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SPÖ bewegt sich Richtung Kern

Christian Kern derzeit offenbar mit den besten Chancen
Christian Kern derzeit offenbar mit den besten Chancen
Am Tag nach dem Rücktritt von Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann beginnen sich die ersten Landesparteien zu positionieren. In der Steiermark, in Niederösterreich in Kärnten und in Vorarlberg haben sich die Landesparteivorstände bereits auf ÖBB-Vorstand Christian Kern als Wunsch-Nachfolger festgelegt. Auch die Salzburger SPÖ tendiert in diese Richtung.


Der nächste wichtige Termin dazu findet kommenden Freitag statt, wenn sich die Landesparteiobmänner neuerlich beraten. Dass es dort – wie kolportiert – ein Kandidaten-Hearing gibt, wurde vom interimistischen Parteichef Michael Häupl allerdings dementiert. Ziemlich wahrscheinlich ist, dass man sich bei dem Treffen aber auf jenen Kandidaten einigen wird, der am Dienstag nach Pfingsten Präsidium und Vorstand vorgeschlagen wird.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl geht davon aus, dass am Freitag der Kreis der Anwärter zumindest eingeengt wird. Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser deutete an, dass angestrebt werde, sich bereits im Vorfeld des Vorstands am Dienstag auf nur einen Kandidaten festzulegen. Auf die Frage, wann er damit rechne, dass der Neue als Bundeskanzler angelobt werde, sagte er: “Wenn die ÖVP sich so verhält, wie es wir ihr gegenüber tun, dann wäre das am kommenden Mittwoch.”

Während die Top-Favoriten Kern und Gerhard Zeiler heute weiter schwiegen, machten die Außenseiter im Kandidaten-Rennen klar, dass sie nicht damit rechnen zum Zug zu kommen. So meinte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil: “Ich glaube, diese Frage stellt sich nicht.” Das habe sich schon gestern gezeigt. Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser sieht sich ebenfalls nicht an der Parteispitze, alleine, weil sie niemand darum gebeten habe.

Eine Hintertür ließ sich Klubobmann Andreas Schieder offen, der als Kompromiss-Kandidat gilt: “Ich stehe für die Aufgabe zur Verfügung, die mir die Partei zugedenkt.” Grundsätzlich hielt er aber fest, weiter auf seinem Posten bleiben zu wollen. Dazu wären auch die roten Minister bereit, wollen diese Entscheidung aber dem neuen Kanzler überlassen.

Die SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament Evelyn Regner forderte unterdessen nach dem Rücktritt Faymanns einen “Kraftakt” der Sozialdemokraten. Dies werde “sehr schwierig”. Es gebe durchaus ein Problembewusstsein, aber “dass man das erkennt, heißt noch nicht, dass man die Zauberlösung hat”. Regner erklärte am Dienstag am Rande der Sitzung des EU-Parlaments in Straßburg, dass der Abgang von Faymann beim Parteivorstand der SPÖ vom Vortag “ohne Bitterkeit” erfolgt sei. Was die Zukunft betrifft, werde es nach bisherigem Verständnis keine Trennung zwischen neuem Kanzler und neuem Parteivorsitzenden geben.

Regner gab sich gleichzeitig illusionslos über die Zukunft. “Die Geschichte ist die, wir sehen alle, dass die österreichische Bevölkerung was neues, was anderes haben möchte. Was auch immer und wer es ist”. Wenn dabei SPÖ draufstehe, und selbst wenn dies die richtigen Themen seien, komme das manchmal nicht mehr an. “Die Menschen spüren zu wenig davon und erwarten auch sehr viel von der Politik”. Wesentlich werde deshalb auch sein, in der SPÖ eine “sehr offene Debatte zu führen” und “gleichzeitig zum inneren Frieden” zu kommen.

Auf Personalspekulationen, wer Kanzler und SPÖ-Chef werden dürfte, ließ sich Regner nicht ein. Bisher sind fünf Namen aufgetaucht – neben der früheren Staatssekretärin und Siemens-Topmanagerin Brigitte Ederer als einziger Frau noch vier Männer: Christian Kern von den ÖBB, Medienmanager Gerhard Zeiler, SPÖ-Klubchef Andreas Schieder und Burgenlands LH Hans Niessl. Für Faymann wünscht sich Regner eine europäische Funktion. “Ich fände das durchaus wertvoll”.

Ein Solo im Pressefoyer nach dem Ministerrat legte am Dienstag Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hin, der ja seit gestern Nachmittag die Geschäfte der Regierung führt. Den Auftritt nützte er, um der SPÖ gleich einmal auszurichten, was man sich von ihr nach dem Vorsitzenden-Wechsel erwarte.

Das wäre in erster Linie eine Beibehaltung das Flüchtlingskurses sowie ein neuer Stil in der Regierung. Inhaltlich würde man sich gerne stärker dem Standort widmen, die Arbeitszeit flexibilisieren und allenfalls auch das Regierungsprogramm ein wenig überarbeiten. Falls die SPÖ länger braucht, einen neuen Chef zu finden, hätte Mitterlehner auch nichts dagegen. Sollte die SPÖ “keine Entscheidung finden”, könne man ja immer noch das Modell Steiermark fortführen, witzelte der Vizekanzler: Dort hatte ja die zweitplatzierte ÖVP den Landeshauptmannsessel von der SPÖ ergattert.

Mehr über die Positionierung der Volkspartei wird man wohl nach einem kurzfristig anberaumten Parteivorstand wissen, der Dienstagnachmittag in Salzburg in Szene geht. Zwar sprach sich im Vorfeld der Großteil der Parteigranden wie Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer klar gegen vorgezogene Neuwahlen aus, doch sehen das in der ÖVP offenbar nicht alle so. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner schätzte die Möglichkeit von Neuwahlen “zur Stunde auf 50:50” – diese seien zwar nicht anzuraten oder anzustreben, die Bundesregierung brauche aber einen Neustart.

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