Die so genannte Fettsteuer ist eine Idee aus England und nicht mein Lieblingskind, sagte Ernährungsmediziner Kurt Widhalm zur APA. Niemand weiß wie es wirkt. Zudem könne dies nur ein Steinchen in einem Maßnahmenbündel sein, das alleine gesehen mit Sicherheit keinen Erfolg bringen werde.
Noch kritischer sieht Michael Kunze, Leiter des Instituts für Sozialmedizin der MedUni Wien, die Verteuerung von ungesunden Lebensmitteln. Eine Fettsteuer sei nicht zielführend, würde den Staat bezüglich Preisgestaltung maßlos überfordern und ins Uferlose führen, zeigte sich der Mediziner im APA-Gespräch überzeugt.
Anders als bei der Tabaksteuer, bei der eine Erhöhung laut Studien den Konsum verringere, könne bei Lebensmitteln keine klare Trennlinie gezogen werden, so Kunze. Tabak sei ganz klar ein schädliches Produkt, punkto Ernährung gebe es jedoch tausende Artikel, die nicht so klar eingeordnet werden könnten.
Als Beispiel nannte der Mediziner hochwertige Pflanzenöle, die von Ärzten empfohlen werden und dennoch zu 99 Prozent aus Fett bestünden. Dabei stelle sich die Frage, ob diese nun höher zu besteuern wären oder nicht, meinte Kunze. Kompliziert sei die Situation auch bei Süßigkeiten: Wo genau die Kategorie Schokoriegel ende und wie zum Beispiel ballaststoffreiche Produkte bewertet werden sollten, sei unklar. Wenn wir was tun wollen, müssen wir die Menschen informieren, so Kunze. Die Bevölkerung muss lernen, mit Überfluss umzugehen. Die Aufgabe des Staates bestehe hingegen darin, den Verkauf von gesundheitsschädlichen Produkten wie verdorbenen Waren zu verhindern. Alles andere muss man dem Markt überlassen.
Auch Widhalm kann dem Vorschlag aus Deutschland nicht eindeutig Positives abgewinnen: Aus Motivationsgründen wäre eine Verbilligung gesunder Produkte wie Obst und Gemüse besser als eine Steuererhöhung, erklärte er. Dies würde ebenfalls die Preisrelationen zu Chips und Schokolade ändern.
Bemühungen müssen auf verschiedenen Ebenen stattfinden, betonte Widhalm. Lebensmittel seien dabei sicher ein Bereich, über den man sich Gedanken machen müsse. Maßnahmen seien allerdings bereits bei Kindern ab der Schwangerschaft notwendig und müssten bei der Werbung, Ärzten, Schulen sowie Turnstunden ansetzen. Eine permanente Ernährungserziehung bzw. Schulung sei notwendig.
Fettsucht und Übergewicht sind potenzielle Erkrankungen und nicht nur ein kosmetisches Problem, erklärte der Mediziner. Hier ist Handlungsbedarf auf allen Ebenen. Klinik-Zahlen von einem Kongress in der Vorwoche würden die Situation verdeutlichen: Von 28.000 übergewichtigen Kindern aus Deutschland und Österreich hätten 0,7 Prozent Diabetes und zehn Prozent eine gestörte Glukosetoleranz (Vorform der Zuckerkrankheit).