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Spinnenfäden ersetzen Nerven!

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Kaum zu glauben, aber wahr: Ausgerechnet Spinnenseide könnte schon bald in der Humanmedizin als Reparatur von geschädigten Nerven Verwendung finden.

Die beiden Wissenschaftlerinnen Christina Allmeling und Kerstin Reimers-Fadhlaoui der Klinik für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben für ihre Arbeit nun den Innovationspreis der Deutschen Hochschulmedizin 2007 erhalten.

Spinnen als Nervenschützer

Seit knapp drei Jahren arbeiten die Forscherinnen bereits mit tropischen Spinnen der Gattung Nephila. “Diese langbeinigen Tiere, die mit ihren Beinen Handtellergroß werden, stellen extrem feine aber äußerst widerstandsfähige Haltefäden her”, erklärt Reimers-Fadhlaoui. “Mit einer Kurbelmaschine, die von Kollegen der Technischen Chemie der Universität Hannover konstruiert wurde, können den Tieren mehrere hundert Meter Seide entnommen werden”.

Die beiden Forscherinnen verwenden ausschließlich natürliche Spinnseide. Die Fäden der Spinne Nephila clavipes weisen besonders günstige Eigenschaften auf: Sie fördern das Anhaften und die Teilung von Zellen und werden nicht vom körpereigenen Abwehrsystem abgestoßen. “Zudem besitzt sie noch antibakterielle Wirkung.”

Eingesetzt werden soll der Spinnfaden vor allem bei der Behandlung von Defekten der so genannten peripheren Nerven wie etwa an Händen, Füßen, Armen, Beinen oder im Gesicht. Solche Verletzungen treten zum Beispiel bei Verkehrsunfällen mit Motorrädern auf.

“Bei Unfallverletzungen werden zur Rekonstruktion der Defekte meist körpereigene Transplantate verwendet. Allerdings reichen diese sehr oft nicht aus”, erklärt Reimers. Ein weiteres Problem dieser Verletzungen ist, dass die Dauer der Heilung sehr lange Zeit in Anspruch nimmt, da die Zellkörper nur sehr langsam wachsen. “In der Zwischenzeit kann es passieren, dass Narbengewebe diese Lücke füllt.” – was natürlich nicht hilfreich ist.

Platzhalter fürs Zellenwachstum

Als alternative Therapiemöglichkeit zu den körpereigenen Transplantaten biete sich das so genannte Tissue Engineering an. Dabei werden künstliche Nerven durch Gewebezüchtung hergestellt. “Wir wollten die Bildung von Narbengewebe unter allen Umständen verhindern und haben nach brauchbaren Platzhaltern gesucht, die als Leitbahn für die Bildung neuer Nerven dienen können.” Dabei haben sich die Spinnfäden angeboten.

Derzeit sind die Forscherinnen damit beschäftigt, im Schafmodell die Fähigkeit der Spinnseide unter Beweis zu stellen. “Ehe es zu einer Anwendung im humanmedizinischen Bereich kommt, wird es allerdings noch ein paar Jahre dauern”, prophezeit die Wissenschaftlerin. (pte)

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