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Social Freezing: Warum Frauen Österreich verlassen müssen

Johanna Rief und Lisa Marie Ladner.
Johanna Rief und Lisa Marie Ladner. ©handout/zVg
Frauen dürfen in Österreich ohne medizinischen Grund keine Eizellen einfrieren – jetzt liegt das Verbot beim Verfassungsgerichtshof.

In Österreich ist das sogenannte Social Freezing derzeit nur bei medizinischer Indikation erlaubt. Eine Klage könnte das nun ändern – und eine Petition sorgt für politischen Druck.

Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof

Am 13. Juni 2025 befasst sich der Verfassungsgerichtshof mit dem bestehenden Verbot des Social Freezing in Österreich. Der Hintergrund: Eine Frau aus Wien beruft sich auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention – das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Sollte der Gerichtshof der Argumentation folgen, könnte dies eine weitreichende rechtliche Änderung bedeuten.

Lisa Maria Ladner ©handout

Persönliches Beispiel als Impuls

Die Tirolerin Lisa Maria Ladner, Mitgründerin des Start-ups Fyrce Care, musste im August 2024 ins Ausland reisen, um ihre Eizellen einzufrieren – trotz eines erschwerten medizinischen Befunds:

  • "Dass ich nach Deutschland reisen musste, um für meine reproduktive Gesundheit vorzusorgen, war eine zusätzliche Belastung", sagt Ladner.

Sie habe sich mit 32 Jahren erstmals intensiver mit ihrer Fruchtbarkeit beschäftigt. "Dass wir Frauen mit Mitte 30 bereits rund 90 Prozent unserer Eizellreserve aufgebraucht haben, war ein Weckruf.

Gemeinsam mit der Kleinwalsertalerin Johanna Rief gründete sie die Plattform Fyrce Care, die Frauen digital beim Prozess des Egg Freezing begleitet. Mithilfe von Beratung, Produkten und Community-Angeboten will das Unternehmen Betroffene unterstützen – medizinisch, psychologisch und organisatorisch.

Johanna Rief. ©handout

Petition für mehr Selbstbestimmung

Um politischen und gesellschaftlichen Druck aufzubauen, haben Rief und Ladner eine Petition gestartet. Binnen kurzer Zeit unterzeichneten mehrere Hundert Menschen die Initiative. Die Petition ist hier online abrufbar.

Social Freezing in Österreich

In Österreich ist das sogenannte Social Freezing – also das vorsorgliche Einfrieren von Eizellen ohne medizinische Indikation – gesetzlich verboten.

Laut dem Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) dürfen Eizellen nur dann entnommen und kryokonserviert werden, wenn ein körperliches Leiden oder eine medizinisch notwendige Behandlung vorliegt, die eine spätere Schwangerschaft auf natürlichem Weg unwahrscheinlich macht. Typische medizinische Indikationen sind etwa Krebserkrankungen mit Chemo- oder Strahlentherapie, Endometriose, Autoimmunerkrankungen oder andere gravierende gesundheitliche Einschränkungen.

Das Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund – etwa zur Familienplanung, zur Verschiebung des Kinderwunsches oder aus beruflichen Gründen – ist für Frauen in Österreich nicht erlaubt. Eine Behandlung ohne medizinischer Indikation wäre für Ärztinnen und Ärzte strafbar. Das Einfrieren von Samenzellen ist hingegen auch ohne medizinischer Indikation uneingeschränkt gestattet.

Im Juni 2025 wurde das Verbot des Social Freezing vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) verhandelt. Eine Frau aus Wien hatte einen Antrag gestellt, das Verbot aufzuheben, da es ihrer Meinung nach gegen das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Privat- und Familienleben (Art. 8 EMRK) verstößt. Die Entscheidung des VfGH steht zum aktuellen Zeitpunkt noch aus.

Zusammengefasst: Social Freezing ist in Österreich nur bei medizinischer Notwendigkeit erlaubt. Ohne medizinische Indikation bleibt es verboten, sofern nicht eine gerichtliche Entscheidung dies ändert.

Medizin fordert Gesetzesreform

Auch aus der medizinischen Fachwelt mehren sich laut Rief und Ladner die Stimmen für eine Gesetzesänderung. Univ.-Prof. Dr. Christian Egarter, ehemaliger Leiter der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin in Wien, erklärt:

  • "Frauen bekommen heute später Kinder – das ist gesellschaftliche Realität. Die Medizin kann darauf reagieren und helfen. Social Freezing ist ein legitimer, präventiver Schritt, um Fruchtbarkeit zu bewahren."

Gesellschaftlicher Hintergrund

Die weibliche Fruchtbarkeit beginnt – wie Rief gegenüber VOL.AT festhält – laut Fachliteratur ab dem 30. Lebensjahr deutlich zu sinken. Mit 35 Jahren sei durchschnittlich nur noch ein Zehntel der ursprünglichen Eizellreserve vorhanden. Prognosen zufolge könnte jede vierte Frau in Österreich dauerhaft kinderlos bleiben. Das Einfrieren von Eizellen sei ein minimalinvasiver, medizinisch anerkannter Eingriff und laut WHO ein möglicher Ansatz, um Unfruchtbarkeit vorzubeugen – ein Problem, das mittlerweile jede sechste Person weltweit betrifft. (VOL.AT)

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