Strommarkt: Unternehmerverband will Kartellprüfung

Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden müssten die Strom-Preisbildungsprozesse auf Marktmachtmissbrauch untersuchen, so "Senats"-Vorsitzender Hans Harrer am Freitag bei einer Veranstaltung mit dem Wiener Anwalt Georg Zanger in Wien.
Unternehmerverband will Kartellprüfung des Strommarktes
"Landesenergieversorger und die Verbund AG beherrschen den heimischen Energiemarkt und richten ihre Preisgestaltung nicht am eigenen Beschaffungsportfolio, sondern kurzfristigen Spotpreisen aus", kritisierte Harrer. Der "Senat der Wirtschaft" unterstützt das gerichtliche Vorgehen der Rechtsanwaltskanzlei Zanger gegen Stromversorger wegen potenzieller Kartellbildung und Marktmachtmissbrauch und empfiehlt Unternehmen "die offensichtlich überhöhten Energiepreise" zurückzufordern.
Die Kanzlei Zanger hat heute, Freitag, beim Handelsgericht Wien eine erste Klage eines Energie-Endkunden eingebracht, die sich auf das Kartellrecht stützt. Es geht um den Ökostromtarif für Privathaushalte der Wien Energie. Unternehmerklagen sollen in Kürze folgen, hieß es von der Rechtsanwaltskanzlei auf APA-Nachfrage. In der Strompreis-Causa kooperiert die Kanzlei mit dem Prozessfinanzierer Padronus.
Anwalt setzt Hoffnung auf nicht rechtskräftiges Urteil
Große Hoffnung setzt der Anwalt auf ein aktuelles nicht rechtskräftiges Urteil: Das Handelsgericht Wien hatte im Februar die Preiserhöhung des teilstaatlichen Stromkonzerns Verbund vom Mai 2022 gekippt. Die Klausel zur Anpassung des Strom-Arbeitspreises sei überraschend und nachteilig für die Kundinnen und Kunden, hieß es vom Verein für Konsumenteninformation (VKI), der im Auftrag des Sozialministeriums geklagt hatte. Der Verbund kündigte Rechtsmittel an.
Zanger verwies auf relevante Passage des Entscheids
Zanger verwies auf eine für ihn besonders relevante Passage des Entscheids: "Werden die Strommengen nicht tatsächlich an der EEX erworben, sondern konzernintern erzeugt, ist ein Index, der den ÖSPI als Berechnungsgrundlage heranzieht, nicht sachgerecht, um die subjektiven Äquivalenz des Vertrages beizubehalten", heißt es im Handelsgericht-Urteil. Laut dem Anwalt haben alle heimischen Energieunternehmen den österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) als Tarif-Berechnungsgrundlage in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) angeführt. Dies sei Marktmissbrauch, weil kein Anbieter - auch wenn die Stromeigenproduktion durch Wasserkraft sehr hoch sei - einen niedrigeren Preis anbieten werde.
Die Rechtsanwaltskanzlei hatte bereits Mitte Dezember eine Strommarkt-Sachverhaltsdarstellung bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission in Brüssel eingebracht. Man habe "erhebliche wettbewerbsrechtliche Bedenken" hinsichtlich des an der Börse eingesetzten Preiskopplungsalgorithmus Euphemia angeführt. Es bestehe "der Verdacht, dass ein digitales Kartell zu Höchstpreisen" führe.
(APA/Red)