Staatsanwaltschaft Wien gegen Wiener Verein wegen Hamas-Nähe
Der Verein Dar al Janub (arabisch: Haus der Sonne, Anm.) gab am Sonntag bekannt, dass Hausdurchsuchungen an fünf Orten stattfanden, darunter die Wohnungen von ehemaligen und aktuellen Vorstandsmitgliedern sowie das Vereinslokal in Wien-Ottakring. Dabei wurden elektronische Geräte, Vereinsunterlagen, Literatur und persönliche Tagebücher wurden beschlagnahmt. Die Auswertungen sind noch im Gange.
ÖVP-Anzeige für Ermittlungen gegen Wiener Verein ausschlaggebend
"Diese Anschuldigungen basieren vorwiegend auf langjähriger politischer und wissenschaftlicher Arbeit des Vereins", heißt es von Dar al Janub. Seit seiner Gründung 2003 widmet sich der Verein laut Selbstverständnis der Aufarbeitung globaler Ungerechtigkeiten, fördert "marginalisierte Stimmen aus dem Globalen Süden" und organisiert Bildungsprojekte, Reisen und Konferenzen. Der Verein wurde in der Vergangenheit laut Eigenangaben von der Stadt Wien, der Austrian Development Agency (ADA) und dem OPEC Fund unterstützt.
Wie der APA vonseiten der Staatsanwaltschaft bestätigt wurde, gab eine Sachverhaltsdarstellung der ÖVP den Anstoß zu den Ermittlungen. Der Verein kritisiert, dass "damit ein politisches Klima geschaffen werde, in dem kritische Positionen zur israelischen Politik kriminalisiert und legitime zivilgesellschaftliche Arbeit delegitimiert werden."
Wiener Verein im Fokus der Dokustelle politischer Islam
Laut dem Verein stütze sich die Anzeige auf eine Studie der Dokumentationsstelle politischer Islam. Hinter der Fassade einer berechtigten Interessensvertretung verstecke sich ein "dichotomes Weltbild, das alles Gute dem 'globalen Süden' und alles Negative dem 'Westen' zuschreibt", heißt es in dem vor zwei Jahren veröffentlichten Bericht. Dabei gehe der Verein Bündnisse mit "linksextremen und antisemitischen Gruppen ein" und unterstütze verschiedene als terroristisch eingestufte Organisationen.
Der Sprecher von Dar al Janub postete im Jahr 2021 auf Facebook ein Foto mit Ismail Haniyeh, einer der zentralen Führerfiguren der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, mit den Worten: "Man muss weit reisen, um Politiker zu treffen, die ihr Wort halten." Mitte der 2000er Jahre sollen sowohl Vertreter der Hamas in Österreich bei Veranstaltungen von Dar al Janub eingeladen gewesen sein, als auch Vertreter des Wiener Vereins sich mit dem hochrangigen Hamas-Funktionär Osama Hamdan im Libanon getroffen haben.
Auch in der jüngeren Vergangenheit zeigte der Verein Sympathien mit verschiedenen islamistischen Gruppierungen und teilte Bilder, auf denen gefallene islamistische Kämpfer als Märtyrer bezeichnet werden. Am 9. Oktober 2023 - also zwei Tage nach dem Großangriff der Hamas auf Israel, bei dem es zu Entführungen und Vergewaltigungen an der israelischen Zivilbevölkerung gekommen war - bezeichnete der Verein die Hamas und ihre Verbündeten als "Palestinian resistance forces", die einen "process of liberation" eingeleitet hätten (Palästinensische Widerstandskräfte, die einen Befreiungsprozess eingeleitet hätten, Anm.). Aus dem DPI-Bericht geht hervor, dass sich Dar al Janub in der Vergangenheit als Partner in der Entwicklungshilfe darstellte und hierfür etwa vom OPEC Fund for International Development 100.000 US-Dollar (knapp 86.000 Euro) erhielt.
Wiener Verein weist Anschuldigungen zurück
Dar al Janub weist alle Vorwürfe entschieden zurück und warnt vor den "gefährlichen Folgen politisch motivierter Einschüchterung zivilgesellschaftlicher Initiativen in Österreich". Die Treffen mit palästinensischen Vertretern und Vertreterinnen, darunter auch Repräsentanten der Hamas oder der ebenso radikalen PFLP (Volksfront für die Befreiung Palästinas), hätten im Rahmen politischer Reisen, Konferenzen oder öffentlich dokumentierter Interviews stattgefunden. Social-Media-Postings würden als "Werbung für terroristische Organisationen" interpretiert, "obwohl sie journalistische Beiträge oder wissenschaftliche Arbeiten verlinken", so der Verein.
(APA/Red)