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Sohn spritzte lebensmüder Mutter Insulin

Symbolfoto &copy Bilderbox
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Prozess: Sohn wollte schwerkranken Mutter, Inspiriert von Elfriede Blauensteiner, "helfen" - Urteil: Ein Jahr teilbedingt für absichtliche schwere Körperverletzung.

Weil er seiner lebensmüden, nicht zuckerkranken Mutter Insulin gespritzt hatte, wurde am Freitag ein 34-jähriger Wiener im Straflandesgericht wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung zu einem Jahr Haft, davon vier Monate unbedingt verurteilt. Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter meldete dagegen Berufung an, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

Mutter war “zu feig” für Selbstmord
Die 54-jährige Frau ist gesundheitlich schwer angeschlagen und in Folge eines Hüftleidens auch an den Rollstuhl gefesselt. Seit längerem soll sie Selbstmordgedanken hegen, dafür aber „zu feig“ sein, wie sie ihrem Sohn gegenüber kundtat. Angeblich soll sie ihn bereits mehrfach gebeten haben, ihr zu „helfen“.

Auch dieser war nicht in bester psychischer Verfassung, als sie wieder einmal auf den Freitod zu sprechen kam: Seine Ehe war gescheitert, auf Grund oft wochenlanger berufsbedingter Abwesenheit drohte der Tunnelbauer außerdem das Sorgerecht für seine Tochter zu verlieren.

Elfriede Blauensteiner als Inspiration
Während eines Urlaubs in Kärnten besorgte er sich daher das Insulin, um – so die Vermutung des Staatsanwalts – gemeinsam mit seiner Mutter aus dem Leben zu scheiden. Nach eigenen Angaben inspirierte ihn dazu Elfriede Blauensteiner, die ihre Opfer mit Blutzucker senkenden Medikamenten getötet hatte.

Am 8. Jänner 2004 verabreichte er zuerst der Frau in ihrer Wohnung intramuskulär und subcutan das Insulin. Dann injizierte er sich selbst eine Dosis, nachdem er zuvor noch Schlaftabletten geschluckt hatte.

Sohn “wollte mich töten”
Einige Zeit später erwachte die Mutter aus ihrer Bewusstlosigkeit. Sie verständigte die Rettung, die auch den Sohn retten konnte. Den mit dem Fall betrauten Polizisten gegenüber gab die Frau an, ihr Sohn habe sie „töten wollen“.

Allerdings machte sie im weiteren Verlauf des Verfahrens, das zunächst in Richtung Mordversuch geführt wurde, keine weiteren Angaben mehr. Vor dem U-Richter meinte sie, sie werde „vielleicht in der Hauptverhandlung etwas sagen“. Dort entschlug sie sich allerdings nun gänzlich der Aussage.

Erinnerungslücken
Da auch der Sohn, der seit dem Zwischenfall in U-Haft sitzt, nichts über die genauen Hintergründe des Geschehens verraten wollte, indem er sich auf Erinnerungslücken berief, war das Gericht bei der Beurteilung vor allem auf das psychiatrische Gutachten angewiesen.

Der Sachverständige Heinrich Pfolz war überzeugt, der Beschuldigte lege „bewusste Abwehrmechanismen“ an den Tag, um nicht über ihm Unangenehmes sprechen zu müssen. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn beschrieb er als „pathologische Beziehung, geprägt von Abhängigkeiten mit neurotischen Mechanismen“. Eine Gefahr, dass der Mann nach seiner Enthaftung einen neuerlichen Tötungsversuch unternehmen könnte, sah Pfolz nicht.

“Arbeiten’s was!”
Richter Kurt Wachsmann beließ es darauf hin bei einem vergleichsweise milden Urteil und setzte den 34-Jährigen unverzüglich auf freien Fuß. „Arbeiten’s was! Dann wird’s schon wieder werden,“ empfahl er. „Ich hab die Fristlose kriegt, wie ich ins Gefängnis kommen bin“, erwiderte der Mann.

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