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SPÖ droht mit Abbruch

Nach dem Absprung der Grünen könnte der ÖVP mit der SPÖ ein weiterer potenzieller Koalitionspartner verloren gehen. Gusenbauer nannte die Lage "ernst".

Die jüngsten Personalbesetzungen im Innenministerium durch Ernst Strasser (V) haben die Sozialdemokraten schwer verärgert und mit einem Abbruch der Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung drohen lassen. Für die ÖVP meinte zuletzt der neue Nationalratspräsident Andreas Khol, er hoffe, dass die Regierung Anfang Februar stehen werde, die „Phase des Auslotens“ bei den Sondierungen werde Mitte Jänner vorbei sein. Dabei werde man „mit allen Parteien, die sich mit uns einlassen, hoffentlich der SPÖ, sicher der FPÖ, zum harten Geschäft kommen“, wobei Khol auch meinte, dass die Tür der ÖVP zu den Grünen nicht zu sei.

Die jüngste Erregung über die Ablöse des der SPÖ zugerechneten Generalinspektors der Wiener Sicherheitswache, Franz Schnabl, der durch Ernst Holzinger ersetzt werden soll, hatte dazu geführt, dass Bürgermeister Michael Häupl seinen Rückzug aus dem Verhandlungsteam der Sozialdemokraten überlegte. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer erklärte zuletzt, seine Partei werde über die Weiterführung der Sondierungsgespräche mit der ÖVP bei einer Präsidiumsklausur am 3./4. Jänner entscheiden. Der ÖVP hielt er „Postenschacher übelsten Typs“ vor. Er verstehe die Verärgerung Häupls, „weil es nicht sein kann, dass mit Schnabl eine von einer unabhängigen Kommission an den ersten Platz gereihte Person, die Jahre lang das Amt erfolgreich ausgeübt hat, von jemandem abgelöst wird, der von der Kommission als am ungeeignetsten erklärt wird“.

Gusenbauer nannte die Lage „ernst“, sprach von einer „bewussten Provokation“. Es handle sich um „Praktiken, da brauchen wir nicht weiter reden“. Beim Vier-Augen-Gespräch mit ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel am morgigen Montag 15.00 Uhr werde man die Causa zur Sprache bringen. Es stelle sich die Frage, „ob Schüssel das deckt oder ob es ein Strasser-Alleingang ist“.

Khol selbst sieht dagegen in der Aufregung um die jüngsten Postenbesetzungen im Innenressort kein Signal in Richtung verfrühtes Aus für eine mögliche schwarz-rote Koalition. Strasser habe lediglich „Ministerverantwortlichkeit ausgeübt“. Das sei kein Affront der ÖVP gegenüber der SPÖ: „Wir sollten diese wichtige Regierungsbildung nicht mit einer Personalfrage zusammenkoppeln“. Allerdings konzedierte Khol, dass ihn die Bewertungsfrage von Schnabl und Holzinger “üblicher Weise auch stutzig machen würde“. Er wisse aber auch, „wie sehr die Polizei ihren Besitzstand hütet und wie sehr die Gendarmerie das tut“.

Khol bezeichnete ferner die SPÖ als handlungsfähig, was er von der FPÖ derzeit nicht behaupten konnte. „Ich kann nicht die innere Befindlichkeit der FPÖ beurteilen. The proof of the pudding is in the eating“. Man werde am Ende der Verhandlungen zu beurteilen haben, ob die FPÖ ihren Klärungsprozess abgeschlossen habe. Generell sieht Khol die Pensionsreform als „Prüfstein für die Regierungsfähigkeit“, wobei er hinzufügte, dass er einen „Eingriff in bestehende Pensionen als Ding der Unmöglichkeit“ sehe.

Der von der FPÖ ins ÖVP-Regierungsteam gewechselte Finanzminister Karl-Heinz Grasser forderte von den Freiheitlichen Verlässlichkeit ein. FPÖ-Obmann Herbert Haupt sei „aufgerufen, mit anstehenden Personalentscheidungen Stabilität zu beweisen“. Ob die FPÖ regierungsfähig sei, beantwortete Grasser so: „Das ist nicht mein Thema“.

Für die ÖVP warf Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat der SPÖ „altes Proporz- und Pfründedenken“ vor. Der Vorwurf der SPÖ, die ÖVP handle parteipolitisch, sei strikt zurückzuweisen. Dagegen meinte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures, wenn jemand in den Kategorien „Pfründe, Posten und Proporz“ denke, dann sei dies zweifelsfrei die ÖVP. Strasser verwechsle das Innenministerium offenbar mit der niederösterreichischen ÖVP-Zentrale.

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