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SPÖ legt Wahlprogramm vor

Programm soll am Donnerstag beschlossen werden
Programm soll am Donnerstag beschlossen werden ©APA
Die SPÖ legt ihr über 200 Seiten dickes Wahlprogramm unter dem Motto "Ich hol mir, was mir zusteht" vor. Das "Programm für Wohlstand, Sicherheit & gute Laune" ist eine Erweiterung des "Plan A" von Parteichef Christian Kern, den der Kanzler bereits im Jänner vorgelegt hat. Ein paar Punkte sind aber doch dazugekommen. Den Unternehmern schlägt der Kanzler einen "Deal" vor.

Der Slogan “Ich hol mir, was mir zusteht” soll sich durch die Kampagne ziehen und soll verschiedene Zielgruppen ansprechen. So verspricht die SPÖ etwa für Arbeitnehmer “mehr Netto vom Brutto”, für Frauen “gleiche Chancen” und für Senioren “sichere Pensionen”.

Das Programm soll am Donnerstag beim roten Bundesparteirat – einer Art Mini-Parteitag – beschlossen werden. Das meiste ist inhaltlich ohnehin bekannt aus dem “Plan A” oder bereits formulierten Koalitionsbedingungen. Nachdem die “Kronen Zeitung” Teile des Papiers Dienstagabend veröffentlicht hat, wurde es auch anderen Medien wie der APA zur Verfügung gestellt.

15. Oktober “Richtungsentscheidung”

Österreich stehe am 15. Oktober vor einer “Richtungsentscheidung”, schreibt Kern. Herausforderungen seien auch Chancen, betont der Kanzler in seiner Einleitung. “Niemand verbietet uns, unser Schicksal in die Hand zu nehmen. Und das ist mein Angebot: Gestalten wir unser Österreich und unsere Zukunft gemeinsam.” Österreich stehe gut da – trotzdem gebe es einiges zu verändern. Der Aufschwung müsse bei allen ankommen, meint Kern.

Arbeit dürfe nicht “Lohnsklaventum” bedeuten, zeigt sich Kern in seiner Einleitung durchaus klassenkämpferisch. “Soll ‘Jeder Mensch lebt wie ein Uhrwerk, wie ein Computer programmiert’ wirklich unser Menschenbild sein? Meines ist es nicht”, bemüht der Kanzler da sogar einen Deutschpunk-Klassiker der Toten Hosen aus den späten 1980er-Jahren. “Jeder Mensch is wertvoller ois olle Roboter zaum”, gibt man sich ein paar Seiten weiter hinten volksnah im Dialekt.

Regelungen für prekäre Arbeitsverhältnisse

Im Kapitel “Typisch atypisch” bemüht sich die SPÖ um Betroffene von prekären Arbeitsverhältnissen – diese dürften nicht im rechtsfreien Raum verbleiben. “Auch für Crowdwork, Teilzeitarbeit und Praktika muss es Regeln geben, die (junge) Menschen davor schützen, als ‘Billigsdorfer-ArbeiterInnen’ ausgenutzt zu werden.” So soll es ein eigenes “Crowdworkgesetz” für jene Arbeiten geben, bei dem Personen über Plattformen für andere Leistungen erbringen (z. B. Taxidienste, Essenszustellung, Wohnungsreinigung). Es soll etwa eine Verpflichtung zur Zahlung zumindest des kollektivvertraglichen oder sonst festgelegten Mindestentgelts bringen.

Außerdem fordert die SPÖ, dass Mehrarbeit bei Teilzeit so wie eine Überstunde mit einem Zuschlag von 50 Prozent abgegolten werden soll. Für die “Generation Praktikum” soll über kollektivvertragliche Regelungen ein “faires Entgelt” sichergestellt werden.

Augenmerk auf Lehrlinge und Wirtschaft

Ebenfalls ein Auge wirft die SPÖ auf die Lehrlinge: Sie sollen im Rahmen der Berufsschule kostenlos den Führerschein machen können. Weiters sollen Sprachkurse im Ausland von bis zu vier Wochen finanziert werden. Weitere Zuckerl: Kein Sitzenbleiben in der Berufsschule, Internatskosten sollen nicht am Lehrling hängen bleiben, flächendeckend mindestens 700 Euro ab dem zweiten Lehrjahr. Außerdem soll die Durchlässigkeit zwischen Schule und Lehre verbessert werden – durch Anrechnung der Schulzeiten auf die Lehrausbildung und der Lehrzeiten auf die Schulzeiten.

Die SPÖ will sich vor der Wahl auch als Wirtschaftspartei positionieren – der Kanzler will den Unternehmern “einen Deal” vorschlagen: “Ich verbessere Ihre Rahmenbedingungen, Sie investieren (noch stärker als bisher) in Jobs und Standort.” In einer neuen Zusammenstellung bereits bekannter Forderungen rechnet die SPÖ vor, dass man die Unternehmen unterm Strich um zwei Milliarden Euro entlasten will.

Denn “Belastungen” im Ausmaß von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr (wie eine Wertschöpfungsabgabe) stünden “Entlastungen” für Unternehmen von 4,4 Milliarden Euro gegenüber, etwa mittels Senkung der Lohnnebenkosten (Halbierung der Arbeitgeberbeiträge zum FLAF) um drei Milliarden Euro.

Schwerpunkt Steuern

Ein Schwerpunkt des Wahlprogramms ist überhaupt das Steuer-Kapitel: Das Steuersystem sei “weich, aber ungerecht”, nämlich “weich zu Konzernen und großen Vermögen, gleichzeitig ungerecht zur hart arbeitenden Mittelschicht”. Es sei “Zeit, die Schrauben in die richtige Richtung zu drehen”. Der Faktor Arbeit soll insgesamt um 5,3 Milliarden Euro entlastet werden.

Nicht fehlen darf da die rote Forderung nach einem steuerfreien Mindestlohn von 1.500 Euro. Ebenfalls enthalten: Eine Erbschafts- und Schenkungssteuer ab einer Million Euro zur Sicherung der Pflegefinanzierung. Zur Begrenzung der Managergehälter plädiert die SPÖ für eine gesetzliche Regelung, die börsenotierte Unternehmen verpflichtet, “das Verhältnis von Managerbezügen zum Durchschnitt ihrer MitarbeiterInnen per Aufsichtsratsbeschluss festzulegen”.

Infrastruktur

Ein Anliegen ist der SPÖ auch der Schutz und Ausbau der österreichischen Infrastruktur. Mit Verweis auf chinesische Übernahmen von High-Tech-Unternehmen fordert die SPÖ, “dass keine weiteren Verkäufe von strategisch wichtigen österreichischen Unternehmen an Eigentümer aus Drittstaaten erfolgen”. Dazu brauche es eine gesetzliche Änderung, die genau festlege, wann es sich bei einem Unternehmen um “strategisch wichtige Hochtechnologie” handle und somit ein öffentliches Interesse bestehe, dass es in österreichischem oder zumindest europäischem Eigentum bleibt. Für geschädigte Konsumenten will man Gruppenklagen ermöglichen (Stichwort Dieselskandal).

Ein “Pflegegarantiefonds”, etwa gespeist aus der Erbschaftssteuer, soll allen das Recht auf leistbare Pflege bringen. Das Pflegegeld soll jährlich valorisiert werden.

Im Bereich Pensionen verspricht die SPÖ Verbesserungen für Mindestpensionisten, einen weiteren Abbau von Pensionsprivilegien und einen gesetzlichen Schutz der Gutschriften auf dem Pensionskonto.

Rechtsanspruch auf Papamonat

Familienpolitisch pocht die SPÖ auf einen Rechtsanspruch auf einen bezahlten Papamonat nach der Geburt des Kindes. Wenn laut SPÖ großzügig geschätzt 50 Prozent der Väter diesen Rechtsanspruch auf einen Papamonat bei vollem Lohnausgleich in Anspruch nehmen würden, würde das 100 Millionen Euro pro Jahr kosten. Für Klein- und Mittelunternehmen würde der Familienlastenausgleichsfonds die Kosten der Entgeltfortzahlung ersetzen. Gegen Kinderarmut will man eine Unterhaltsgarantie für Kinder im Familienbeihilfesystem einführen, um Kinder, die keinen oder einen sehr geringen Unterhalt beziehen, abzusichern.

Um das Trinkwasser zu schützen, fordert die SPÖ Einschränkungen bei der Ausbringung von Gülle und eine Begrenzung der Menge von Kunstdünger. Das Pflanzenvernichtungsmittel Glyphosat soll verboten werden.

Ländlichen Raum stärken

Stärken will die SPÖ den ländlichen Raum: Vom Breitbandausbau bis zur KMU-Förderung brauche es Investitionen von über einer Milliarde Euro zur Stärkung des “Wirtschaftsstandortes ländlicher Raum”. Auch plant die SPÖ eine “Öffi-Offensive” und wirbt in diesem Kapitel noch für ihre bekannten Forderungen nach einem Recht auf Ganztages-Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr, mehr Ganztagsschulen und mehr Polizisten.

Recht weit hinten im Wahlprogramm findet sich das Europa-Kapitel: Hier will man Steuerbetrug bekämpfen, ein Aus für Lohn- und Sozialdumping (Reform der Entsenderichtlinie) und die “soziale Säule” stärken.

Im Kulturbereich will die SPÖ etwa mit einem “Museumssonntag” punkten. Der Zugang zu den Bundesmuseen und zu den Sammlungen soll mit einem Tag Gratiseintritt pro Woche verbessert werden.

Freizeitmäßig schlägt die SPÖ eine Öffnung der Forststraßen für Mountainbiker und Reiter vor. Außerdem sollen Schulsportstätten im Sommer geöffnet werden. Zudem will man Freiwilligenarbeit fördern, etwa durch einen Freistellungsanspruch von drei Tagen pro Jahr mit Entgeltfortzahlung für jene rund 335.000 Arbeitnehmer, die im Katastrophen- und Rettungsdienst (“Blaulichtorganisationen”) im Einsatz sind, bezahlt aus dem Katastrophenfonds.

(APA)

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