Sorgen über Eskalation mit Nordkorea - Neuer Atomtest geplant?

Trump verwies seinerseits darauf, dass der Flugzeugträger “USS Carl Vinson” in die Krisenregion unterwegs ist. “Wir schicken eine Armada, sehr schlagkräftig”, sagte Trump dem TV-Sender Fox. Nach mehreren Raketentests befürchten Beobachter, dass Nordkorea einen neuen Atomwaffentest unternehmen könnte – möglicherweise sogar zum 105. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung am Samstag, der als “Tag der Sonne” gefeiert wird. Das US-Korea-Institut der Johns-Hopkins-Universität berichtete, Satellitenbilder des Testgeländes im Nordosten zeigten anhaltende und neue Aktivitäten. Die Forscher berichteten wie im März schon von Anzeichen für Vorbereitungen. Das Gelände sei “gerüstet und bereit”.

Schon seit mehr als zehn Jahren verhängt der UN-Sicherheitsrat wegen Atom- und Raketentests Sanktionen gegen Nordkorea. Dahinter steht die Sorge, dass das Land Kernwaffen mit großer Reichweite entwickelt.
Trump droht mit Alleingang
Der US-Präsident forderte China erneut auf, den USA zu helfen, Druck auf Nordkorea auszuüben, sein Atom- und Raketenprogramm einzustellen. Bei einer Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Washington drohte der US-Präsident erneut damit, das Problem notfalls im Alleingang lösen zu wollen. Wenn China nicht helfe, “werden wir es alleine machen”.
Wie Trump in dem Fox-Interview ausführte, habe er Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping bei ihren Gesprächen vergangene Woche in Florida gesagt, China habe “enorme Macht”, weil Nordkoreas Handel über seine Grenze verlaufe. Zu Berichten, dass Kohleschiffe aus Nordkorea wieder zurückgeschickt worden seien, sagte Trump, das sei “ein gutes Zeichen”. “Ich denke, China kann uns helfen.” Erneut stellte der US-Präsident dafür ein Entgegenkommen in Handelsfragen in Aussicht.
China warnt nachdrücklich
China warnte nachdrücklich vor einem Militärschlag. Die “Global Times”, die vom Parteiorgan “Volkszeitung” herausgegeben wird, schrieb: “Militäraktionen gegen Nordkorea zu unternehmen, ist sehr viel riskanter als einen Raketenangriff gegen Syrien zu starten.” Pjöngjang könnte Südkorea im Gegenzug “einen schweren Schlag zu versetzen”. Ungeachtet seiner atomaren Fähigkeiten könnte der Einsatz einer “schmutzigen Bombe” gegen Südkorea schwere nukleare Verseuchung verursachen, die für den US-Verbündeten “unerträglich” sein werde.
In dem Leitartikel hieß es weiter: “Sobald Nordkorea sich an Chinas erklärten Rat hält und Atomaktivitäten aussetzt, wird China aktiv daran arbeiten, die Sicherheit einer atomwaffenfreien nordkoreanischen Nation und der Regierung zu schützten.” Dies sei Pjöngjangs beste Option.
Spannungen Nordkorea – USA nehmen zu
In den vergangenen Wochen haben die Spannungen zwischen Nordkorea und den USA zugenommen. Machthaber Kim Jong-un hatte mehrere Raketentest unternommen und damit gegen UN-Resolutionen verstoßen. Als Demonstration der Stärke wies Trump den Flugzeugträger “USS Carl Vinson” an, nicht wie geplant nach Australien zu fahren, sondern Kurs auf die Gewässer nahe der koreanischen Halbinsel zu nehmen.
Merkel für politische Lösung
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach sich für eine politische Lösung aus. “Ich setze nicht auf militärische Mittel, sondern darauf, dass von verschiedenen Seiten starker politischer Druck auf Nordkorea ausgeübt wird.” Für die gesamte Welt sei wichtig zu verhindern, dass sich Nordkorea nuklear bewaffnet.
US-Vizepräsident Mike Pence wird am Sonntag in Seoul erwartet, auch um mit amerikanischen und südkoreanischen Soldaten und ihren Familien das Osterfest zu feiern. Von Südkorea reist Pence am Dienstag nach Japan weiter, wo er Ministerpräsident Shinzo Abe treffen wird. Vor dem Außen- und Verteidigungsausschuss des Oberhauses in Tokio warnte Abe vor den Chemiewaffenfähigkeiten Nordkoreas. Laut Medien sagte Abe, es bestehe die Möglichkeit, dass Nordkorea bereits über das Know-How verfüge, mit mit Sarin-Gas bestückten Sprengköpfen anzugreifen.
Angst in Südkorea
In Südkorea mag sich derzeit niemand einen zweiten Korea-Krieg vorstellen – der Bruderkrieg von 1950 bis 1953 hat drei Millionen Menschen das Leben gekostet. Doch die Furcht vor einer Eskalation auf der Halbinsel hat zuletzt zugenommen. Die Führung im Norden strebt trotz internationaler Ächtung den Bau von Atomwaffen mit großer Reichweite an – womöglich bis in die USA. Zuletzt gab es mehrere Raketentests, ein Atomwaffentest könnte bald bevorstehen.
Zwischenfall könnte außer Kontrolle geraten
Die Sorge in Südkorea ist nun, dass ein unvorhergesehener Zwischenfall rasch außer Kontrolle geraten oder ein gezielter Angriff der USA auf nordkoreanische Militäreinrichtungen verheerende Vergeltungsschläge provozieren würde. Die kommunistische Führung in Pjöngjang selbst, die den USA eine feindselige Politik unterstellt, droht immer wieder mit Erstschlägen.
Eine Serie von Ereignissen hat in Südkorea zuletzt Gerüchte über eine akute “April-Krise” nach sich gezogen. Dazu gehörte auch die Entsendung eines Verbands von US-amerikanischen Kriegsschiffen um den Flugzeugträger “USS Carl Vinson” in Richtung Korea. US-Präsident Donald Trump hat mehrmals mit einem Alleingang im Streit um Nordkoreas Atomprogramm gedroht – das heißt, notfalls auch ohne China, die traditionelle Schutzmacht Nordkoreas.
Südkoreas Regierung versucht, den Gerüchten um eine Sicherheitskrise entgegenzutreten. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mahnte, “übertriebene Einschätzungen der Lage” nicht zu glauben. Auch geht Seoul davon aus, dass die USA ohne eine “enge Kooperation” keinen Militärschlag gegen Nordkorea starten würden. Auch gibt es derzeit keine Anzeichen dafür, dass die USA ihre Landsleute in Südkorea, deren Zahl auf mehr als 200.000 geschätzt wird, zurückrufen.
Militärschlag birgt extreme Risiken
Einig sind sich Beobachter, dass ein Militärschlag gegen Nordkorea extreme Risiken birgt. Seoul, das nur 50 Kilometer von der Grenze entfernt liegt, ist in Reichweite nordkoreanischer Artilleriegeschütze und Kurzstreckenraketen. Südkorea schätzt, dass der Norden mehr als 13.000 Artilleriegeschütze hat, von denen die meisten entlang der vier Kilometer breiten entmilitarisierten Zone (DMZ) stehen. Selbst wenn Südkorea mit Hilfe der im Land stationierten US-Truppen die Artillerie Nordkoreas ausschalten könnte, wären im Ernstfall große Verluste unvermeidlich, befürchten Experten.
Krieg könnte Südkorea um Jahrzehnte zurückwerfen
Nordkoreas Regierung weiß, dass sie mit einem Angriff ihr Überleben aufs Spiel setzt, doch ein Krieg würde auch das wirtschaftsstarke Südkorea um Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurückwerfen. “Trotz fehlender Ressourcen und veralteter Ausrüstung könnte Nordkorea durch sein großes, nach vorne positioniertes Militär mit kurzer oder keiner Warnung einen Angriff starten”, hieß es einem Bericht des US-Verteidigungsministeriums an den Kongress über Nordkoreas Militärfähigkeiten 2015. “Das Militär verfügt über die Fähigkeit, Südkorea bedeutenden Schaden zuzufügen, besonders in der Region von der DMZ bis Seoul.”
Daneben können Nordkoreas geschätzte 1.000 Scud- und Rodong-Raketen fast jedes Ziel in Südkorea treffen. Seoul schätzt, dass nordkoreanische Musudan-Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 2.500 und 4.000 Kilometern zudem nicht nur Ziele in Südkorea oder Japan treffen, sondern auch den US-Militärstützpunkt auf Guam im Westpazifik erreichen können.
China auf Intervention vorbereitet?
China fürchtet die unkalkulierbaren Risiken eines US-amerikanischen Militärschlages, der auch das große Nachbarland schwer treffen könnte – besonders bei einer nuklearen Eskalation. Einige Beobachter gehen davon aus, dass Chinas Streitkräfte auf eine Intervention vorbereitet sein dürften, um unter Umständen möglichst rasch Kontrolle über die nordkoreanischen Atomwaffen gewinnen zu können. “Ein Land hat immer Krisenpläne”, sagt der Nordkorea-Experte und Professor Jin Qiangyi von der Yanbian Universität in der Provinz Jilin.
Aber er warnt auch: “Niemand ist darauf vorbereitet, einschließlich Nordkorea. Auch die USA sind nicht bereit dafür.” Die Situation eskaliere gerade. “Wenn Nordkorea jetzt einen Atomversuch oder einen Raketentest unternimmt, wird die Lage sehr ernst. Wenn sie sich zurückhalten, kann die Krise vorbeiziehen.”
(APA/Red.)