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Studie zu Wiener Islam-Kindergärten präsentiert

Heute wurde die Studie veröffentlicht.
Heute wurde die Studie veröffentlicht. ©Screenshot ZiB2
Die lang erwartete Studie zu den Wiener Islam-Kindergärten ist am Donnerstag präsentiert worden. Sie zeigt, dass die Religion zunehmend aus den Einrichtungen gedrängt wurde. "Wir können sehr klar nachweisen, dass es insbesondere seit 2015 einen dramatischen Rückgang von Religion, vor allem in Einrichtungen, die einen Bezug zum Islam haben, gibt", sagte Henning Schluß von der Universität Wien.

Die Diskussion, die nach der 2015 veröffentlichten Pilotstudie von Ednan Aslan ausbrach, habe zu einer solchen Stigmatisierung von islamischen Kindergärten und -gruppen geführt, dass diese entweder von sich aus alle Bezüge zum Islam im Alltag der Einrichtungen kappten bzw. von der Aufsicht massiv darauf hingewiesen wurden. Das sei keine positive Entwicklung, sondern “bedenklich”, argumentierte Schluß, der die Ergebnisse der Studie gemeinsam mit weiteren Vertretern des sechsköpfigen Wissenschaftsteams präsentierte.

“Der Islam wandert aus den Kindergärten und Kindergruppen heraus, in einen Bereich, der pädagogisch nicht mehr verantwortet werden kann”, konstatierte Schluß. Die Forderung, alles Religiöse aus den Kindergärten zu entfernen, sei der Elementarpädagogik und den Kindern nicht zuträglich, sagte auch Nina Hover-Reisner von der FH Campus Wien.

“Haben es nicht mit Abspaltung zu tun”

Untersucht wurde auch, ob islamische Kindergärten zur Bildung von Parallelgesellschaften beitragen. Hier sähen die Ergebnisse anders aus, als man sie wahrscheinlich erwartet habe, meinte Schluß. “Sie sind manchmal ein Sammelbecken für diejenigen, die woanders keinen Platz finden und nicht aufgenommen werden”, sagte er. “Wir haben es also nicht mit Abspaltung, sondern mit Ausgrenzung zu tun.”

Das liege teilweise an zu hohen Beiträgen, die sich sozial schwächere Familien nicht leisten könnten, oder auch daran, dass in Kindergärten der Stadt Wien Kinder oft nur einen Platz finden würden, wenn beide Eltern arbeiten. Aber auch “subtile Mechanismen der Ausgrenzung”, etwa wenn kein Essen angeboten wird, dass den islamischen Speisevorschriften entspricht, beobachteten die Forscher.

Grundsätzlich wurde – nicht nur bei islamischen Kindergärten – ein Mangel an gut ausgebildetem Personal festgestellt. Defizite konstatierten die Studienautoren auch bei der Sprachvermittlung. Gerade islamische Einrichtungen betonten, dass bei ihnen ausschließlich Deutsch gesprochen werde, sagte Henning. “Was wir oft gesehen haben, ist eine Spracharmut”, sagte er.

Zwei Teilprojekte

Für das Erlernen einer Zweitsprache sei jedoch das Beherrschen der Erstsprache die wichtigste Voraussetzung. “Dringend notwendig” sei es auch, einen religionspädagogischen Bildungsplan für den Islam zu erarbeiten. Die Probleme hätten in der Regel aber wenig mit islamischen Einrichtungen zu tun. “Problematische Einzelfälle” fänden sich in den Handakten immer wieder, sagte Schluß. “In allen möglichen Einrichtungen gibt es Eltern, die austicken, das hat mit Religion soviel zu tun wie damit, ob man Brillenträger ist”, meinte er.

Die Studie wurde in Form von zwei Teilprojekten durchgeführt. Aslan war für die Analyse der Trägerorganisationen bzw. der Betreiber sowie die Erwartungen muslimischer Eltern verantwortlich. Er identifizierte anhand von sieben Kriterien 166 Kindergärten (von 77 Betreibern) und 338 Kindergruppen (von 125 Betreibern) als islamisch. Von letzteren seien 110 auf vier, fünf Personen zurückzuführen, die seiner Ansicht nach den politischen Islam in Österreich betreiben würden. Ob diese politische Orientierung auch in den Einrichtungen wirke, könne er nicht sagen.

Religion zu vertreiben sei keine Lösung

Die Institutionen hätten unterschiedlich auf die verschärften Kontrollen durch die Stadt reagiert, sagte Aslan. Während ein Teil religiöse Erziehung und Koranunterricht ohne bestimmten Rahmenplan weiterhin anbiete, habe ein anderer Teil die religiöse Erziehung in Sonderprogramme außerhalb der Öffnungszeiten bzw. an Wochenenden verschoben. “Was die Stellung der religiösen Erziehung in den Einrichtungen betrifft, hat die Stadt kein wirksames Konzept”, kritisierte Aslan. “Allein Religion aus diesen Einrichtungen zu vertreiben, ist nicht die Lösung.”

Die Studie wurde von einem sechsköpfigen Wissenschaftsgremium der Uni Wien und der FH Campus Wien erstellt. Beauftragt wurde das Forschungswerk 2015 gemeinsam vom Integrationsministerium und der Stadt Wien. Grund war eine kleinere, nur vom Ministerium beauftragte Untersuchung Aslans, die teils massive Probleme in Islamischen Kindergärten konstatiert hatte. Aslan wurde allerdings vorgeworfen, bei seiner Arbeit wissenschaftliche Standards nicht eingehalten zu haben. Ein Uni-Gremium prüfte die Beschuldigungen. Es stellte zwar kein expliziertes Fehlverhalten fest, ortete aber zahlreiche Mängel methodischer Art.

Für die umfassendere, am Donnerstag präsentierte Studie wurde ein Fragebogen an 1.445 Wiener Kindergärten und Kindergruppen verschickt, etwa die Hälfte beantwortete diesen. Außerdem wurden Gruppendiskussionen mit Pädagogen geführt, Beobachtungen in den Einrichtungen durchgeführt und die bei den Kontrollen durch die Stadt angelegten Handakten analysiert.

(APA)

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