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Kickl: Angriffe der SPÖ "beschämend"

Innenminister Kickl wehrt sich gegen Vorwürfe
Innenminister Kickl wehrt sich gegen Vorwürfe ©APA
Ein "linkes Spiel" unter dem Deckmantel politischer Aufklärung hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Montag im Nationalrat der SPÖ vorgeworfen.
SPÖ fordert Aufklärung
Pilnacek sieht Hausdurchsuchung kritisch

In Beantwortung einer Dringlichen Anfrage zur BVT-Affäre sprach er von der “beschämenden” Verunglimpfung eines rechtsstaatlichen Vorgangs. “Mich werden Sie nicht mundtot machen”, so Kickl: “Ich führe mein Ministerium gesetzeskonform”.

Was im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) geschehen sei, sei ein Vorgang, wie ihn das rechtsstaatliche System vorsehe, so Kickl, der bezüglich der Hausdurchsuchungen immer wieder auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung verwies. Alles sei “auf Punkt und Beistrich” eingehalten worden. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittle wegen des Vorwurfs von Datenmissbrauch in einem hoch sensiblen Bereich und sei Herrin des Verfahrens. “Sie bestimmt, was zu geschehen hat. Die Polizei führt aus”, so Kickl: “Und so etwas soll ein Putsch sein, Herr Kern?”

“Unwahrheiten, krause Verschwörungstheorien”

Der SPÖ-Klubchef diskreditiere den Sicherheitsapparat mit “Unwahrheiten, krausen Verschwörungstheorien” und der Unterstellung eines parteipolitischen Amtsmissbrauchs. Von Umfärbungen im BVT könne keine Rede sein, nicht einmal dem interimistisch eingesetzten Leiter könne man FPÖ-Nähe unterstellen. Auch gegen den suspendierten BVT-Leiter Peter Gridling habe er ursprünglich nichts gehabt. “Aber die Staatsanwaltschaft hat etwas gegen den Herrn Gridling”, so Kickl: “Und so jemanden soll ich in einer so sensiblen Position weiter schalten und walten lassen?”

“Auch wenn es Ihnen nicht passt, die Sicherheit Österreichs ist nicht gefährdet, nur weil fünf Mitarbeiter einer Behörde einer Straftat verdächtigt werden”, sagte der Minister; und das bei insgesamt 33.000 Beamten des Innenministeriums. “Lassen Sie also die Justiz ihre Arbeit machen, Herr Klubobmann Kern.” Auch die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) nahm er in Schutz. “Sie hat nichts anderes gemacht, als einen Auftrag der zuständigen Staatsanwaltschaft sauber und korrekt durchzuführen; und erfolgreich war es obendrein.”

Wenig Neuigkeiten aus Anfragebeantwortung

Aus der Anfragebeantwortung selbst ergaben sich dann wenig Neuigkeiten. Er habe Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am 28. Februar am Rande des Ministerrats informiert, führte Kickl aus. Zurzeit seien drei Beamte suspendiert, ein Vertragsbediensteter sei freigestellt worden. Die EGS sei aufgrund der “Frage der Unbefangenheit” zum Einsatz gekommen, und zwar in Zivilkleidung und in Standardausrüstung mit Dienstpistole. Dass die Daten ausschließlich durch IT-Experten der Staatsanwaltschaft erfolgt sei, könne er bestätigen. Die Begleitung von Zeugen durch einen Mitarbeiter des Ministeriums sei auf deren ausdrücklichen Wunsch geschehen. Er, Kickl, habe davon vorab nichts gewusst.

Dem Extremismusreferat stünden seine Unterlagen weiter zur Verfügung, und er könne garantieren, dass weiter ungestört gegen jede Form des Extremismus ermittelt werden könne, so Kickl. Das Dossier, in dem erstmals Vorwürfe gegen das BVT aufgetaucht waren, kenne er seit Sommer 2017. Als Minister habe er dann seinen Generalsekretär Peter Goldgruber damit betraut.

Scharfe Attacken von SPÖ-Chef Kern

Zuvor hatte SPÖ-Klubchef Christian Kern in seiner Anfragebegründung Kickl scharf attackiert und ein politisches Spiel auf dem Rücken jener Institutionen vorgeworfen, denen die Bevölkerung vertraue und auf die sie angewiesen sei. “Sehr geehrter Herr Bundesminister, Sie haben keine 100 Tage im Amt gebraucht, um dieses Vertrauen nachhaltig in Zweifel zu ziehen.” Kickl habe das BVT regelrecht lahmgelegt und Österreichs Sicherheitsinstitutionen im internationalen Ansehen beschädigt.

Mit der EGS sei eine Truppe zum Einsatz gekommen, dessen Chef “antisemitischen Mist” und Reichsbürger-Inhalte teile. “Wenn man sich das anschaut, ich sage es Ihnen ehrlich, dann dreht es einem den Magen um”, sagte Kern. Mehr als erschütternd sei es auch, wenn jene unter Druck gesetzt würden, die den Rechtsextremismus bekämpfen sollen. “Was haben Sie getan, um diese Zustände zu verhindern?”, fragte der SPÖ-Klubchef.

Gleich zu Beginn der Debatte hatte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Mäßigung aufgerufen. Im Sinne des Vertrauens in die drei Säulen der demokratischen Republik ersuchte er, “sich mit der gebotenen Sachlichkeit und in respektvoller Art diesem Thema zu nähern”.

Koalition geht in Gegenangriff über

Während sich die anderen Oppositionsparteien der SPÖ-Kritik an Innenminister Kickl anschlossen, versuchte die Koalition den Gegenangriff. FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz würde sich sogar über einen U-Ausschuss in der Causa freuen, könnte sich die SPÖ doch dort “bis auf die Knochen blamieren”. ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon wiederum versuchte der Affäre einen neuen Spin zu geben.

Konkret wollte er den “SPÖ-Parteianwalt” Gabriel Lansky zur zentralen Figur der Causa machen. Der Hintergrund: Lansky hatte Anzeige erstattet, weil Daten aus einem Verfahren gegen ihn widerrechtlich vom BVT nicht gelöscht worden waren. Amon fragt sich nun, was sich in den Daten befinde, das für die SPÖ so heikel sei.

Einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der von der Opposition in den kommenden Tagen beantragt werden dürfte, sieht Amon eher skeptisch. Es tue zwar “in jeder Hinsicht” Aufklärung not. Vielleicht gebe es aber andere Möglichkeiten die Angelegenheit sinnvoll zu untersuchen.

Für Rosenkranz ist alles korrekt gelaufen

Rosenkranz hätte hingegen mit einem Ausschuss gar kein Problem, denn aus seiner Sicht ist alles ganz korrekt gelaufen. Das beginne schon einmal beim Generalsekretär des Innenressorts, der die Hausdurchsuchungen beim BVT letztlich ins Rollen gebracht hatte: “Was hat denn ein Beamter zu tun, wenn ihm strafbare Handlungen zur Kenntnis gebracht werden? Zu handeln, und nichts anderes hat er getan, als seine Pflicht zu erfüllen.”

Parteifreund Kickl nahm Rosenkranz soundso in Schutz. Denn für Hausdurchsuchungen sei nicht das Innenministerium, sondern die Staatsanwaltschaft zuständig und die habe sich noch den Segen dafür von einer Richterin geholt.

Strolz stellt sich auf weitere Entühllungen ein

Auf weitere Enthüllungen stellt sich indes NEOS-Klubchef Matthias Strolz ein, sehe man doch bisher erst die Spitze des Eisbergs. Gleich vier Phänomene überlagern sich seiner Meinung nach in der Causa. Dabei geht es um eine “Umfärbekampagne” im Innenministerium von Schwarz auf Blau, um einen Dammbruch nach 18 Jahren “autoritärer Macht” im BMI, um einen “schwarzen Bruderkrieg” und schließlich um das Aufbrechen eines jahrelangen Stillhalteabkommens zwischen Rot und Schwarz.

Allerlei Ungereimtheiten ortet auch die Liste Pilz. Deren Klubobmann Peter Kolba brachte deshalb einen Misstrauensantrag gegen Kickl ein. Unter anderem ist für ihn nicht geklärt, ob Ermittlungsakten gegen rechtsextreme Kreise nicht abgegriffen sein könnten. Zudem steht für Kolba der Verdacht der Umfärbung des Verfassungsschutzes im Raum.

Für den geschäftsführenden SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sieht die ganze Angelegenheit so aus, als ob hier absichtlich das BVT zerstört werde, weil der Innenminister einen schwarz-blauen Machtkampf für sich entscheiden wolle. Nun stehe das Bundesamt wenige Wochen vor Beginn der EU-Ratspräsidentschaft mit Besuchen der Staats- und Regierungschefs der Union führungslos da. Auch den Kanzler nahm Schieder in die Pflicht. Wer dem Geschehen tatenlos zusehe, übernehme dafür auch eine Verantwortung.

Pilz will sich in Pressekonferenz äußern

Auch Peter Pilz selbst wird nach seiner längeren Absenz wieder politisch aktiv. Obwohl der Gründer seiner im Nationalrat eingezogenen Liste nach wie vor kein Mandat hat, will er sich am Dienstag in einer Pressekonferenz zur Causa BVT und dem immer wahrscheinlicher werdenden Untersuchungsausschuss äußern. Zudem verspricht Pilz “neue Fakten”, geht aus der Terminankündigung hervor.

Pilz hatte nach mehreren Vorwürfen der sexuellen Belästigung auf seinen Einzug in den Nationalrat verzichtet und sich für einige Zeit aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Zuletzt waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen den ehemaligen Grünen-Mandatar bekannt geworden. Pilz kündigte daraufhin an, erst nach Abschluss des Verfahrens ins Parlament zurückzukehren.

Ob Pilz ein Mandat im Hohen Haus überhaupt annehmen kann, steht noch nicht fest: Zuletzt wollte keiner seiner Mitstreiter darauf verzichten. Möglich ist auch, dass er als parlamentarischer Mitarbeiter – etwa bei Untersuchungsausschüssen – für seine Liste aktiv wird.

Grünen-Bundesrätin schickt Sachverhaltsdarstellung

Grünen-Bundesrätin Ewa Dziedzic schickte unterdessen eine Sachverhaltsdarstellung zu den Internetaktivitäten des Leiters der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), Wolfgang Preiszler, an die Landespolizeidirektion Wien. Darin wird angeregt, eine Prüfung möglicher Dienstpflichtverletzungen zu veranlassen.

Dziedzic verweist in der Sachverhaltsdarstellung darauf, dass Preiszler auf seiner Facebook-Seite rassistische Karikaturen, Inhalte rechtsextremer Quellen sowie Postings prominenter Staatsverweigerer geteilt und geliked hat.

Es sei für Beamten “generell inakzeptabel”, in sozialen Netzwerken mit Vertretern rechtsextremer, neonazistischer und antisemitischer Kreise in Kontakt zu stehen und/oder deren Inhalte wohlwollend zu verfolgen, schreibt die Bundesrätin in der Sachverhaltsdarstellung. “Aber es ist vollkommen untragbar, wenn der Leiter einer Sondereinheit der Polizei zur Bekämpfung von Straßenkriminalität auf Facebook Postings teilt bzw. liked, in denen unter anderem Schwarzafrikaner in Karikaturen in einer verächtlich machenden rassistischen Darstellung pauschal der sexuellen Belästigung bezichtigt oder als ‘Ratten’ bezeichnet werden”, so Dziedzic.

(APA)

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