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Staatsoper: Ausfall Villazons bei „La Boheme“ erregte Gemüter

Für lautstarke Proteste hat Montagabend der Ausfall des Tenors Rolando Villazon bei der langerwarteten „La Boheme“-Vorstellung in der Staatsoper gesorgt.

Verärgert waren die Besucher vor allem deswegen, weil sie erst kurz vor der Vorstellung von der Änderung erfahren hatten. Dafür sorgte Joseph Calleja für eine Überraschung, er übernahm die Rolle des Rodolfo in Franco Zeffirellis Inszenierung und wurde als Sensation des Abends gefeiert.

Die Buh-Rufe waren wohl etwas voreilig gewesen, als das Publikum erst von der Bühne aus erfahren musste, dass Villazon nicht singen werde. Aber der Ärger galt wohl eher der Informationsstrategie der Staatsoper. Um 18 Uhr sei es erst festgestanden, dass der Startenor auf Grund seiner angeschlagenen Stimme nicht auftreten werde, so die Entschuldigung. Noch immer früh genug, um die Besucher früher darauf hinzuweisen, so der lautstarke Protest. „Frechheit – Skandal – Geld zurück!“

Dass zumindest in der Pause dann doch niemand den Saal verließ, lag weniger an den immens hohen Kartenpreisen als an der Tatsache, dass Calleja für seinen Kollegen nicht nur einsprang, sondern dessen Existenz für zumindest zweieinhalb Stunden überhaupt vergessen machte. Puccini-gemäß machte sich Sentiment breit, das einem Tränen in die Augen trieb, eine Stimme, die an alte italienische Startenöre erinnerte und vor allem wesentlich breiter und lyrischer strahlte als die Villazons.

Angekratzt klang hingegen Ildiko Raimondi als Musetta. Sie gab die Schrille, das auf Kosten der Musik. Ob es an ihrer Gestaltungsfreiheit der Rolle lag oder einfach nur daran, dass sie sich bei Villazon angesteckt hatte, war nicht zu eruieren. Mehr bei Stimme waren da schon Tamar Iveri als Mimi und Boaz Daniel als Maler Marcello. Der Rest: Solide gute Leistungen, niemand konnte jedoch über seinen Schatten springen. Schauspielerisch füllten das realistische aber wunderschön konzipierte Bühnenbild Zeffirellis alle ganz gut auf.

Die – zwar wenigen – Buhrufe hatte Dirigent Claude Schnitzler nicht verdient. Er hatte es zwar oft etwas zu gut mit Puccinis sentimentalem Strudelteig gemeint und die Partitur in die Breite gewalzt, bewies aber ein Händchen für die großen Spannungsbögen. Er entlockte dem Orchester satten Klang und einige Höhepunkte. Und auch der Chor kam stimmig und erfahren. Wann Villazon wieder bei Stimme ist, wusste man am Dienstag früh in der Staatsoper noch nicht zu sagen.

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