von Italien”, appellierte Thaler einmal mehr und richtete das Wort an die zuständigen Politiker, dass sich etwas bewegen müsse.
FPÖ bei Marsch
Mit ihrer Teilnahme zeigten auch der Tiroler Landesschützenkommandant, Fritz Tiefenthaler, und sein Trentiner Kamerad, Paolo Dalpra, ihre Unterstützung und Solidarität. Sie führten gemeinsam mit Thaler den “Freiheitsmarsch” an. Aus Tirol waren rund 250 Schützen nach Bozen gefahren. Mit LAbg. Sven Knoll, LAbg. Eva Klotz (beide “Süd-Tiroler Freiheit”) und dem freiheitlichen Südtirol-Sprecher Abg. Werner Neubauer war die Politik zugegen. Aus der italienischen Region Venetien war eine Abordnung der “Liga Veneto” vor Ort.
Die Südtiroler Volkspartei (SVP) hatte nach einem Schlagabtausch mit den Schützen bereits Anfang des Monats eine Beteiligung am “Freiheitsmarsch” ausgeschlossen. Mit Marschieren würden keine Probleme gelöst, hatte Parteiobmann, LR Richard Theiner, gemeint. Dennoch war Theiner am Samstag für mehr Eigenständigkeit und Eigenverantwortung von Südtirol im Einsatz gestanden. Er unterzeichnete in Trient mit vier weiteren Autonomieparteien (PATT, Union Valdotaine, Union Autonomista Ladina, Slovenska Skupnost) einen “Pakt für die Zukunft”. Dessen Ziel sei es, sich gemeinsam für eine verbesserte Zusammenarbeit zugunsten der Autonomien sowie für die Umsetzung der Vollautonomie einzusetzen. Durch einen verstärkten Austausch zwischen den Autonomieparteien solle auf Staatsebene stärker aufgetreten werden, um die eigenen Interessen einfordern zu können, hieß es in einer Presseaussendung.
Rund 200 Polizisten und Carabinieri sorgten für einen störungsfreien Ablauf der Veranstaltung. Mit Parolen, wie “Freiheit für Südtirol”, “Landeseinheit – Los von Rom” und “Für uns und unsere Kinder” auf Bannern und Plakaten zog der Tross durch die Südtiroler Landeshauptstadt. Wegen der Veranstaltung waren in Bozen für vier Stunden mehrere Plätze und Straßen gesperrt.
(APA)