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Sudan: Kein "Völkermord"-Vorwurf

Nach wochenlangem diplomatischen Ringen hat sich der UNO-Sicherheitsrat auf eine Resolution verständigt, mit der die Entwaffnung der Milizen innerhalb von 30 Tagen gefordert wird.

Den USA, Deutschland und weiteren westlichen Ländern gelang es jedoch nicht, den formellen Vorwurf eines vor sich gehenden „Völkermords“ in der Region Darfur durchzusetzen. Dem Sudan werden mit der Resolution, deren Annahme an diesem Freitag als sicher galt, statt konkreten Sanktionen unbestimmte „Maßnahmen“ angedroht, über die noch zu beraten wäre.

Angesichts des beharrlichen Widerstandes von sechs der 15 Mitgliedstaaten des Sicherheitsrates hatten die USA ihren Resolutionsentwurf nach einer weiteren Konsultationsrunde in der Nacht zum Donnerstag ein drittes Mal abgeschwächt. „Erst dadurch wurde ein Kompromiss mit Unterstützern der sudanesischen Regierung im Rat möglich“, sagte ein westlicher UNO-Diplomat.

Am stärksten habe sich Pakistan „in islamischer Solidarität“ gegen den Vorwurf des Völkermords an der schwarzafrikanischen Bevölkerung Darfurs gewehrt, wie ihn zuvor der US-Kongress erhoben hatte. Dagegen sowie auch gegen die Androhung konkreter Sanktionen für den Fall, dass die sudanesische Regierung die arabischen Janjaweed-Milizen nicht innerhalb von 30 Tagen entwaffnet, waren auch Russland und China sowie Algerien, Angola und Benin aufgetreten.

In der Resolution werde aber auf die „ethnische Dimension“ des Konflikts aufmerksam gemacht, in dem die arabischen Milizen mit Massenmorden und Vergewaltigungen hunderttausende schwarzafrikanische Sudanesen aus ihren Dörfern in Darfur vertrieben haben. Nach Einschätzung von UNO-Diplomaten spielten für die Russen und Chinesen, die Zweifel an der Wirksamkeit von nur schwer durchsetzbaren UNO-Sanktionen geltend machten, auch wirtschaftliche Interessen im ölreichen Sudan eine Rolle.

Die Forderung des Sicherheitsrates nach Entwaffnung der Milizen gilt nach Angaben von Diplomaten allerdings nicht nur für die arabischen Milizen, sondern auch für die zwei schwarzafrikanischen Rebellenbewegungen in Darfur, die sich „Sudan Liberation Movement“ und „Justice and Equality Movement“ nennen. Sie hatten Anfang des vergangenen Jahres zu den Waffen gegriffen, um mehr Landrechte und einen stärkeren Zugriff auf Ressourcen der Region zu erkämpfen. Daraufhin entfachten die mit der Regierung verbündeten Janjaweed eine Mordkampagne zur „ethnischen Säuberung“ der Region von Menschen schwarzafrikanischer Herkunft.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan forderte angesichts der Notlage hunderttausender Menschen in Darfur europäische und arabische Regierungen zur Bereitstellung von mehr Hilfsgeldern auf. Annan nahm am Donnerstag an einem Gipfeltreffen von westafrikanischen Staatschefs in Accra teil. Dabei forderte er eindringlich zum Einhalten des Friedensabkommens für die Elfenbeinküste auf.

Bewaffnete Milizen haben unterdessen laut einem Bericht eines Beobachterteams der Afrikanischen Union (AU) in der sudanesischen Region Darfur neue Massaker angerichtet. Ein Dorf sei vollständig niedergebrannt worden, in einer weiteren Ortschaft hätten die Milizionäre wahllos Zivilisten aneinander gekettet und anschließend angezündet. Zu den Gräueltaten sei es Anfang des Monats gekommen, heißt es in dem Bericht, der dem Friedens- und Sicherheitsrat der AU vermutlich bereits am Dienstag vorgelegt wurde.

Die AU hat bisher 80 Beobachter in den Sudan entsandt. Sie sollen die Einhaltung eines im April geschlossenen Waffenstillstandsabkommens zwischen der Regierung und Rebellenbewegungen überwachen. Die Entsendung von Soldaten zum Schutz ihrer Beobachter in Darfur hat die AU verschoben. Die Schutztruppe werde nicht wie geplant Ende Juli, sondern erst Anfang August geschickt, sagte ein AU-Vertreter am Donnerstag am Sitz der Organisation im äthiopischen Addis Abeba. Nigeria und Ruanda, die zusammen etwa 300 Soldaten stellen wollen, prüften derzeit noch die Größe ihrer Kontingente.

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