Studie zeigt: Österreicher gegen finanzielle Hilfe für andere Länder in Coronakrise

Die Österreicher wollen keine finanzielle Mehrbelastung, um anderen Ländern bei der Bewältigung der Coronakrise zu helfen. Das ergibt eine Studie der Universität Wien. Über 50 Prozent der mehr als 1.559 Befragten lehnt höhere EU-Mitgliedsbeiträge ganz oder eher ab. Bei der Frage nach nationalen versus europäischen Lösungen insgesamt ist die Bevölkerung sehr gespalten.
Europäisches Krisenmanagement gewünscht und abgelehnt
Während sich ein Teil der Bevölkerung mehr europäisches Krisenmanagement wünscht, lehnen andere genau dieses ab. Ebenso verhält es sich bei Grenzkontrollen und Ausfuhrstopps, schreiben die Studienautoren Julia Partheymüller, Mariyana Angelova und Nico Büttner.
Die Spaltung verlaufe dabei entlang des ideologischen Links-Rechts-Spektrums. Während man sich links der Mitte für europäische und gegen nationale Lösungen ausspricht, ist es bei ideologisch rechts stehenden Personen umgekehrt. In der ideologischen Mitte hängt die Präferenz von der Gefahrenwahrnehmung ab, wobei bei hoher Bedrohung nationale Lösungen bevorzugt werden.
Auch Grenzkontrollen sorgen für Dissens
Auch bei der Frage, ob offene Grenzen die Sicherheit in Österreich bedrohen und Grenzkontrollen deshalb dauerhaft nötig sind, herrscht Dissens. Zwar sei hier die Zustimmung zu dauerhaften Grenzkontrollen tendenziell etwas höher (mit über 40 Prozent) als die Ablehnung (mehr als 30 Prozent), jedoch ebenfalls ohne dass es eine Mehrheit für die eine oder andere Seite gibt.
Die Studienautoren schließen aus der Anfang April durchgeführten Umfrage, dass die finanzielle Frage "soweit der kritischste Punkt zu sein scheint, der am meisten Ablehnung erfährt". Bei den meisten anderen Fragen herrsche große Uneinigkeit in der Bevölkerung. Bei gleichbleibend hoher Gefahreneinschätzung sei davon auszugehen, dass die nationale Krisenpolitik weiterhin dominieren werde. "Ob vor diesem Hintergrund bereits ein Durchbruch zu einem tragfähigen Kompromiss in Finanzierungsfragen beim nächsten EU-Gipfel möglich sein wird, bleibt angesichts dieser Ergebnisse abzuwarten."
Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft ungebrochen
Obwohl das nationale Krisenmanagement gegen die Corona-Pandemie im Zentrum steht, halten die Österreicher mit großer Mehrheit an der EU-Mitgliedschaft fest. 73 Prozent sprechen sich aktuell dafür aus, dass Österreich Mitglied der EU bleiben soll, wie aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) hervorgeht.
Für die österreichweite Umfrage wurden vom 30. März bis 14. April 512 Personen per Telefon befragt. Gegenüber der bisher letzten Vergleichsumfrage vom Dezember 2019 ist die Zahl der EU-Befürworter um zwei Prozentpunkte zurückgegangen. 13 Prozent plädieren nunmehr für einen Austritt aus der Europäischen Union, ein Plus von fünf Prozentpunkten gegenüber Dezember. 15 Prozent beziehen keine Stellung.
EU soll global stärker agieren
Laut der Umfrage sind die Österreicher geteilter Meinung, was die Höhe des künftigen EU-Haushalts betrifft. 29 Prozent wünschen sich eine Erhöhung, ebenso 29 Prozent eine Reduktion. 42 Prozent geben an, dass die Höhe des derzeitigen EU-Budgets ausreichend ist, um die anstehenden Herausforderungen bewältigen zu können. Fast neun von zehn Befragten (87 Prozent) halten es für notwendig, dass sich die Europäische Union "im wirtschaftlichen Bereich" global stärker engagiert.
Wifo-Chef: Bei Coronahilfen auch Vorteile für Österreich
Beim EU-Gipfel wird Donnerstag um weitere riesige Coronahilfen gerangelt. Wifo-Chef Christoph Badelt hegt bei "Gipfeln dieser Art" keine Erwartungen, das habe er sich abgewöhnt, aber: "Ich glaube schon, dass es auch für Österreich Vorteile haben könnte, wenn über den EU-Umweg Mittel fließen." Hilfen etwa an Italien hätten Relevanz, da es sich um einen besonders wichtigen Handelspartner handle.
"Es besteht kein Zweifel daran, dass man Italien nicht einfach versinken lassen kann", sagte Badelt am Rande einer Digi-Pressekonferenz am Donnerstag. In erster Linie handle es sich aber um "ein politisches Pokerspiel" darum, wie die Hilfen ausschauen werden.
Die EU-Staats- und Regierungschefs ringen am heutigen Donnerstag um neue Hilfen im Rahmen eines Wiederaufbaufonds in Höhe von 1,5 Billionen Euro. Bereits beschlossen ist ein 540 Milliarden Euro schweres Rettungspaket.
(APA/Red)