Derzeit würden in Österreich 1.620 Personen ein Psychologie-Studium beginnen, in Deutschland seien es bei zehnfacher Einwohnerzahl 3.500, heißt es weiter. Die eben in Kraft getretene Novelle des Universitätsgesetzes (UG) würde für Österreich sogar eine Steigerung bis 2.300 Studienanfänger pro Jahr ermöglichen – das wären bei fünf Studienstandorten zwei Drittel der Zahl der Studienanfänger in Deutschland mit künftig 47 Standorten.
Die Psychologie an der Uni Klagenfurt betreue mit einem Personalstand von 15 Wissenschaftern, darunter auch solche in Ausbildung, fast 1.500 Studenten, rund 100 Absolventen und nicht weniger als 230 Studienanfänger jährlich, so Vitouch. Trotz einer Drop-Out-Rate von 60 Prozent sei die Absolventenzahl “nur unter gröbster Vernachlässigung anderer Aufgaben (Forschung, Drittmittel, Nachwuchsförderung,…) und unter verheerenden Qualitätsabstrichen zu bewältigen”. Stünde die Uni Klagenfurt in Deutschland, hätte man bei gleichem Personalstand nicht mindestens 230 Anfänger, sondern laut dortiger Kapazitätsverordnung 35.
Für Vitouch ist “schmerzlich bekannt”, dass “die österreichische Facon des freien Zugangs’ hinsichtlich der sozialen Durchmischung höchst unzufriedenstellende Resultate erbringt”. Das wahre Problem liege im viel zu früh segregierenden Schulsystem. Zugleich spielten die in anderen Ländern “völlig selbstverständlichen ‘affirmative-action-Ansätze’ (Vorzugsquotierung für Studierende aus sog. “bildungsfernen Schichten”) in der österreichischen Debatte überhaupt keine Rolle”. “Es werden also mit erwiesenermaßen untauglichen Mitteln, und zum Schaden aller, unerreicht bleibende Ziele verfolgt”, so Vitouch. Resultat seien “Chaos, Frustration, Burnout, Dropout, Plagiate, Als-ob-Betreuungen (“Durchwinken”) und gestohlene Lebenszeit junger Leute”.
Eine “rein ausgabenseitige Sanierung” unter Wahrung des freien Zugangs ist für Vitouch kaum möglich. Welchen Lösungszugang man auch vertrete: “Es ist hoffentlich offensichtlich, dass irgend etwas geschehen muss.” Man könne sich nicht jahrzehntelang hinter rein symbolischer Politik, nämlich “dem angeblichen freien Zugang, verstecken”. Die Arbeits- und Studienbedingungen in der Psychologie seien “ein prototypischer Fall von Staatsversagen.” Fischer dürfe “nicht zulassen, dass die drastischen Probleme ein weiteres Mal unter den Teppich gekehrt werden”.