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SPÖ rückt von jahrzehntelanger Ausgrenzung der FPÖ ab

Rot-Blau auf Bundesebene bisher erst einmal
Rot-Blau auf Bundesebene bisher erst einmal ©APA
Die SPÖ legt am Mittwoch ihren Kriterienkatalog mit Bedingungen für künftige Koalitionen fest. Zentrale Frage dabei wird das künftige Verhältnis zur FPÖ sein, das jahrzehntelang von klarer Abgrenzung geprägt war.

Eine rot-blaue Zusammenarbeit wäre zwar kein Novum, aber doch die klare Ausnahme: Im Bund kam es bisher erst einmal zu einer solchen Koalition, nämlich 1983 unter SP-Chef Fred Sinowatz.

Letzte SPÖ/FPÖ-Koaltion von 1983-86

Die einzige Koalition im Bund gab es noch vor der Zeit der deutlichen Abgrenzung der SPÖ gegenüber der FPÖ. Im Jahr 1983 – nach Jahren der Alleinregierung (1971 bis 1983) verlor die SPÖ die Absolute. Der damalige SPÖ-Chef Bruno Kreisky übergab den Parteivorsitz an Sinowatz, und dieser ging die noch von Kreisky in die Wege geleitete rot-blaue Koalition mit Norbert Steger als FPÖ-Vizekanzler ein. Nach dem Sturz Stegers durch Jörg Haider 1986 beendete der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky die Zusammenarbeit mit den Blauen; seitdem lebte die SPÖ auf Bundesebene die Vranitzky-Doktrin der klaren Abgrenzung zur FPÖ, die zuletzt sichtlich aufgeweicht wurde.

Eine weitere Kooperation auf Bundesebene – wenn auch keine Koalition – gab es bereits zuvor im Jahr 1970: Damals unterstützte die FPÖ unter Friedrich Peter die SPÖ-Minderheitsregierung, die eineinhalb Jahre (bis zur Wahl 1971) hielt.

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Auf Landesebene wurde die unter Vranitzky aufgestellte Brandmauer zur FPÖ nicht überall als Hindernis gesehen, was jeweils zu starken innerparteilichen Debatten führte. In Kärnten arbeiteten FPÖ und SPÖ in den 2000er-Jahren zwei Jahre lang zusammen und im Burgenland besteht seit 2015 eine SPÖ-FPÖ-Regierung. Kärntens SP-Landesparteichef Peter Ambrozy ging 2004 als Juniorpartner eine Zusammenarbeit mit Jörg Haiders FPÖ ein; der Pakt wurde in den frühen Morgenstunden des 13. März in einem Klagenfurter Traditionshotel mit italienischem Rotwein begossen, was ihr den Spitznamen “Chianti-Koalition” eintrug.

Dieser parteiintern höchst umstrittene Schritt stieß auf heftigen Widerstand und führte zum ersten Parteitagsbeschluss, der sich klar gegen Koalitionen mit der FPÖ stellt. Ein entsprechender Antrag der Sozialistischen Jugend (SJ) wurde beim 38. Ordentlichen SPÖ-Parteitag am 30. November 2004 beschlossen. “Keine Koalition mit einer rechtspopulistischen FPÖ”, hieß es darin. Die Zusammenarbeit der SPÖ in Kärnten mit den zum BZÖ mutierten Freiheitlichen hielt bis 2006.

Koalition im Burgenland

Aktuell besteht seit 2015 wieder eine – vor allem zu Beginn parteiintern heftig kritisierte – rot-blaue Koalition auf Landesebene. Nach dem Absturz der SPÖ bei der burgenländischen Landtagswahl von 48,3 auf 41,9 Prozent suchte Landesparteichef Hans Niessl die Zusammenarbeit mit der von Hans Tschürtz geführten Landes-FPÖ. Die nach nur zwei Tagen Verhandlungen fixierte Koalition wird seitdem von roten Befürwortern einer Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen gerne als funktionierendes Musterbeispiel gepriesen.

Mit der Koalition im Burgenland konterkarierte die rote Landespartei nicht nur den Parteitagsbeschluss aus dem Jahr 2004, sondern auch eine weitere Festlegung der SPÖ: In einem im November 2014 von der Jungen Generation beim 43. Ordentlichen SPÖ-Parteitag beschlossenen Antrag heißt es wörtlich: “Die SPÖ spricht sich klar gegen eine Koalition mit der FPÖ auf allen politischen Ebenen aus.” Die FPÖ wird darin als “rechtsextreme Partei” bezeichnet.

Spargelessen mit Haider

Für eine Aufweichung der scharfen Abgrenzungs-Linie sorgte zuvor schon Ex-SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Im Frühjahr 2003 traf sich dieser zu einem viel beachteten Spargelessen mit dem damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ). Gegen Kritik verteidigte sich Gusenbauer und betonte, die Ausgrenzung der FPÖ sei ein Fehler gewesen; im Sommer 2003 erklärte er, er sage nicht kategorisch Nein zu einer möglichen künftigen Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen.

Auch der aktuelle SPÖ-Chef Christian Kern zeigt deutlich weniger Berührungsängste mit den Blauen als so mancher Vorgänger. Deutlich wurde dies etwa bei einem Zusammentreffen von Kern und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im November des vergangenen Jahres: Im Doppel-Interview der Ö1-Sendereihe “Klartext” lieferten sich die Parteichefs ein erstes öffentliches Streitgespräch und gaben sich dabei betont amikal. Die Gesprächsbasis sei eine gute, versicherten sich beide gegenseitig – und Strache meinte damals, dass mit dem Kanzler- und Parteichefwechsel bei der SPÖ eine “neue Qualität” der Gesprächsbasis eingetreten sei. Kern seinerseits erklärte, er habe angekündigt, mit allen Parteien reden zu wollen.

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