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Stadt Land Fluss - Kritik zum Film

Keinen idyllischen Bauernhof, sondern einen großindustriellen Landwirtschaftsbetrieb hat der in Budapest geborene Benjamin Cantu als Setting für sein Langfilmdebüt "Stadt Land Fluss" gewählt.

Hier verlieben sich die beiden Auszubildenden Marko und Jacob, denen der scheinbar engbemessene Horizont im brandenburgischen Jänickendorf wenig Hoffnung auf die offene Auslebung ihrer Sexualität zu geben scheint. So erfrischend Cantus semidokumentarischer Ansatz dabei ist, so wenig schafft er es, den realen Erntealltag mit der fiktionalen Liebesgeschichte in Einklang zu bringen. Am Freitag (11. Mai) startet “Stadt Land Fluss” in unseren Kinos.

Zarte Männerliebe in “Stadt Land Fluss”

 In der Agrargenossenschaft “Der Märker” herrscht spätsommerlicher Hochbetrieb, es ist Erntezeit. Marko ist einer von zwölf Azubis, er steht kurz vor seiner Prüfung zum Landwirt. Ob er das sein will, weiß er nicht so recht. Alternativen hat er aber auch keine. Mit den strengen Umgangsformen im Betrieb kann er sich ebenso wenig anfreunden wie mit den anderen Lehrlingen. Nur der neue Praktikant Jacob scheint mehr von seinem Schlag zu sein. Die beiden verbringen auch abseits der Arbeit Zeit miteinander, kommen sich langsam näher. Ein Kuss bringt Markos Leben aus den Fugen. Erst ein Ausflug ins nahe, laute Berlin gibt der schwierigen Liebe den Raum, die sie braucht.

Benjamin Cantu hat mit Kai-Michael Müller als Einzelgänger Marko und Lukas Steltner als Träumer Jacob zwei (heterosexuelle) Schauspieler zu den tatsächlichen Arbeitern im Betrieb gesellt. Diese sitzen mit ihnen am Morgen um den Besprechungstisch, lassen sie Kühe treiben und den Acker wässern. Eben weil die den Städtern so fremden Arbeitsabläufe so interessant und die charmanten, menschlichen Mitarbeiter und Lehrlinge so authentisch wirken, will der fiktionale Strang nicht ganz aufgehen. Zu klischeehaft wirkt die Zeichnung von Markus zerrütteter Familie, zu routiniert und vorhersehbar kommt die Coming-out-Story daher, für deren späte Zündung es im letzten Drittel des Films wie in Ang Lees Meisterwerk “Brokeback Mountain” Annäherung über Rangeleien und den Rückzug in ein anderes Umfeld braucht.

Die Spannung, die den ganzen Film hindurch aufgebaut wird, erfüllt sich nie so recht und lässt den Zuseher bei einer ersten öffentlichen Umarmung von Marko und Jacob in Unwissenheit ob ihrer gemeinsamen Zukunft. Mit theatralischer Klaviermusik und Szenen in Zeitlupe bricht Cantu nur kurz aus seiner betont zurückhaltenden, dokumentarischen Inszenierung aus, die dem Film mit improvisierten Szenen und dialektgefärbten Dialogen mehr Leben einhaucht als die Liebesgeschichte selbst. So interessiert sich der Zuseher bald mehr für das einfache Leben auf dem Land, als für die beiden, die aus ebendieser Welt ausbrechen wollen.

(APA)

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