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SPD-Sonderparteitag billigt Agenda 2010

Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Rückendeckung der SPD für seine Reformpolitik und die damit verbundenen sozialpolitischen Einschnitte.

Auf dem Sonderparteitag in Berlin wurde am Sonntag die „Agenda 2010“ mit etwa 90 Prozent gebilligt. Schröder zeigte sich „froh und glücklich“ über das Votum zu seinem Reformplan. Zum Abschluss des Kongresses sagte er vor den rund 500 Delegierten, er sei „sehr stolz“. Er habe ein solches Ausmaß der Zustimmung weder erwartet noch erhofft. Die Parteilinken waren zuvor mit zahlreichen Änderungsvorschlägen zur Agenda 2010 gescheitert.

Er werde nun beim G-8-Gipfel in Evian darauf hinweisen können, dass die Sozialdemokraten beschlossen hätten, „was Deutschland voran bringen wird, ökonomisch und sozial“. Dies werde auch Europa voranbringen, „sicher nicht auf einen Schlag“, aber in der Perspektive. Schröder hatte zuvor eindringlich an die Delegierten des Sonder-Parteitages appelliert, sich neuen Realitäten zu stellen. Diese machten strittige Vorhaben wie die Kürzungen bei den Finanzhilfen für Arbeitslose oder Änderungen beim Krankengeld notwendig. Es gehe darum, Wohlstand und soziale Sicherheit zumindest auf dem gegenwärtigen Niveau zu gewährleisten. Erforderlich sei über die Partei hinaus ein „Wandel in der Mentalität“ und „neues Denken“. Niemand dürfe sich etwas vormachen.

Auch Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement betonte:
„Es führt kein Weg an grundlegenden Veränderungen vorbei.“ Zur Begründung verwies Clement auf die Wachstumsschwäche, eine Arbeitslosigkeit von schätzungsweise sechs bis sieben Millionen Menschen, wenn die „stille Reserve“ eingerechnet werde, und die demographischen Änderungen.

Die partei-internen Kritiker des Reformkurses Schröders hatten vergebens versucht, in Initiativanträgen noch Korrekturen durchzusetzen. Sie nannten die vorgesehenen Maßnahmen unsozial und einen Bruch von Wahl-Aussagen des letzten Jahres. Vor dem Tagungsgebäude demonstrierten Gewerkschafter gegen den „Sozialabbau“ im Reformpapier. Schröder gelang es aber, die Basis in allen Kampfabstimmung auf seine Seite zu ziehen. Beim Krankengeld müssen sich Arbeitnehmer künftig ab dem 42. Tag privat absichern. Die Übergangslösung beim Arbeitslosengeld für über 55-Jährige wird nicht erweitert und auch der Kündigungsschutz wird wie geplant gelockert.

Zugeständnisse an den linken Flügel machte die Parteispitze allerdings in einem Perspektivantrag, der am Sonntag ebenfalls beschlossen wurde. Im mit großer Mehrheit angenommenen Papier heißt es, die SPD wolle eine höhere Besteuerung von Vermögen weiter prüfen. In dem Text geht es auch um den Kampf gegen Steuerhinterziehung, das Schließen von Steuerschlupflöchern und die Besteuerung von Kapitalerträgen.

Der grüne Koalitionspartner der SPD wird bei einem Sonder-Parteitag in zwei Wochen ebenfalls über die Reform-„Agenda 2010“ abstimmen. Auch dort gilt eine Zustimmung als wahrscheinlich.

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