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Spanien in Madrid triumphal empfangen

Mit dem Flugzeug aus Innsbruck kommend sind die spanischen Fußball-Team­spie­ler am Montagabend in Madrid triumphal empfangen worden. |

“Vergiss die Schule. Morgen mache ich blau. Heute wird durchgefeiert”, sagt auch Ruben. Der 16-jährige Madrilene schreit vielmehr, denn alles andere wäre im “Campeones, campeones”-Jubel auch zwecklos. Ruben und seine Freunde befinden sich mitten im Getümmel auf dem Madrider Kolumbusplatz. Leuchtstäbe und Silvesterknaller erhellen den Madrider Nachthimmel. Es ist ein Uhr nachts und niemand der knapp 100.000 Fans auf dem Platz verschenkt nur einen einzigen Gedanken daran, nach Hause zu gehen.

Ganz im Gegenteil: von allen Himmelsrichtungen strömen neue Menschenmassen heran. Niemand will diesen historischen Tag für den spanischen Fußball verpassen. Jugendliche, Pärchen, Pensionisten, Eltern mit ihren kleinen Kindern: Sie tanzen, schreien und singen. Noch bis weit in die Morgenstunden feierten die Spanier den Sieg ihrer Fußballnationalelf im EM-Finale über Deutschland. Die Menschen tanzten in den Brunnen, auf den Straßen, in den Bars. Mit Hupkonzerten und Silvesterknallern wurde die Nacht zum Tag gemacht. Ein ganzes Land steht Kopf! “Wir haben so viele Jahre auf einen EM- oder WM-Sieg gewartet und endlich ist es soweit. Das ist unser Tag. Das Finale auch noch gegen einen Angstgegner wie Deutschland zu gewinnen, ist einfach das Größte”, kreischt Ruben. Seine Stimme setzt langsam aus. Doch ein kräftiges, mittlerweile leicht heiseres “Espana, Espana” bekommt er immer noch heraus.

Die Plaza de Colon, der Madrider Kolumbusplatz, auf dem das EM-Endspiel auf einer Riesenleinwand übertragen wurde, ist nur das Epizentrum der Fußballparty. Ganz Madrid steht Kopf. Die Lokale sind randvoll. Doch die eigentliche Fiesta steigt auf der Straße. Selbst der achtspurige Paseo de la Castellana verwandelt sich eine einzige Partymeile. Die Fans stürzen sich bei nächtlichen 30 Grad in die Brunnen. Autos kurven mit Hupkonzerten und riesigen Spanien-Flaggen durch die Straßen der spanischen Hauptstadt.

Die Fans lassen in dieser Nacht vor allem zwei ihrer Helden hochleben: Torwart Iker Casillas und Fernando Torres. Es war der Stürmer vom FC Liverpool, der in der 33. Minute den Kolumbusplatz explodieren ließ, als er geschickt den Ball über Jens Lehmann ins deutsche Tor lupfte. Die Euphorie nahm kein Ende. Die Fans wurden nicht müde, “La Roja” (Die Rote) nach vorne zu schreien: “A por ellos, oe” feuerten sie die spanische Elf an. Es bedeutet so viel wie “Jetzt, auf sie los”. Und so ähnlich machte es die spanische “Seleccion” dann auch.

Die Spanier genossen den Fußballzauber ihrer Jungs und entledigten sich ganz neben bei einer langjährigen Last. Seit Jahren galt Spanien als Geheimfavorit für sämtliche Turniere – und scheiterte immer frühzeitig. Der letzte und einzige große Turniererfolg war der Gewinn des Europapokals 1964. Selbst der Einzug ins Halbfinale gelang den Spaniern seit 24 Jahren nicht mehr. “Es war wie ein Fluch. Doch endlich haben wir gezeigt, was wir drauf haben”, sagt Raquel Serrano. Die 27-jährige Spanierin muss zugeben, eigentlich kein großer Fußballfan zu sein. Doch wie Tausende anderer Spanier wurde auch sie vom Fußballzauber dieser spanischen “Seleccion” verzaubert. So begeistert wie bei dieser Europameisterschaft wurden Casillas und Co schon lange nicht mehr gefeiert.

Auch die spanische Presse überschlägt sich vor Lob. “Wir sind die Könige Europas”, titelt Spaniens größte Sportzeitung “Marca”. “Ehre den Besten”, lobt “El Pais” und bringt die Meinung vieler Spanier auf den Punkt. “Wir waren einfach überragend. Nicht nur im Endspiel, sondern während des gesamten Turniers”, versichert auch Ruben und schenkt sich erneut einen Calimocho ein. Das in Spanien unter Jugendlichen beliebte Rotwein-Cola Gemisch dürfte am Montag bei einigen einen großen Kater verursachen. Aber Ruben will die Kopfschmerzen sogar genießen. “Das war es wert”, sagt er so stolz und hüllt sich in seine Spanien-Flagge, auf der ein schwarzer Stier prangt.

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