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Statistik: Deutlich weniger Bildungsabbrecher in zweiter Migrantengeneration

Der Anteil jener Jugendlichen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung mehr machen, ist in Österreich rückläufig
Der Anteil jener Jugendlichen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung mehr machen, ist in Österreich rückläufig ©APA (Sujet)
In Österreich ist der Anteil jener Jugendlichen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung mehr machen, rückläufig. Besonders stark ist dieser Trend seit etwa 2008 bei Jugendlichen ausgeprägt, deren Eltern aus der Türkei oder den Nachfolgestaaten Jugoslawiens kommen.

Das ergab eine Auswertung von Daten der Statistik Austria des Soziologen August Gächter. Betrachte man den Anteil der 15- bis 19-Jährigen mit türkischstämmigen Eltern, die keine Ausbildung mehr machen, zeige sich ein “spektakulärer Rückgang” von österreichweit rund 36 Prozent zwischen 2008 und 2010 auf ungefähr 23 Prozent (2014-2016). Das erklärte der am Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) tätige Wissenschafter im Rahmen eines von der Medien-Servicestelle Neue Österreicher/Innen (MSNÖ) organisierten Pressegesprächs am Dienstag in Wien.

Positiver Trend: Weniger Bildungsabbrecher laut Statistik

Dieser Anteil sei im Vergleich zu Jugendlichen mit Eltern aus Österreich (rund sechs Prozent, 2014-2016) zwar immer noch hoch. Eine derart deutliche Verbesserung hätte sich Gächter aber über einen längeren Zeitraum von zumindest 20 Jahren erwartet.

Ein ähnliches Bild zeichnet die Auswertung der Mikrozensus-Daten der Statistik Austria auch bei Jugendlichen mit Wurzeln in Serbien, dem Kosovo, Montenegro und Mazedonien. Hier sank der Prozentsatz von rund 30 Prozent (2008-2010) auf 19 Prozent. Bei einer weiteren großen Migrantengruppe – jener aus Bosnien-Herzegowina – zeigt sich in diesem Zeitraum ebenfalls ein positiver Trend (von rund 16 auf zwölf Prozent). Relativ konstant blieb der Anteil unter Jugendlichen mit Wurzeln in “sonstigen Drittstaaten” bei rund 20 Prozent.

Unterschied beim Ausbildungsniveau je nach Bundesland

Erstaunlich große Unterschiede fänden sich jedoch zwischen den Bundesländern: So sank der prozentuelle Anteil unter Jugendlichen mit türkischen Wurzeln, die keine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung machen, in Vorarlberg von 44 (2008-2010) auf 14 (2014-2016). In Wien und Salzburg war der Rückgang in dieser Gruppe (bei niedrigeren Ausgangswerten um 30 Prozent) hingegen deutlich geringer ausgeprägt, in der Steiermark ergab sich sogar eine leichte Steigerung.

Rechne man den österreichweiten Trend der drei großen Gruppen der zweiten Migrantengeneration weiter, sei davon auszugehen, dass diese in etwa um das Jahr 2025 auf dem zu erwartenden Niveau der österreichischen Jugendlichen ankommen, die keine weitere Ausbildung machen. Deren Anteil werde dann laut dem Soziologen bei rund vier bis fünf Prozent liegen.

Eltern gehen mit gutem Beispiel voran

Die positive Entwicklung bei Jugendlichen der größten Migrantengruppen sieht Gächter vor allem darin begründet, dass auch ihre Eltern im Schnitt immer seltener lediglich einen Pflichtschulabschluss vorweisen können. Galt das beispielsweise zwischen 2004 und 2006 noch für fast 80 Prozent der türkischstämmigen Eltern, liege der Wert nun deutlich unter 60 Prozent (2014-2016).

Einen gewissen Einfluss darauf, dass Jugendliche nun eher in der Schule bleiben, habe auch die in den vergangenen Jahren schwache Konjunktur gehabt, so der Experte. Denn in Zeiten schlechter Wirtschaftsentwicklung fallen vor allem Jobs in Hilfstätigkeiten weg, in die Ausbildungsabbrecher wechseln könnten. Bremsen könnte den positiven Trend paradoxerweise die nunmehr gute Konjunktur, da in solchen Phasen wieder mehr niedrigqualifizierte Jobs Jugendliche locken.

Ausbildungspflicht bis 18 Jahre beeinflusst Statistik noch nicht

Noch keinen Einfluss auf diesen Trend hat die sogenannte Ausbildungspflicht bis 18 Jahre, die ja erst seit dem Ende des Schuljahrs 2016/17 für Jugendliche gilt, die ihre Schulpflicht erfüllt haben. Wie sich diese Maßnahme oder gar die von der sich abzeichnenden neuen Regierung angestrebte “Bildungspflicht” bis 18 Jahre auswirken, könne man laut Gächter noch nicht einschätzen. Dass die Ausbildungspflicht jetzt eingeführt wurde, sei vor allem daher sinnvoll, weil die Gruppe der davon Betroffenen mittlerweile überschaubarer geworden ist. Sollte hier der Fokus weiter auf die Unterstützung und weniger auf Strafen gelegt werden, sei die Maßnahme “eine gute Aktion”, die Stigmatisierungen entgegenwirken könne, so der Soziologe.

(apa/red)

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