Demonstrationsrecht: Sobotka steht schon wieder alleine da

Diese Frage gehöre erst einmal intern diskutiert. Sobotka schmiedet indes beharrlich an seinen Plänen weiter. Nach der kategorischen Ablehnung der Pläne durch Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wies auch der für Verfassungsfragen zuständige SPÖ-Minister Thomas Drozda den ÖVP-Entwurf zum Versammlungsgesetz zurück. “Das ist eindeutig verfassungswidrig. Aus diesem Grund werden wir dieser Idee nicht nahetreten”, sagte er. Bundeskanzler Kern wies darauf hin, dass die Behörden schon jetzt genügend Möglichkeiten hätten und weitere Maßnahmen deshalb nicht notwendig seien.
Ein klares Nein zu den geplanten Einschränkungen im Demonstrationsrecht kam auch vom Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt. In einer der APA vorliegenden Stellungnahme hält dieser fest, dass der von Sobotka an die SPÖ übermittelte Entwurf des Versammlungsgesetzes 2017 gleich in mehrfacher Hinsicht gegen Artikel 11 der Menschenrechtskonvention verstoße und daher verfassungswidrig sei.
Mitterlehner pfeifft Sobotka zurück
Aber nicht nur die SPÖ, auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) pfiff seinen Parteikollegen Sobotka zurück. Es sei “nicht im Sinn der Sache, die Diskussion endlos weiterzuführen”, sagte er und kündigte ein Gespräch mit Sobotka zu diesem Thema an. Ein derartig sensibles Thema wie Grundrechte müsse man vorerst einmal intern besprechen, meinte der ÖVP-Chef. Er sieht derzeit jedenfalls wenig Möglichkeit, das Thema im Laufen zu halten.
Sobotka hatte zuvor trotz des SPÖ-Vetos angekündigt, an seinen Plänen festzuhalten. “Es wäre vollkommen falsch, das ad acta zu legen”, sagte Sobotka im APA-Interview. “Die Diskussion ist fortzusetzen, auf Expertenebene”, meinte Sobotka später nach den Mitterlehner-Aussagen in seine Richtung. “Der Minister hat eine Ministerverantwortung und hat auch in dieser Verantwortung zu agieren”, so Sobotka. Und weiter: “Ich glaube, dass es notwendig ist, Positionen zu beziehen.”
Rückendeckung von der FPÖ
Der ÖVP-Minister steht damit zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage in der Regierung alleine da. Sobotka wollte das neue Regierungsabkommen vergangene Woche zunächst als einziger Minister nicht unterzeichnen. Nachdem deshalb seine Abberufung im Raum gestanden sein soll, setzte Sobotka doch noch seine Unterschrift unter den Pakt.
Rückendeckung erhielt Sobotka unterdessen von den Freiheitlichen. “Wir bekennen uns zum Demonstrationsrecht, aber auch die Rechte von nicht-demonstrierenden Bürgern, Anrainern und Geschäftsleuten sind zu schützen”, meinte Generalsekretär Herbert Kickl. Gleichzeitig kritisierte er die SPÖ, die zwar im Internet das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung beschneiden wolle, “beim Demonstrationsrecht macht sie unter dem Deckmantel der Verteidigung der Grundrechte linkslinken Chaoten die Mauer”.
Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl hält eine Änderung des Versammlungsrechts für nötig – etwa höhere Strafen für Versammlungsleiter, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen, eine Klarstellung der Schutzzonen oder die Möglichkeit, Demos an gewissen Orten zu gewissen Zeiten generell zu untersagen. Dies habe auch eine Expertengruppe aus Ministeriums- und Polizeivertretern vorgeschlagen.
Blümel steht hinter Sobotka
Auch aus der Wiener ÖVP erhielt Sobotka am Mittwoch Rückendeckung. “Probleme, die einfach da sind, muss man diskutieren können”, sagte Landesobmann Gernot Blümel in einer Aussendung. Er wandte sich damit offensichtlich auch gegen den eigenen Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner, der Sobotka zurechtgewiesen hatte.
“Die Diskussion über Demonstrationen und gesetzliche Änderungen ist längst überfällig und dringend notwendig”, sagte Blümel. Wenn die Wiener Innenstadt durch Demonstrationen abgeschnitten oder Teile davon lahmgelegt würden, seien dies keine “Kleinigkeiten”. “Genau darüber muss man diskutieren dürfen. Denn sonst treibt man die Menschen in die Hände von Populisten”, so Blümel.
(APA)