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Strauss-Kahn-Affäre verdunkelt Wahlkampf

Der große Medienrummel um die beiden Vergewaltigungsaffären, die dem ehemaligen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn (PS) vorgeworfen werden, haben einen großen Schatten auf den Vorwahlkampf der sozialistischen Präsidentschaftsanwärter in Frankreich geworfen.
Tristane Banon klagt gegen DSK
Strauss-Kahn auch in Frankreich verklagt
“Man muss diese unglaubliche Woge stoppen”, erklärte Ex-Europaminister Pierre Moscovici, der vom Lager Strauss-Kahns in jenes des früheren Sozialistenchefs Francois Hollande übergewechselt ist, am Dienstag.

Einig sind sich die Sozialisten darin, dass sich Strauss-Kahn so rasch wie möglich über seine politische Zukunft äußern sollte, damit der Präsidentschaftswahlkampf endlich wieder mit einer Debatte über Inhalte fortgesetzt werden kann. “Je früher er redet, umso besser ist es”, betonte der Bürgermeister von Quimper, Bernard Poignant, ein Anhänger Hollandes, und fügte hinzu: “Worüber spricht man seit dem 15. Mai? Über Sex und Geld. Ich möchte, dass die Partei von Jaures und Blum eine andere Seite aufschlägt.” Am 14. Mai war DSK in New York festgenommen worden, weil ein Zimmermädchen ihn beschuldigte, sie in seinem Hotelzimmer zu Oralsex gezwungen zu haben.

Seit einigen Tagen zirkuliert das Gerücht, Strauss-Kahn habe der Parteichefin Martine Aubry in einem Telefonat am vergangenen Freitag gesagt, er werde nicht an den Vorwahlen teilnehmen. “Man muss eine Lehre aus dem 15. Mai ziehen: viele Geräusche, viele Fehlinformationen. All das vergiftet das politische Leben in Frankreich und die PS”, mahnte Francois Lamy, rechte Hand der Sozialistenchefin. Jean-Marie Le Guen, ein unermüdlicher Mitstreiter von DSK, dementierte die Information mit Entschiedenheit und betonte, Strauss-Kahn habe das “niemals gesagt”.

Medieninteresse an Strauss-Kahn-Affäre bleibt weiter hoch

“Wir werden die Franzosen ermüden“, sorgte sich unterdessen Martine Aubry, und Sozialistensprecher Benoit Hamon richtete einen Appell an die Medien: “Wirklich. Ihr solltet damit aufhören.” Ein Ende des Medieninteresses in der Affäre scheint aber umso weiter entfernt zu sein, als die Beschuldigungen des Zimmermädchens in New York, die immer mehr an Glaubwürdigkeit verlieren, nun durch jene einer Journalistin und Autorin in Paris abgelöst wurden. Tristane Banon reichte am gestrigen Dienstag wegen eines Vergewaltigungsversuchs, der sich 2003 zugetragen haben soll, gegen DSK eine Klage ein. Strauss-Kahn reagierte mit der Ankündigung einer Diffamierungsklage.

Unterdessen geht der Wahlkampf der Präsidentschaftsanwärter weiter. Hollande war am Montag auf den französischen Antillen, Aubry hatte ein Dienstag eine Versammlung mit den Parlamentariern, die ihre Kandidatur unterstützen, Segolene Royal tritt am heutigen Mittwoch in einem benachteiligten Stadtviertel in Chanteloup-les-Vignes auf, Manuel Valls hält eine Pressekonferenz zur Vorstellung seines Wahlkampfprogramms, Aubry begibt sich zu einer Wahlkampfveranstaltung nach Lille und Arnaud Montebourg hält am Donnerstag eine Wahlkampfveranstaltung im Departement Eure-et-Loire.

Interesse an DSK lenkt von Wahlkampf ab

Das Problem ist allerdings, dass sich die Medien in Frankreich inhaltlich in keiner Weise dafür interessieren, worüber die Kandidaten bei den Treffen und Konferenzen sprechen. Alle Fragen, die den Sozialisten gestellt werden, drehen sich um Dominique Strauss-Kahn. Hollande muss mit dem Vorwurf Banons kämpfen, bereits seit Jahren von dem Vergewaltigungsversuch gegen die Französin gewusst zu haben, was er beharrlich dementiert. Aubry hört sich immer wieder fragen, was sie tun würde, wenn DSK doch kandidieren sollte. Und alle Kandidaten werden immer wieder gefragt, ob sie einem Aufschub der am 13. Juli ablaufenden Frist für die Hinterlegung der Kandidaturen zustimmen würden.

Le Guen betonte unterdessen, dass es “nie wirklich einen Pakt zwischen DSK und Aubry gegeben hat“. Es sei daher nicht abgemachte Sache, dass Strauss-Kahn verzichtet, weil die Ex-Arbeitsministerin bereits Kandidatin ist. Senator Francois Patriat bezeichnete es allerdings als “vom menschlichen Blickpunkt sehr unwahrscheinlich“, dass der ehemalige Favorit im Rennen um die Präsidentschaft auf die politische Bühne zurückkehrt. Daher entschloss sich der DSK-Anhänger nach eigenen Angaben auch dazu, “de facto” Martine Aubry zu unterstützen.

APA

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