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Stichwahl in Serbien gescheitert

Die Stichwahl eines neuen Präsidenten der jugoslawischen Teilrepublik Serbien ist am Sonntag wegen zu niedriger Wahlbeteiligung gescheitert.

Dies werde sich „negativ“ auf das Ansehen Serbiens im Ausland auswirken, sagte der liberale Wirtschaftsreformer Miroljub Labus nach Bekanntgabe der ersten offiziellen Ergebnisse. Er war gegen den derzeitigen jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica angetreten. Ein erfolgreicher Wahlverlauf wäre im Interesse Serbiens gewesen, sagte Labus vor Anhängern in Belgrad.

Nach ersten offiziellen Angaben entfielen etwa zwei Drittel der abgegebenen Stimmen auf den national-konservativen Kostunica (66,6 Prozent), ein Drittel auf Labus (31 Prozent). Nur 45,5 Prozent der 6,5 Millionen registrierten Wähler hätten ihre Stimme abgegeben, teilte das staatliche Statistische Amt am späten Sonntagabend in Belgrad mit. Weil damit die Mindestbeteiligung von 50 Prozent verfehlt wurde, muss laut Gesetz die ganze Wahl wiederholt werden.

Dies könnte schon Anfang Dezember geschehen, kündigte Cedomir Jovanovic, Chef der stärksten Fraktion im serbischen Parlament, „DOS für Reformen“, an. Seine Fraktion hatte Labus unterstützt. Dragan Marsicanin, Chef des Kostunica-Wahlstabs, verlangte in der Nacht zum Montag, umgehend neue Präsidenten- und Parlamentswahlen.

Kostunica verurteilte diverse Boykottaufrufe als „anti-europäisch“ und sprach von einem Wahlerfolg, da er zwei Millionen Stimmen bekommen hatte. Er kritisierte erneut das „veraltete und schlechte“ Wahlgesetz, den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic und dessen Demokratische Partei, die er des „heimlichen Wahlboykotts“ bezichtigte.

„Ich werde das Ende des angeblich reformistischen Djindjic-Regimes sehen, wie ich es schon mit den Regimes von (dem kommunistischen Partisanenführer Josip Broz) Tito und (dem jugoslawischen Ex-Präsidenten Slobodan) Milosevic erlebt habe“ sagte er. Zu einer eventuellen neuen Kandidatur wollte er sich zunächst nicht äußern, versicherte aber vor der Presse, dass er für seine politischen Ansichten weiter kämpfen werde.

Begleitet von Boykottaufrufen national-radikaler Kräfte waren die Kandidaten zur Stichwahl angetreten. „Ein geringes Interesse der Bürger an den Wahlen bedeutet nicht, dass sie kein Interesse an den Beziehungen im Lande haben“, sagte Djindjic bei der seiner Stimmabgabe.

Kostunica galt als Favorit, nachdem er schon in der ersten Runde 30,8 Prozent der Stimmen bekommen hatte. Labus, stellvertretender jugoslawischer Regierungschef, hatte 27,3 Prozent erhalten. Beide Kandidaten gehören der früheren Opposition gegen den Machthaber Slobodan Milosevic an, die sich nach dessen Sturz und der Übernahme der Regierung erbitterte Flügelkämpfe liefert.

Der Wahlablauf wurde von einheimischen und Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verfolgt. Nach vorliegenden Berichten gab es keine schwer wiegenden Unregelmäßigkeiten oder Zwischenfälle.

„Ich habe alles getan, damit die zweite Runde erfolgreich ist“, sagte Labus. „Ich gebe mein Reformprogramm für ein modernes, europäisches Serbien nicht auf“, sagte er vor der Presse und kündigte damit indirekt seine erneute Kandidatur an.

Der Extremistenführer Vojislav Seselj, Dritter im ersten Wahlgang, und andere oppositionelle Politiker hatten ihre Anhänger zum Boykott aufgefordert. Der amtierende serbische Präsident Milan Milutinovic ist vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wegen Kriegsverbrechen im Kosovo angeklagt. Sein fünfjähriges Mandat läuft Anfang Jänner ab.

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