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Streit um Embryonenforschung

In der EU dürfte das derzeitige Moratorium für die Förderung der Forschung an embryonalen Stammzellen auslaufen, ohne dass eine einheitliche Regelung zu Stande kommt.

Den Forschungsministern der 15 EU-Staaten gelang es am Mittwoch in Brüssel nicht, sich auf entsprechende Prinzipien zu einigen. Ein Kompromissvorschlag des italienischen EU-Vorsitzes fand keine Mehrheit, wie EU-Diplomaten nach der Sitzung mitteilten. Großbritannien, Frankreich, Dänemark, Finnland, Schweden, die Niederlande, Griechenland und Irland lehnten den Vorschlag als zu einschränkend ab.

EU-Forschungskommissar Philippe Busquin sagte, die Kommission werde „die Entwicklung von menschlichen Stammzellen weiter prüfen“. Ein Sprecher der Brüsseler Behörde sagte auf Anfrage der APA: „Wir erwarten nicht, dass das Moratorium formell verlängert wird.“ Ohne eine Entscheidung der Mitgliedstaaten werde die Kommission entsprechende Projekte dem zuständigen Fachausschuss für das 6. EU-Forschungsrahmenprogramm vorlegen, fügte er hinzu. In dem Ausschuss könnten Projekte zur Embryonenforschung nur mit einer qualifizierter Mehrheit der Mitgliedstaaten abgelehnt werden. Diese zeichnet sich allerdings nicht ab.

Nach dem Scheitern der Verhandlungen hatte Bildungsministerin Elisabeth Geherer (V) erklärt, sie gehe davon aus, dass das Moratorium bis auf weiteres gelte. Ähnlich hatten deutsche Delegationsmitglieder argumentiert. Einen mehrheitsfähigen Kompromiss für eine EU-weite Regelung müsse nun die bevorstehende irische Ratspräsidentschaft finden. Aus irischen Delegationskreisen hieß es allerdings, man sehe derzeit keine Möglichkeit eine Einigung in der EU herbeizuführen und werde deshalb auch keine neuen Vorschläge auf den Tisch legen.

Laut dem am Mittwoch abgelehnten Kompromiss der italienischen EU-Ratspräsidentschaft sollten nur solche Projekte EU-Gelder erhalten, die mit Stammzellen und Stammzelllinien arbeiten, die vor dem heutigen Tag aus menschlichen Embryonen gewonnen wurden. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V), die an dem Ministerrat nicht teilnahm, hatte zuvor Zustimmung zu dem Vorschlag signalisiert. Mit der von Italien angeregten Bestimmung „soll verhindert werden, dass sich jene liberalen Länder durchsetzen, die die Förderung der Forschung mit Embryonen ohne Restriktionen erlauben wollen“, erklärte sie in einer Aussendung. Bisher hatte Österreich die Embryonenforschung strikt abgelehnt und ausschließlich auf die Förderung von Projekten mit adulten Stammzellen und Stammzellen aus Nabelschnurblut gedrängt.

Die Staaten, die für eine liberalere Regelung eintraten, wurden von EU-Kommissar Busquin unterstützt. In deutschen Regierungskreisen hieß es, der Kommissar habe auf eine Streichung der Stichtagsregelung für die Gewinnung von Stammzellen und Stammzelllinien gedrängt. Deutschland habe dies aber abgelehnt, denn „wir wollen nicht, dass durch neue Projekte ein Bedarf neuer Embryonen ausgelöst wird“, hieß es. Einen „Fortschritt“ habe der EU-Ministerrat aber insofern erzielt, als die Gewinnung embryonaler Stammzellen in vitro definitiv nicht durch die Gemeinschaft finanziert werden soll.

In Österreich ist die Forschung an Embryonen und die Herstellung von embryonalen Stammzellen gesetzlich verboten. Ein Import von embryonalen Stammzelllinien und wissenschaftliche Arbeiten daran ist in Österreich aber nicht ausdrücklich untersagt.

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