Stotternde Coronapolitik

Wer behauptet, den richtigen Weg durch die Coronapandemie zu kennen, ist nicht ernst zu nehmen. Zu vieles ändert sich ständig. Das eine oder andere ist schlicht und ergreifend nicht absehbar. Zum Beispiel die Dauer. Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hätte sich einst zurückgehalten, wenn er geahnt hätte, was kommt; er hätte es sich verkniffen, davon zu sprechen, dass die Geschichte für Geimpfte bereits vorbei sei. Andererseits muss man ihm vorwerfen, nicht vorsichtig gewesen zu sein.
Wien wiederum wäre nicht im Frühjahr 2021 von einem eher schwedischen zu einem eigenen, einem laut Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) „konsequenten Weg“ übergegangen. Wobei: Gesundheitlich kommt die Bundeshauptstadt kaum besser durch die Pandemie als Österreich insgesamt – und Österreich insgesamt hat (gesundheitlich) eine schlechtere Zwischenbilanz vorzuweisen als Schweden. Dort gibt es weniger Beschränkungen und laut Weltgesundheitsorganisation WHO trotzdem eine geringere Übersterblichkeit im Zusammenhang mit Corona als hierzulande. Das sollte zu denken geben. Man sollte zumindest der Frage nachgehen, warum das so ist.
Vielleicht ist das Problem, dass das alles schon zu lange dauert und zur Pandemie auch noch der Krieg in der Ukraine, Preissteigerungen, ein drohender Gas-Notstand und vieles andere mehr dazugekommen ist. Das führt dazu, dass man sich erst recht nach einer Rückkehr zu einer Art Normalität sehnt, nach Sorglosigkeit und Geselligkeit. Und dass dazu von der SPÖ etwa auch noch das Donauinselfest angeboten wurde, was von Hunderttausenden gerne angenommen wurde.
Wobei: Wo ist das Problem? Das Donauinselfest ist eine Freiluftveranstaltung. Volle U-Bahnen sowie Vor- und Nachfeiern bringen jedoch das Risiko mit sich, dass es bei einem ohnehin schon zunehmenden Infektionsgeschehen vermehrt zu Ansteckungen kommt. Das große Problem ergibt sich erst in weiterer Folge: Michael Ludwig, Vorsitzender der Partei, die dieses Fest veranstaltet, beginnt wenige Tage danach die Maskenpflicht wieder einmal auszuweiten, zunächst auf die Spitäler und bald möglicherweise auch auf den Handel. Das passt nicht zusammen.
Wenn schon konsequent, dann „entweder oder“; den schwedischen oder den bisherigen Wiener Weg, der wohl zur Folge gehabt hätte, dass zum Beispiel die Maskenpflicht nicht nur in Öffis, sondern auch in Supermärkten und anderen geschlossenen Räumen, die von allen aufgesucht werden müssen, ohne Unterbrechen durchgezogen worden wäre über den Sommer.
Erst eine Party zu veranstalten und dann nach und nach zu Beschränkungen zurückzukehren, erscheint jedoch riskant: Damit geht die Gefahr einher, dass diese von immer weniger Menschen ernst genommen werden und sie daher wirkungslos werden.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik