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Stimmen zum Inzest-Fall: "Klar interessiert uns das"

Die dunklen Wolken, die am Montag über St. Pölten hängen, haben vielleicht erahnen lassen, was sich in der Stadt an der Traisen abspielt.

Das Zentrum gleicht eher einer Geisterstadt, der eigentliche Trubel findet wenige hundert Meter am Schießstattring statt, wo dem 73-jährigen Josef F. am Landesgericht der Prozess gemacht wird. Die Stimmung in der Bevölkerung ist gut, die Meinungen zum Medientrubel reichen von “klar verfolge ich das” bis hin zu “interessiert mich nicht”.

Ein Pensionistenpärchen, das kurz auf einer Parkbank Rast macht, um ein paar Sonnenstrahlen zu erhaschen zeigt sich völlig gelassen über den Trubel. “Wir kriegen da nichts mit”, sagt die Frau auf ihren Stock gestützt, während eine Gruppe junger Mädchen lachend über den Hauptplatz spaziert. “Klar interessiert mich der Fall”, sprudelt es aus dem Mund der 14-jährigen Sophie. “Spannend, was da rauskommen wird”, ergänzt ihre gleichaltrige Freundin Romana.

“Ich schau mir das am Abend im Fernsehen an. Und ehrlich gesagt, würde mich schon interessieren, wie die (die Opfer, Anm.) ausschauen”, meint Sophie. Aber extra zum Gericht rüber gehen wollen die Mädchen nicht.

Die junge Trafikantin im Haus um die Ecke lauscht gespannt den Radionachrichten. “Die bringen das ja eh laufend. Da hör ich schon zu, wenn darüber berichtet wird. Aber ich beschäftige mich nicht den ganzen Tag damit”, meint die Angestellte im Gespräch mit der APA. Die Zeitungen sind fast ausverkauft, egal ob Qualitätsblatt oder Boulevard, die Leute wollen das lesen, meint sie.

“Schon schlimm was da in Amstetten passiert ist”, sagt die freundliche Bedienung der Bäckerei in der Rathaus-Gasse während sie die Topfenkolatschen und Kipferl ordentlich in eine Reihe schlichtet. “Mich interessiert das natürlich, aber extra vor den Fernseher setze ich mich deswegen nicht.”

“Nix neugierig” und “nix haß” auf den Prozess gaben sich zwei Frauen im Hotel-Gasthof Graf. “Da gehen wir gar nicht hinüber.” Das Duo zeigt sich “mitfühlend” mit Journalisten: “Haben sie viel Stress?” Gastronom Leo Graf bezeichnet die bei ihm einquartierten Medienvertreter gar als “sehr freundlich und zuvorkommend” sowie “kooperativ untereinander”. Auch sein Team hat am Montag eine “frühere Schicht” als sonst. Frühstück gibt es auf Journalistenwunsch bereits ab 5.00 Uhr.

Sie interessiere sich für den Prozess, meint eine Passantin in der Rathausgasse, obwohl der “Anlass traurig” sei. Auf Unverständnis stößt bei der Frau, dass Medien für Fotos der Opfer “Unmengen an Geld” zahlen würden.

Der einzige Trubel in der Innenstadt kommt auf, als sich die Schüler auf den Nachhauseweg von der Schule machen. Sie lachen, hüpfen, rempeln – dann wird es aber rasch wieder ruhig. In St. Pölten herrscht am Montag kein Hype um den Inzest-Prozess. “Wir lesen es eh in der Zeitung oder sehen’s im Fernsehen, man kommt ja gar nicht aus”, meinte die Bäckerin, bevor sie sich wieder freundlich ihrer Kundschaft widmete.

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