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Studie: Vorsorge der Vorarlberger

Nicht nur für ältere Menschen, auch für junge Menschen ist Vorsorge wichtig.

Eine aktuelle Studie der Österreichischen Notariatskammer1 zeigt, wie die Vorarlber-ger rechtlich vorsorgen. Die Bekanntheit der Vorsorgevollmacht, um im Alter oder bei Krankheit von einer Vertrauensperson eigener Wahl unterstützt zu werden, ist gestie-gen. Jeder Vierte denkt darüber nach, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Dr. Richard Forster, Notar in Feldkirch, erklärt, warum die Vorsorgevollmacht ein gutes Instrument der Selbstbestimmung ist.

Herr Dr. Forster, Selbständigkeit und Selbstbestimmung haben einen hohen Stellenwert in unserer Ge-sellschaft. Wie können wir sie uns möglichst lange bewahren?

Notar Dr. Forster: Nicht nur für ältere Menschen: Auch in jungen Jahren kann durch eine un-vorhersehbare Erkrankung oder durch einen Unfall Vorsorge mit einem Schlag wichtig werden. Mit einer Vorsorgevollmacht kann man schon vorab jene Person oder Personen festlegen, die einen im Fall des Eintrittes der Entscheidungsunfähigkeit – sei es vorübergehend oder auf Dauer – vertreten sollen. Sie stellt eine umfassende Vollmacht dar und kann für sämtliche Be-reiche, seien es etwa medizinische oder auch wirtschaftliche Angelegenheiten, erteilt werden. Ihr Vorteil ist, dass man sie maßgeschneidert erstellen kann. Man kann beispielsweise eine Person als Vertreter in medizinischen Angelegenheiten vorsehen und eine andere mit der Vermögensverwaltung betrauen. Und auch inhaltlich lässt sich genau festlegen, wie die Vertretung zu erfolgen hat.

Wie lange ist eine Vorsorgevollmacht gültig?

Die Vorsorgevollmacht entfaltet ihre Wirksamkeit erst zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Vollmachtgeber entscheidungsunfähig geworden ist. Eine Vorsorgevollmacht ist unbegrenzt gültig, kann aber jederzeit widerrufen werden. Sie erlischt, sobald die Geschäftsfähigkeit wiederhergestellt ist. 40 Prozent der Vorarlberger meinen, dass Eltern eine Vorsorgevollmacht verfassen sollten, spätestens wenn Kinder kommen. Wann ist aus Ihrer Sicht der ideale Zeitpunkt für eine Vorsorgevollmacht im Leben eines Menschen? Es gilt der gleiche Grundsatz wie beim Testament. Man kann eine Vorsorgevollmacht nie zu früh erstellen. Je früher, desto besser.

23 Prozent der Vorarlberger, die keine Vorsorgevollmacht haben, denken darüber nach, eine solche zu erstellen. 35 Prozent kontaktieren einen Notar und lassen sich beraten. 23 Prozent fragen Verwandte und Freunde, 20 Prozent suchen sich eine Internet-Vorlage. Was spricht dafür, sich an einen Notar zu wenden?

Vorsorgevollmachten sind der höchste Vertrauensbeweis, den man einem Menschen geben kann. Sie müssen genau auf die jeweilige persönliche Situation angepasst werden. Will man mehrere Bevollmächtigte einsetzen? Darf jeder Vollmachtnehmer alles machen? Eine umfassende und kompetente Unterstützung durch den Notar hilft, dass eine gültige Vorsorgevoll-macht errichtet wird und dass spätere Rechtstreitigkeiten vermieden und dadurch Kosten gespart werden. Neu seit Inkrafttreten des neuen Erwachsenenschutzrechtes am 1. Juli 2018 ist, dass die Vorsorgevollmacht nicht mehr anhand von Vorlagen selbst wirksam verfasst werden kann. Diese kann nur durch einen Notar oder Rechtsanwalt oder (eingeschränkt) durch einen Erwachsenenschutzverein rechtswirksam erstellt werden.

Wie findet man eine Vorsorgevollmacht im Ernstfall?

Jede Vorsorgevollmacht, die errichtet wird, kann im österreichischen Zentralen Vertretungs-verzeichnis, ÖZVV, registriert werden. Im ÖZVV sind derzeit rund 122.000 Vorsorgevollmachten registriert. Damit soll sichergestellt werden, dass sie gefunden werden kann. Verliert man das Dokument, kann – insoweit die Errichtung der Vorsorgevollmacht in Form eines Notariatsaktes erfolgte – ein Ersatz ausgestellt werden. Das Register ist auch für Gerichte und Sozialversicherungsträger einsehbar, sodass diese wissen, an wen sie sich wenden können.

Den Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung kennen laut eigenen An-gaben mehr als 45 Prozent der Vorarlberger. Welche Vorzüge hat eine Vorsorgevollmacht mit Vergleich zur Patientenverfügung?

Die verbindliche Patientenverfügung ist eine schriftliche Erklärung, dass bestimmte medizinische Maßnahmen nicht durchgeführt werden sollen. Wenn alle Formvorschriften eingehalten werden, ist die Patientenverfügung derzeit fünf Jahre (künftig acht Jahre) lang für den jeweiligen behandelnden Arzt verbindlich. Die Vorsorgevollmacht ist im Vergleich dazu eine umfassende Vollmacht und nicht nur, wie die Patientenverfügung, auf medizinische Entscheidungen eingeschränkt.

Wie findet man die Patientenverfügung?

Jede Patientenverfügung, die bei einem Notar errichtet wird, kann auf Wunsch ins Patientenverfügungsregister des österreichischen Notariats eingetragen werden. Dieses Register wird von der Notariatskammer in Kooperation mit dem Österreichischen Roten Kreuz geführt.

Sind die Vorarlberger besonders aufmerksam, wenn um das Thema Vorsorge geht?

Nur sechs Prozent der Vorarlberger haben laut aktueller Studie der Notariatskammer keine persönlichen Vorsorgemaßnahmen getroffen. Zum Vergleich: in Wien lebt ein Viertel der Bewohner ohne Vorsorge. Österreichweit sind es 15 Prozent.

Rechtliche Vorsorge durch Testament, Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht ist ein wichtiger Beitrag, um Erbstreitigkeiten unter den Hinterbliebenen vorzubeugen und um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein. Hier gibt es aus meiner Erfahrung noch viel Potenzial.

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