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Stefan Bachmann wird neuer Direktor im Wiener Burgtheater

Stefan Bachmann wird neuer Burgtheater-Direktor.
Stefan Bachmann wird neuer Burgtheater-Direktor. ©APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH (Archivbild)
Der 56-jähriger Schweizer Regisseur Stefan Bachmann wird neuer Direktor im Wiener Burgtheater, das ist am Mittwoch in einer Pressekonferenz bekanntgegeben worden.

Stefan Bachmann habe "im Bewerbungsverfahren herausragend überzeugt", so Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) am Mittwoch. Der 56-Jährige folgt mit der Spielzeit 2024/25 auf Martin Kušej, der gestern überraschend seine Bewerbung für eine zweite Amtszeit als Direktor im Wiener Burgtheater zurückgezogen hat.

Staatssekretärin Mayer mit "Dank und Anerkennung" für scheidenden Burgtheater-Direktor Kušej

"Das Burgtheater hat in den letzten Jahren eine der schwierigsten Phasen seiner Geschichte durchlebt, wie andere Theater auch", blickte Mayer bei der Pressekonferenz auf die von Corona geprägte Ära Kušej zurück. "Er hatte es unbestritten nicht leicht. Für seine Arbeit gebührt ihm Dank und Anerkennung", so Mayer. Dass nun trotzdem eine andere Person neben ihr sitzt, liege daran, "dass Stefan Bachmann im Bewerbungsverfahren überragend überzeugt hat". Dafür war offenbar nicht nur ein überzeugendes Konzept, sondern auch seine Performance in den Gesprächen verantwortlich. Dort habe Bachmann mit Ausstrahlung und Freude, seiner Führungspersönlichkeit, seiner "Art, neu über das Theater zu denken", und auch damit beeindruckt, zu Selbstreflexion und Selbstkritik fähig zu sein": Er werde "ein lernender Burgtheaterdirektor" sein.

Mayer würdigte Bachmanns "außerordentliches Gespür für die aktuelle Lage der Theaterwelt". Was sie überzeugt habe, sei auch sein Ansatz zum Thema Führung: "Er sprach schon in der Bewerbung von flachen Hierarchien und Transparenz. Es ist ein Gebot der Stunde - wahrscheinlich ein zu spätes -, Strukturen am Theater neu zu denken. Bachmann hat den Eindruck gemacht, dass diese Anliegen für ihn nicht nur leere Worthülsen sind und er es mit gutem Arbeitsklima ernst meint." Die Turbulenzen, die 2018 für Aufsehen gesorgt hatten, als ihm aus dem Haus vorgeworfen wurde, auf Mobbing durch seine als Schauspielerin engagierte Gattin ungenügend zu reagieren, seien offen besprochen worden, sagte Mayer. Sie habe den Eindruck gewonnen, er habe daraus gelernt. "Das war sehr schmerzhaft damals", sagte Bachmann. "Ich habe die Vorwürfe ernst genommen." Er habe Mediation, Coachings und Weiterbildung für Führungskräfte absolviert, die ihm viel gebracht hätten.

15 Bewerbungen von 18 Bewerbern für Wiener Burgtheater

Die Findungskommission, bestehend aus Bundestheater-Holding-Chef Christian Kircher, Kurt Reissnegger (Ö1), Iris Laufenberg (Schauspielhaus Graz), Theresia Niedermüller seitens des Bundes und Burgschauspieler Philipp Hauß, habe "wirklich tolle Arbeit geleistet" und mit allen Kandidatinnen und Kandidaten ausführlich und mehrfach gesprochen. Es habe schließlich - anders als medial kolportiert - keinen Dreiervorschlag gegeben, sondern einen Zweiervorschlag mit "zwei uneingeschränkten Empfehlungen", auf dem Kušej jedoch gar nicht gestanden sei, wie Mayer auf APA-Anfrage bestätigte. "Im Rahmen des Verfahrens konnte Martin Kušej den Startvorteil, den er als amtierender Direktor hatte, nicht nutzen."

Laut Kircher habe es von Beginn an "keine Vorgaben gegeben, wer es werden soll oder wer nicht". Schließlich gab es 15 Bewerbungen von 18 Personen, darunter sechs Frauen und 12 Männer, fünf aus Österreich und die restlichen international. Kircher kritisierte Medienberichte im Vorfeld, die teilweise Spekulationen ohne jede Grundlage gewesen seien und damit manche Kandidaten und Kandidatinnen beschädigt hätten. Bachmann werde einen Fünf-Jahres-Vertrag erhalten, in dem eine Regiearbeit pro Saison ausdrücklich gewünscht sei. Beschäftigungen von Familienmitgliedern (Bachmanns Frau Melanie Kretschmann hatte in Köln zuletzt einen Stückvertrag) seien von der Holding zu genehmigen, und im übrigen verursachten Intendantenwechsel "keine astronomische Kosten". Die von Kušej genannte eine Million Euro könne er sich nicht so recht erklären.

Bachmann wechselt ohne Zögern nach Wien

"Wenn es ums Burgtheater geht, gibt es kein Zögern", erklärte Bachmann seine Motivation, von Köln nach Wien zu wechseln. Beworben hatte er sich ursprünglich nicht, sondern sei aktiv von der betrauten Personalagentur gefragt worden, ob er sich eine Bewerbung vorstellen könne. Im Zuge des Verfahrens habe er aber immer größere Lust darauf verspürt, auch weil er hier andere Bedingungen vorfinde: "Es ist mir bewusst, dass das hier Wien ist und nicht Köln." In Wien wolle er eine "Schwelle im metaphorischen Sinne abbauen und modern und zeitgemäß auf eine sich verändernde Stadtgesellschaft reagieren. So ein Theater gehört den Menschen, die es bezahlen, und das sind die Bürger." Bachmann will "ohne beliebig zu werden ein großes Panorama aufspannen". Er sehe keinen Widerspruch zwischen Erneuerung und Tradition, wollte aber noch keine Details zu seinem "tollen Konzept" (Kircher) verraten. Bachmann selbst bezeichnete sich als "Teamplayer". Mit seinem Team werde er nun ein Programm zusammenstellen. "Es ist sportlich, das in einem guten Jahr zu schaffen."

Neuer Wiener Burgtheater-Direktor seit 2013 Intendant am Schauspiel Köln

Der Schweizer Theatermacher, der am 1. Juli 1966 in Zürich geboren wurde, hat bereits mehrfach am Burgtheater gearbeitet und etwa 2008 Wajdi Mouawads "Verbrennungen" am Akademietheater inszeniert, wofür es auch einen Nestroy-Preis für die beste Regie gab. 2012 gab es für seine Inszenierung von Elfriede Jelineks "Winterreise" am Akademietheater ebenfalls einen "Nestroy". "Ich habe hier immer sehr, sehr gerne und teilweise sogar auch gut gearbeitet", sagte er schmunzelnd und nannte neben den beiden preisgekrönten Inszenierungen auch "jedermann (stirbt)" von Ferdinand Schmalz als besonders gelungene Wiener Arbeiten. "Es fühlt sich ein bisschen wie eine Rückkehr an." Sein Vertrag in Köln wäre bis 2026 gelaufen, die Eröffnung des sanierten Schauspielhauses wird er nun als Intendant nicht mehr erleben. Noch wichtiger sei ihm jedoch die dauerhafte Erhaltung der Interimsspielstätten, die einen ganzen zuvor vernachlässigten Stadtteil aufgewertet haben, sagte Bachmann auf Nachfrage.

Gratulation für Bachmann aus Köln

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker gratulierte Bachmann in einer Aussendung und dankte ihm "für sein langes und erfolgreiches Engagement in Köln. Was Stefan Bachmann mit der Interimsspielstätte in Köln-Mülheim geschaffen hat, ist einzigartig und ringt mir den größten Respekt ab. Das Depot mit seinem niederschwelligen Zugang und seiner Verwurzelung in Mülheim ist lebendiges Zeugnis seiner Intendanz." Ähnlich Kulturdezernent Stefan Charles: "Obwohl nun die langersehnte Wiedereröffnung am Offenbachplatz seiner Nachfolge zufällt, bin ich mir sicher, dass sein künstlerisches Wirken in Köln-Mülheim nachhaltig bleibt und dieser einzigartige Kulturort weiterleben wird." Bachmanns Berufung sei auch für Köln eine Ehre: "Offenbar schaut die gesamte Theaterwelt auf Köln und auf die hervorragende Arbeit, die Stefan Bachmann hier mit seinem Team geleistet hat."

(APA/Red)

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