Zur Vertrauensabstimmung entschloss sich Berlusconi, nachdem die Fini-Fraktion Zukunft und Freiheit in Italien (FLI) damit gedroht hatte, dem Parlament eine eigene Erklärung vorzulegen, weil der Premierminister sie nicht zu Konsultationen über das Regierungsprogramm einberufen hatte. Der Premierminister weigert sich hartnäckig, die “Finianer” neben seiner konservativen Partei Popolo della Libertá (PdL – Volk der Freiheit) und der rechtspopulistischen Lega Nord als drittes “Bein” der Mitte-Rechts-Allianz anzuerkennen.
Streitpunkt Nummer eins zwischen dem Regierungschef und den Fini-Anhängern bleibt die Justizreform. Die “Finianer” wehren sich gegen Berlusconis Pläne, die Prozessdauer in Italien auf sechs Jahre zu verkürzen, was zur Verjährung tausender Prozesse führen würde. FLI-Sprecher Italo Bocchino versicherte jedoch, dass die Fini-Abgeordneten für die Regierung stimmen werden.
Vor seiner Regierungserklärung tagte Berlusconi noch mit den Spitzenpolitikern seiner Partei, um die Strategie für die nächsten Tagen zu definieren. Nach der Regierungserklärung und der Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer wird sich der Premierminister am Donnerstag dem Votum im Senat unterziehen.
Oppositionschef Pierluigi Bersani beschuldigte Berlusconi, mit dem Versprechen von prestigereichen Ämtern Parlamentarier der Opposition in sein Lager zu locken. Fünf Parlamentarier der christdemokratischen UDC und der Zentrumspartei Alleanza per l’Italia (API – Allianz für Italien) haben ihre Gruppierungen verlassen, die im Parlament gegen Berlusconi stimmen wollen, um sich der gemischten Fraktion anzuschließen. Sie wollen damit freie Hand haben, um für die Regierung zu stimmen.