Spendenaffäre um "Tesfaye": Verein trägt Spendengütesiegel und nimmt Stellung
Wie das Wochenmagazin “News” durch einen am Mittwoch veröffentlichten Bericht bekanntgab, zeichnet sich derzeit eine Spendenaffäre um das Äthiopien-Kinderhilfsprojekt “Tesfaye” ab. Der ehemalige Obmann des Vereins steht im Verdacht, mehr als 30.000 Euro veruntreut zu haben.
Voraussetzungen für Spendensiegel gegeben?
Prominente Testimonials wie die Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl und Ex-Schwimmer Markus Rogan haben sich eine Zeit lang für den Verein engagiert. “Tesfaye” ist zudem Träger des österreichischen Spendengütesiegels. “Wir überprüfen jetzt, ob die Voraussetzungen für das Spendengütesiegel weiter gegeben sind”, sagte Heinrich Mathis von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) im Gespräch mit der APA.
Zuerst werde eine Stellungnahme des zuständigen Prüfers eingeholt. Der Verein habe laut Mathis jedenfalls das Richtige getan – “sofort Anzeige erstattet und die Behörden eingeschaltet”. Und: “Die Spendenidee des Vereins ist natürlich okay”, betonte Mathis. Die Überprüfungen bei “Tesfaye” hätten in den Jahren 2008, 2009 und 2010 stattgefunden. Laut “News” soll die Veruntreuung durch den ehemaligen Obmann im Mai 2010 begonnen haben. Der 46-Jährige weist die Vorwürfe allerdings zurück. Die Staatsanwaltschaft Wien hat Ermittlungen aufgenommen. “Es ist ein Ermittlungsverfahren anhängig”, bestätigte eine Behördensprecherin gegenüber der APA. “Ich bin zuversichtlich, dass es nicht zur Anklage kommt und das Verfahren eingestellt wird”, sagte Wolfgang Moser, der Anwalt des 46-Jährigen.
Auch Schwester von Claudia Stöckl erhielt Geld
“News” veröffentlichte zudem, dass auch Geld an Stöckls Schwester – eine Fotografin – geflossen ist. In diesem Fall geht es um Bilder von äthiopischen Patenkindern. Die Fotos wurden bei Events in Österreich verkauft. Die dabei erzielten Einnahmen sollten wiederum den Kindern zugutekommen. “Tesfaye” kooperierte dabei mit dem Verein “Zuki” (Zukunft für Kinder), dessen Obfrau Claudia Stöckl ist.
Die Ö3-Moderatorin schrieb laut “News” ein E-Mail an den ehemaligen Obmann des Vereins “Tesfaye”, wonach sich ihre Schwester “sehr über einen kleinen Anteil am Bildverkauf freuen würde”. Das wurde offenbar auch vom Vorstand beschlossen, laut dem Magazin wurden tatsächlich 20 Prozent der Erlössumme von Nachbestellungen an die Schwester der Moderatorin ausbezahlt, auch Spesen, Hotelkosten, Visumgebühren und Ähnliches wurden demnach ersetzt.
Kinder wurden für Tesfaye fotografiert
Die Fotos waren bei der Ausstellung “Von Herzen” im Jahr 2011 gezeigt worden. In einer Stellungnahme auf der Homepage des Vereins “Zuki” schrieb Claudia Stöckl: “Suzy Stöckl hat alle Fotos kostenlos gemacht und zwei Wochen in den Slums von Addis Abeba und Kalkutta unter schwierigsten Bedingungen fotografiert, um die Kinder in beiden Projekten zu unterstützen. Nur Flug und Hotel wurden vergütet, die Arbeit nicht bezahlt.
Suzy Stöckl hat nach den Reisen wochenlang kostenlos an den Ausstellungsbildern gearbeitet. Der Erlös aller Ausstellungsbilder ging zu 100 Prozent an die beiden Vereine. Nur wenn Bilder nachbestellt und nachproduziert wurden, hat Suzy Stöckl diese Einnahmen zu 80 Prozent gespendet und nach Vorstandsbeschluss 20 Prozent für ihre zusätzliche Arbeitsleistung erhalten. Wir bedanken uns sehr herzlich bei Suzy Stöckl für die großzügige Unterstützung unserer Kinder.”
Der Verein “Tesfaye” veröffentlichte ebenfalls eine Stellungnahme auf seiner Homepage. Demnach habe der Vorstand alle rechtlichen und organisatorischen Schritte gesetzt, “um die Veruntreuung von Spendengeldern zwischen 2010 und 2011 aufzuklären und Schadenersatz für den Verein zu erzielen”. “Der Vorstand bedauert diesen Sachverhalt zutiefst und ist an einer lückenlosen Aufklärung interessiert”, hieß es dort weiter.
Stöckl recherchierte vor Ort
Stöckl wiederum sei “sofort nach Bekanntwerden der Malversationen aktiv” geworden und “nach Addis Abeba gereist (…), um vor Ort zu recherchieren”. Dies habe zur Folge gehabt, “dass ich – genauso wie Markus Rogan und 23 geschädigte äthiopische Familien – bei der Staatsanwaltschaft Äthiopien Anzeige gegen zwei Mitarbeiter wegen Verdachts auf Spendenveruntreuung erstattet habe”. Auch der Anwalt des Beschuldigten Ex-Obmanns verwies auf die beiden äthiopischen Kooperationsmitarbeiter des Vereins.
“Tesfaye” schrieb diesbezüglich in der Stellungnahme: “Bei den in Äthiopien – dem Vernehmen nach – angezeigten Personen handelt es sich nicht um Mitarbeiter von Tesfaye Österreich, sondern um den Obmann und ehemaligen Ländervertreter von Tesfaye Tesfa Le Ethiopia Lijoch Mahiber, einem von Tesfaye in Österreich rechtlich und organisatorisch vollkommen unabhängigen Verein.”
Der Fall wurde durch eine Sachverhaltsdarstellung ins Laufen gebracht. Diese haben laut “News” drei Vorstandsmitglieder des Vereins “Tesfaye” im März 2012 an die Staatsanwaltschaft Wien geschickt. Demnach soll nicht das gesamte Spendengeld an die Patenkinder ausbezahlt und die Differenzbeträge auf ein Konto, lautend auf den 46-Jährigen, überwiesen worden sein. Laut dem Anwalt des Mannes handelt es sich dabei jedoch um ein Privatsparbuch, auf das kein Spendengeld eingezahlt wurde. Dieses habe sein Mandant auch freiwillig der Polizei in Wien vorgelegt. Moser: “Wir haben herausgefunden, dass es ein zweites Sparbuch gibt. Für dieses hat mein Mandant keine Verfügungsgewalt, sondern die beiden äthiopischen Mitarbeiter.” Dort sei auch monatlich Geld – die bei Tesfaye fehlenden Beträge – einbezahlt worden.
(apa/red)